Müller und die Hinterherläufer
DFB-Team lag in den vergangenen zehn Turnierspielen zurück – Costa Rica als Nagelprobe
AL-SHAMAL - Nur einen einzigen Schuss aufs Tor gab das DFB-Team in der ersten Hälfte gegen Spanien ab – wie zuletzt in den ersten 45 Minuten eines WM-Spiels am 13. Juli 2014. Es war das am Ende siegreiche Finale gegen Argentinien. Da traf Mario Götze in der Verlängerung zum 1:0. „Ich glaube, dass es die Chance gibt, dass er diesen einen Götze-Moment im Turnier haben wird“, sagte Thomas Müller nun im DFB-Medienzentrum in Al-Shamal über den Offensivspieler von Eintracht Frankfurt und schaute zu seinem Sitznachbarn herüber, zu Niclas Füllkrug. Müller lachte und schob hinterher: „Fülle hatte schon einen Götze-Moment, er darf sich gerne noch einen gönnen.“
Im zweiten Gruppenspiel der WM in Katar sorgte Füllkrug als Joker für den 1:1-Ausgleich gegen Spanien. In der zweiten Halbzeit, vor allem nach der Einwechslung des Mittelstürmers von Werder Bremen, schossen die Deutschen zehnmal aufs Tor. Was in Sachen Marschroute für das letzte Gruppenspiel gegen Costa Rica am Donnerstag (20 Uhr/ ARD und MagentaTV) recht sinnvoll wäre. Ein 8:0 würde – unabhängig vom Ausgang des Parallelspiels zwischen Spanien und Japan – für den Achtelfinal-Einzug reichen. Doch erst mal muss überhaupt gewonnen werden. „Wichtig ist unsere Chancenverwertung, dass wir vorne alles verwerten“, sagte Füllkrug, ob Bundestrainer Hansi Flick mit dem 29-Jährigen von Beginn an oder als Joker plant.
Erstes Ziel der DFB-Elf gegen Costa Rica: in Führung gehen! Oh, wie wär’ das schön – und so selten. Denn: In den letzten zehn (!) Turnierspielen lag eine deutsche Mannschaft immer zurück, neunmal mit 0:1, einmal mit 1:2 – das war dann auch der Endstand vor einer Woche gegen Japan. Die Rückstandserie, ein Anti-Lauf, reicht also von Katar bis zurück nach Marseille, als das Team von Bundestrainer Joachim Löw das
Halbfinale der EM 2016 gegen Gastgeber Frankreich mit 0:2 verlor (siehe Übersicht; d. Red.). Die letzte Führung in einem Turnierspiel datiert vom 2. Juli 2016, als Mesut Özil in Bordeaux für den 1:0-Vorsprung gegen Italien sorgte (65. Minute). Am Ende musste das Elfmeterschießen dieses Viertelfinale entscheiden – Deutschland war nervenstärker, gewann mit 6:5.
Vor dem Duell mit Costa Rica sagte Müller: „Ein 8:0 ist möglich, wenn man das Spanien-Spiel sieht, aber als Ergebnis eigentlich nicht realistisch bei einer WM.“Müller betonte, dass man der Favorit sei, aber „Respekt“habe. Denn: „Costa Rica hat gegen Japan die defensive Struktur nie verlassen, da müssen wir erst mal ein Tor erzielen.“Seine Demut begründete er mit der Tabellensituation: „Wir haben bisher nur einen Punkt, ein Torverhältnis von minus eins. Deshalb gibt es keinen Grund, euphorisch zu sein. Es zaubert uns allerdings ein Lächeln aufs Gesicht, dass wir überhaupt noch die Chance haben, weiterzukommen, um dann der Welt zeigen zu können, was in uns steckt.“Denn dann wäre das DFBTeam befreit vom schweren Rucksack eines drohenden, erneuten Ausscheidens in der Gruppenphase.
Müller selbst ist in Katar neben dem Platz wie eh und je der GuteLaune-Onkel, hat aber anders als 2010 und 2014 noch kein Tor erzielt. „Mit null Torschüssen nach zwei Spielen bin ich natürlich nicht zufrieden“, meinte er und betonte voller Überzeugung: „Im Training bin ich aktuell ziemlich treffsicher unterwegs.“Schnell fand er seinen Humor wieder und ergänzte: „Ich brauche schon ein bisschen Unterstützung - anders als Jamal Musiala, der den Ball irgendwo auf dem Platz bekommen und sich dann seine Chancen selbst kreieren kann.“