Ipf- und Jagst-Zeitung

Deftiger Genuss im bayerische­n Himmel auf Erden

- Von Erich Nyffenegge­r

Der Biergarten ist ein bayerische­r Mythos, ein Nationalhe­iligtum. Er ist sozusagen der Biergarten-Eden, also der Himmel auf bayerische­r Erde. Die ursprüngli­che Idee war eigentlich eine aus der Not geborenen: Brauereien, die gerade im Sommer Probleme hatten, ihr Gebräu frisch und kühl zu halten, verkauften es maßweise direkt aus den Felsen- und Lagerkelle­rn heraus. Drum herum setzten sich jene Menschen, die es nicht erwarten konnten, an die Tische und tranken gleich vor Ort. Wer wollte, hatte seine Brotzeit dabei.

Ein bisschen ist es so noch heute. Zwar ist das gastronomi­sche Angebot in Bayerns größten Biergarten, dem Hirschgart­en in München mit 8000 Plätzen, durchaus reichlich. Dennoch sind hier Menschen gerne gesehen, die sich mit der mitgebrach­ten Brotzeit selbst versorgen. Vorausgese­tzt,

die Maß wird am Stand erworben. Selbige kostet aktuell 8,10 Euro. Überraschu­ng zu Beginn: Man möchte kaum glauben, dass man Bayerns größten Biergarten förmlich suchen muss. Das liegt am riesigen Park, der ihn umgibt und den man ohne Weiteres als einen grünen Lungenflüg­el der Stadt bezeichnen könnte. Die Hitze ist hier weniger brachial. Mit etwas Glück säuselt ein Sommerwind durch die turmhohen Baumwipfel. Der Biergarten unterteilt sich in einen Bereich ohne Bedienung – in Buden gibt’s Bier, Haxen, Hendl und Co. zum Selberhole­n. Und in eine Terrasse, die zum Wirtshaus gehört und routiniert­e Bedienunge­n bayerische Kulinarik an den Tisch tragen. Was hüben wie drüben auffällt: Münchner Preise können durchaus sympathisc­h sein. Die halbe Haxe im SB-Bereich

kostet zum Beispiel 8,50 Euro, eine Portion Kartoffels­alat dazu 3,40 Euro. Durch den stetigen Umschlag ist die Gefahr gering, auf einen tranigen Schweinefu­ß zu stoßen. Die Haxe hat dann auch eine knusprige Schwarte und festes, aber saftiges Fleisch. Der Kartoffels­alat sollte sich für seinen künstlich-süßen Brühwürfel­geschmack allerdings was schämen. Das können die Schwaben eindeutig besser als die Bayern.

Im Biergarten­wirtshaus mit Bedienung geht‘s kulinarisc­h betrachtet etwas gepflegter zu. Die Küchen drinnen und draußen sind getrennt. Sehr schön: Eine wirklich wuchtige Fleischbrü­he als „Aufg‘schmolzene Breznsupp‘n“. Der fleischige Sud hat viel aromatisch­es Gewicht. Die in Butter gebratenen Brezel-Stücke sind eine wunderbare Form der Resteverwe­rtung.

Neben all den Wirtshausk­lassikern wie Schweinsbr­aten, Rehragout oder Fleischpfl­anzerl steht auch Milzwurst auf der Karte. Der Kellner empfiehlt die gebackene Variante. Sie kommt mit einem diesmal fast schwäbisch­e anmutenden Kartoffels­alat ohne künstliche Süße und ganz treffliche­r Schlotzigk­eit. Wer allerdings gehofft hat, mit der Wurst den Geschmack von Rinder-Milz ergründen zu können, sieht sich enttäuscht. Die großen gebackenen Wursträder erinnern vielmehr deutlich an Weißwurst. Wenn Milz irgendein nennenswer­tes Aroma haben sollte, bleibt es im Hirschgart­en gut versteckt. Trotzdem ist das Biergarten­Fazit positiv. Ein erschwingl­iches Vergnügen an einem Ort, an dem München ausnahmswe­ise mal nicht teuer ist. Und so ursprüngli­ch wie vielleicht nirgends sonst in der Stadt.

 ?? FOTO: NYF ?? Königliche­r Hirschgart­en Hirschgart­en 1
80639 München
Tel. 089-8917999119 www.hirschgart­en.de geöffnet täglich von 11 bis Mitternach­t. Hauptgeric­hte 10,90 bis 26,50 Euro.
Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t
Die gebackene Milzwurst erinnert geschmackl­ich arg an Weißwürste.
FOTO: NYF Königliche­r Hirschgart­en Hirschgart­en 1 80639 München Tel. 089-8917999119 www.hirschgart­en.de geöffnet täglich von 11 bis Mitternach­t. Hauptgeric­hte 10,90 bis 26,50 Euro. Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t Die gebackene Milzwurst erinnert geschmackl­ich arg an Weißwürste.
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