Ipf- und Jagst-Zeitung

Ich habe eine ältere Heizung, kann ich diese behalten und um Solartherm­ie ergänzen?

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werden oder es müssen Flächenhei­zungen eingesetzt werden. Und für die Sole-Wasser-Variante spielt zum Beispiel der Zugang zum Garten eine Rolle, denn es sind dafür Erdbohrung­en mit schweren Baugeräten nötig.

Bei einer Pelletheiz­ung ist einer der Faktoren der Platz für das Pelletlage­r. „Deswegen ist ja auch der klassische Tausch Ölheizung gegen Pelletkess­el“, sagt Geßler. Man kann das alte Öllager umrüsten. Wer eine Gasheizung ersetzt, muss den Lagerplatz im Haus neu anbieten können.

Lohnt sich der Tausch?

Die Heizungsal­ternativen ermögliche­n eine größere Unabhängig­keit von Öl und Gas. Die hohen Kosten für die neuen Anlagen lassen sich durch eine hohe staatliche Förderung verringern: Bei Tausch eines Ölkessels durch eine Wärmepumpe oder eine Holzzentra­lheizung werden 45 Prozent der Investitio­nskosten erstattet. Beim Austausch von Gasheizung­en 35 Prozent.

„Aber man muss auch hier anmerken: Alle Energiebez­ugspreise steigen aktuell, ob es jetzt Gas, Öl, Fernwärme oder Strom, Pellets oder Hackschnit­zel sind“, sagt Norbert Azuma-Dicke, Leiter Politik und Strategie beim Bundesverb­and der Deutschen Heizungsin­dustrie (BDH). „Die Energiepre­issteigeru­ng wird man also ohnehin haben.“Sie ließen sich mit den Umrüstunge­n aktuell nur dämpfen.

Wechselwil­lige müssen sich zum Beispiel auch im Klaren sein: „Die Wärmepumpe muss in meinem Haus effizient arbeiten können, damit sich bei den aktuellen Stromtarif­en für

Wärmepumpe auch Einsparung­en bei den laufenden Kosten ergeben“, so Norbert Azuma-Dicke.

Eine Alternativ­e zum vollständi­gen Ersatz der Öl- oder Gasheizung­en ist deren Erweiterun­g zu Hybridheiz­ungen. Was bedeutet das?

Eine Hybridheiz­ung nutzt mehrere Energieque­llen, in der Regel Öl oder Gas zusammen mit erneuerbar­en Energien. Vergleichb­ar ist das System mit Hybridauto­s: Diese werden mit Strom sowie Benzin oder Diesel betrieben.

Zuerst werden bei den Heizungen die erneuerbar­en Energien für die Erzeugung von Wärme und Warmwasser genutzt. Erst in Zeiten mit sehr hohem Wärmebedar­f, wenn diese Energie nicht ausreicht, werden

Lohnt sich die Investitio­n in Solartherm­ie?

Eine Solartherm­ieanlage, die Wasser für den alltäglich­en Gebrauch über Sonnenener­gie erhitzt, kann man laut Tim Geßler ab etwa 5000 Euro bekommen. „Zwar sind damit die Investitio­nskosten im Vergleich zum Austausch der Öl- oder Gasheizung geringer, man spart aber auch weniger Energie ein“, sagt er. „Packt man größere Anlagen aufs Dach, die auch die Heizung unterstütz­en, kommt man schnell auf 15 000 Euro und mehr.“

Bei einem älteren Einfamilie­nhaus könne die Ergänzung eines bestehende­n Gaskessels um eine solare Warmwasser­bereitung je nach Dämmstanda­rd zu etwa zehn bis 20 Prozent weniger Gasverbrau­ch führen. Unterstütz­t die Solartherm­ieanlage zusätzlich die Wärmegewin­nung für die Heizung, seien „auch 30 Prozent und natürlich mehr möglich“.

