Ipf- und Jagst-Zeitung

Ampelstrei­t ums Heizungsge­setz eskaliert

Wirtschaft­sminister Habeck wirft FDP Wortbruch vor – Grüne fühlen sich nun an andere Beschlüsse auch nicht mehr gebunden

- Von Theresa Münch und Martina Herzog

(dpa) - Nach der Blockade der FDP beim Heizungsge­setz stellen die Grünen im Gegenzug weitere Vereinbaru­ngen der AmpelKoali­tion infrage. Beim Koalitions­ausschuss Ende März habe man sich nicht nur auf den Zeitplan für den Heizungsta­usch, sondern auf ein Gesamtpake­t verständig­t, machte Fraktionsc­hefin Britta Haßelmann am Dienstag deutlich. „Und deshalb bedaure ich, dass jetzt auch das aus unserer Sicht wichtige Planungsbe­schleunigu­ngsgesetz für den gesamten Verkehrsbe­reich nicht auf den Weg gebracht werden kann.“Dazu gehört der schnellere Ausbau bestimmter Autobahnen.

Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten am 28. März vereinbart, dass das Gesetz zum Austausch alter Öl- und Gasheizung­en bis zur Sommerpaus­e im Bundestag beschlosse­n werden soll. Gleichzeit­ig einigte man sich in der dreitägige­n Sitzung zum Beispiel auch auf eine Novelle des Klimaschut­zgesetzes und Investitio­nen in die Bahn. Dies alles stehe durch das Verhalten der FDP nun infrage, hieß es aus der GrünenFrak­tion.

Denn der Zeitplan für das Heizungsge­setz wackelt. Über den Entwurf der Ministerie­n für Wirtschaft und Bauen wird in dieser Woche wegen grundsätzl­icher Bedenken der FDP nicht im Parlament beraten. Es hätte die erste Lesung sein sollen – und damit der Auftakt für die Arbeit der Bundestags­ausschüsse, die die Pläne in mehreren Punkten anpassen sollten.

Wirtschaft­sminister Robert Habeck warf der FDP „Wortbruch“vor. In der Vereinbaru­ng zum Koalitions­ausschuss stehe klar: „Wir wollen diesen Prozess vor der parlamenta­rischen Sommerpaus­e abgeschlos­sen haben. Das wird jetzt mit der Verschiebu­ng nicht mehr möglich sein“, sagte der Grünen-Politiker. „Und ich nehme zur Kenntnis, dass die FDP sich nicht an das gegebene

Wort hält an dieser Stelle.“Aus dem FDP-Präsidium hieß es daraufhin: „Es ist erstaunlic­h, dass die Grünen einen Gesetzentw­urf, der bei Praktikern und Experten durchfällt, einfach weiter durchziehe­n wollen.“Die FDP fordert eine komplette Überarbeit­ung. Es komme nicht auf den Tag an, sondern darauf, „ob Deutschlan­d ein gutes Gebäudeene­rgiegesetz bekommt“, sagte Fraktionsc­hef Christian Dürr.

Nach dem vom Bundeskabi­nett beschlosse­nen Entwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden.

Das soll für alle Eigentümer bis zum Alter von 80 Jahren gelten. Bestehende Öl- und Gasheizung­en können weiter betrieben und kaputte repariert werden. Der Umstieg soll laut Wirtschaft­sministeri­um sozial abgefedert werden – die Details sind umstritten. Das Gesetz gilt als wichtiger Baustein des Vorhabens, Deutschlan­d bis 2045 klimaneutr­al zu machen.

Vertreter von Grünen und SPD haben eine Verabschie­dung vor der Sommerpaus­e noch nicht abgeschrie­ben. „Mit gutem Willen können wir das Gesetz bis zum Sommer dennoch beschließe­n“, sagte die parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der SPD-Fraktion, Katja Mast. Es gebe auch in dieser Woche schon vorbereite­nde Gespräche. Die Sommerpaus­e beginnt am 7. Juli. Bis dahin gibt es drei weitere Sitzungswo­chen.

Alle drei Ampel-Fraktionen haben angekündig­t, dass sie das Gesetz verändern wollen. „Die SPDFraktio­n stimmt dem Gesetz nur zu, wenn Heizen bezahlbar bleibt“, betonte Mast. Wichtig ist Sozialdemo­kraten und Grünen vor allem eine nach sozialen Kriterien ausgericht­ete Förderung. Außerdem ist die SPD gegen die starre Altersgren­ze von 80 Jahren und will Mieter stärker schützen.

Die FDP kritisiert­e eine aus ihrer Sicht zu starke Fokussieru­ng auf die Wärmepumpe als klimafreun­dlichere Alternativ­e zu Ölund Gasheizung­en.

Auch andere Technologi­en müssten erlaubt sein. Tatsächlic­h werden im Entwurf auch Fernwärme, Solartherm­ie und Hybridheiz­ungen aus Wärmepumpe plus Gas- oder Biomassehe­izung erwähnt.

Bundeskanz­ler Olaf Scholz hatte zuletzt Tempo angemahnt. Er erwarte, „dass der Bundestag mit der nötigen Gründlichk­eit, aber auch Schnelligk­eit den Gesetzentw­urf jetzt diskutiert“, sagte sein Sprecher am Montag. Tatsächlic­h wird das Gesetz trotz der FDP-Blockade am Mittwoch Thema im Bundestag sein: Die Unionsfrak­tion hat eine Aktuelle Stunde beantragt.

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Ampel, Obacht! Alarmstufe rot!

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