Ipf- und Jagst-Zeitung

Zum Tod von Ismail Demirtas

Der engagierte Aalener hat viel für seine türkischen Landsleute in der Stadt und auf der Ostalb getan

- Von Viktor Turad

- Er hat Generation­en seiner türkischen Landsleute geholfen, in Aalen und auf der Ostalb heimisch zu werden. Das Miteinande­r der Kulturen war ihm wichtig und er hat entscheide­nd zur Städtepart­nerschaft zwischen Aalen und Antakya beigetrage­n: Ismail Demirtas. Zwei Tage nach seinem 85. Geburtstag ist er am Donnerstag gestorben.

Ismail Demirtas wollte als junger Mann in Istanbul ein Spiel von Fenerbahce sehen. Auf dem Weg ins Stadion fiel ihm eine Werbung auf: „Deutschlan­d sucht Facharbeit­er“. Er überlegte nicht lange, ging tags darauf schnurstra­cks in die Vermittlun­gsstelle der damaligen deutschen Bundesanst­alt für Arbeit und kurze Zeit später war er tatsächlic­h in Deutschlan­d, genauer gesagt in Aalen. Das war im Februar 1962. Seither lebte er, 1938 in einem kleinen Dorf im Taurusgebi­rge geboren, auf der Ostalb, machte hier beruf lich seinen Weg und fand hier sein privates Glück.

Innerhalb kürzester Zeit eignete sich Demirtas in Aalen die deutsche Sprache an. Im November 1962 lernte er bei der Rheinelekt­ra, wo er sich zusammen mit einem Kumpel ein Radio kaufen wollte, eine junge Deutsche kennen – seine spätere Frau Roswitha. Nach der Heirat 1964 zog das junge Paar nach München, weil Demirtas Dolmetsche­r werden wollte. Als sich aber Sohn Erol ankündigte, ging es wieder zurück nach Aalen und der angehende Vater machte bei der Firma Gebrüder Rieger eine Lehre als Dreher, die er erfolgreic­h abschloss. 1971 kam die letzte und entscheide­nde beruf lich Wende in seinem Leben. Die türkische Botschaft in Bonn suchte Betreuer für die Landsleute und machte Demirtas ein Angebot. Bis 1999, bis ihn eine Krankheit zum Aufgeben zwang, war er mit viel Herzblut für seine türkischen Landsleute da. Bereits ein Jahr nach seiner Ankunft in Aalen hatte er den türkischen Arbeiterve­rein mit dem erklärten Ziel gegründet, den Migranten Hilfestell­ung für das Leben in Aalen zu geben. Demirtas hat Generation­en von ihnen geholfen, hier heimisch zu werden. Er hat Nachhilfe für türkische Schüler organisier­t und den Fußballver­ein Türkspor gegründet.

Aber nicht nur für seine türkischen Landsleute war er immer da, auch in seiner neuen deutschen Heimat, deren Staatsbürg­erschaft er neben der türkischen längst hatte, hat er sich engagiert und tiefe Spuren hinterlass­en. Mit auf seine Initiative geht die Städtepart­nerschaft zwischen Aalen und Antakya zurück, ebenso das einstige Ausländerf­est, heute als Internatio­nales Fest fester Bestandtei­l des Aalener Veranstalt­ungskalend­ers. Sein Einsatz wurde vielfach gewürdigt. Höhepunkt war 2008 ein Empfang bei der damaligen Bundeskanz­lerin Angela Merkel, bei dem Demirtas als einer der ersten sogenannte­n „Gastarbeit­er“eingeladen war.

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FOTO: TURAD Ismail Demirtas ist kurz nach seinem 85. Geburtstag verstorben.

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