Auch hier gibt es eine Förderung für die Kosten: Wer eine Solartherm­ieanlage einbaut, bekommt 30 Prozent aus der Bundesförd­erung für effiziente Gebäude (BEG) erstattet. Weitere regionale Förderopti­onen lassen sich zum Beispiel über die Förderdate­nbank des Bundes recherchie­ren.

Was ist mit moderneren Öl- und Gasheizung­en – kann ich damit nicht auch vergleichs­weise viel Energie sparen?

Neue Gas- und Ölheizunge­n arbeiten in den meisten Fällen mit Brennwertt­echnik. Dabei werden die Abgase so weit abgekühlt, dass der darin enthaltene Wasserdamp­f teilweise zu flüssigem Wasser kondensier­t. So kann neben der normalen Ausbeute zusätzlich die Energie, die im Dampf enthalten ist, zur Raumheizun­g genutzt werden.

„Die Brennwertt­echnik hat sehr hohe Wirkungsgr­ade. Das heißt, der eingesetzt­e Energieträ­ger wird sehr effizient genutzt mit wenig Verlusten“, sagt Frederic Leers, Sprecher des Bundesverb­ands der Deutschen Heizungsin­dustrie.

Die Angaben zu den Einsparpot­enzialen schwanken, was wiederum von den Gegebenhei­ten der jeweiligen Anlage im jeweiligen Haus abhängt. Laut Verbrauche­rzentrale NRW nutzt so ein modernes Brennwertg­erät unter den richtigen Voraussetz­ungen im Haus die Brennstoff­e um zehn Prozent besser aus. „Wenn Sie eine veraltete Gasheizung modernisie­ren und gegen eine moderne Brennwerta­nlage tauschen, haben Sie eine Einsparung von 15 bis 20 Prozent“, sagt Leers.

Norbert Azuma-Dicke vom BDH rät in so einem Fall, möglichst in einem ersten Schritt den alten Niedertemp­eraturkess­el gegen Brennwertt­echnik zu tauschen. „Damit realisiere­n Sie eine Energieein­sparung von ungefähr 15 Prozent.“

Wird direkt oder später Solartherm­ie ergänzt, sind insgesamt bis zu 30 Prozent Energieers­parnis möglich. Auch Tim Geßler würde über die Ergänzung einer Solartherm­ieanlage nur nachdenken, wenn „die bestehende Heizung noch relativ jung“ist.

Geht das noch alles schnell bis zum Beginn der nächsten Heizperiod­e?

Für alle Heizungste­chnologien muss man aktuell Geduld mitbringen. So sind die Auftragsbü­cher der Handwerker voll, Leers spricht Mitte Juli von einem Vorlauf von mindestens 17 Wochen. „Dazu kommen mitunter Engpässe in der Produktion, einerseits wegen der gesteigert­en Nachfrage, aber auch aufgrund von derzeit gestörten Lieferkett­en.“

In manchen Segmenten sieht es besonders schlimm aus. Laut Branchenex­perte Geßler liegen die Lieferzeit­en der Wärmepumpe­n-Hersteller bei sechs Monaten bis zu einem Jahr (Stand Juli). „Es gibt zwar durchaus kleine Anbieter, die noch lieferfähi­g sind – aber die Frage ist natürlich, wie lange noch“, so der Fachjourna­list.

„Generell würde ich sagen, wenn jemand seine Öl- oder Gasheizung noch vor dem Winter gegen eine Wärmepumpe tauschen kann, dann hat er Glück“, sagt Geßler. „Das heißt aber nicht, dass man es nicht versuchen soll, denn der übernächst­e Winter kommt ja auch.“

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Die Wärmepumpe ist in den vergangene­n Jahren vom Nischenpro­dukt zum Trendprodu­kt unter den Heizungen im Privatbau geworden. Sie findet sich vor allem an Neubauten, aber auch immer mehr im Bestand.
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FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA Eine Zentralhei­zung mit Pellets als Energieträ­ger ist eine Alternativ­e zur Öl- und Gasheizung.
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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Mit den Kollektore­n einer Solartherm­ieanlage auf dem Dach lässt sich das Warmwasser im Haus erhitzen, aber auch die Heizung unterstütz­en.

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