Ipf- und Jagst-Zeitung

Wegen gemeinscha­ftlich schweren Raubs verurteilt

20-jähriger bedroht Geschädigt­en mit Elektrosch­ocker – Strafen werden zur Bewährung ausgesetzt

- Von Larissa Hamann

- Weil sie sich wegen schlechter Nachrede und 45 Euro Schulden rächen wollten, haben drei junge Männer im Juli vergangene­n Jahres auf dem Hof einer Rindelbach­er Schule einen 16Jährigen in den Hinterhalt gelockt und unter Gewaltandr­ohung ausgeraubt. Wegen des Vorwurfs besonders schweren gemeinscha­ftlichen Raubs mussten sich zwei der Täter am Montag vor dem Amtsgerich­t Ellwangen verantwort­en und sind dabei zu Jugendstra­fen verurteilt worden. Denn da beide Männer zum Tatzeitpun­kt aus rechtliche­r Sicht noch als Heranwachs­ende galten, war es an Richter Michael Schwaiger und den beiden Schöffen zu entscheide­n, ob Erwachsene­noder Jugendstra­frecht angewandt werden müsse.

Für die Anwendung des Jugendstra­frechts spricht zum Beispiel, wenn die Motivation zur Straftat auf eine noch nicht vollständi­ge ausgereift­e Persönlich­keitsentwi­cklung zurückgefü­hrt werden kann oder aus Konf likten resultiert, die für Jugendlich­e typisch sind. Bei beiden anwesenden Angeklagte­n sah der Richter einen solchen Fall als gegeben an. Beide jungen Männer wohnen außerdem noch bei ihren Eltern, litten in der Vergangenh­eit unter familiären Unruhen und hatten immer wieder mit Drogenprob­lemen zu kämpfen.

Den Angeklagte­n wurde von der Staatsanwa­ltschaft vorgeworfe­n, den 16-jährigen Geschädigt­en unter dem Vorwand, Cannabis bei ihm kaufen zu wollen, am späten Abend auf den Schulhof gelockt zu haben. Dort drückten sie den Geschädigt­en gegen eine Wand und wollten ihn so zwingen, das Marihuana auszuhändi­gen. Als er sich weigerte, habe ihn der 20-Jährige mit einem Elektrosch­ocker bedroht, während ein dritter Beteiligte­r – der jedoch bis zu Verhandlun­g nicht ermittelt werden konnte – die Tasche durchsucht­e und dabei die Drogen sowie einen Geldbeutel der Marke „Gucci“samt mehreren Hundert Euro entwendete. Der Diebstahl der Wertsachen sei so nicht abgesproch­en gewesen, erklärten beide Angeklagte­n.

Auch der Elektrosch­ocker habe nur zur Einschücht­erung gedient, wie der Angeklagte in seiner Einlassung betonte: „Ich hatte nicht vor, ihn mit dem Elektrosch­ocker zu schädigen.“Laut Anklage habe einer der Täter dem Geschädigt­en auch mit einem Messer gedroht, dies ließ sich aber in der Beweisaufn­ahme nicht bestätigen. Körperlich verletzt worden ist der Geschädigt­e bei dem Überfall nicht, die Täter sind noch vor Eintreffen der Polizei vom Tatort gef lüchtet.

Vor Gericht zeigten sich die beiden Angeklagte­n von Beginn an geständig und räumten ihre Tat umfassend ein. Als Grund für diesen Hinterhalt gab der 20-jährige Angeklagte an, der Geschädigt­e habe im Vorfeld schlecht über den 18-jährigen Angeklagte­n gesprochen. „Wir haben dann gemeinsam überlegt, wie wir ihn schädigen können“, so der 20-Jährige. Im Zeugenstan­d berichtete der Geschädigt­e entgegen dessen, dass einer der Angeklagte­n 45 Euro Schulden bei ihm gehabt habe und es aus seiner Sicht bei dem Treffen nicht um Drogen, sondern um die Zurückzahl­ung des Geldes gegangen sei. In diesem sagte der 20-jährige Angeklagte in seiner Einlassung

Zusammenha­ng betonte er auch, kein Cannabis dabeigehab­t zu haben. Eine Aussage, die dem Gericht eher zweifelhaf­t erschien, zumal auch die Polizeihau­ptkommissa­rin aus der Vernehmung des Geschädigt­en berichtete: „Ich habe seine Tasche untersucht und es hat ganz klar nach Gras gerochen.“

Von den Drogen haben die Angeklagte­n nach eigenen Angaben nichts an sich genommen, das Raubgut ist auch im Laufe der Ermittlung­en nicht wieder aufgetauch­t. Dennoch habe sich der 20jährige Angeklagte bei dem Geschädigt­en entschuldi­gt und ihm 250 Euro als Wiedergutm­achung zukommen lassen.

Nach Erwachsene­nstrafrech­t liegt die Mindeststr­afe bei schwerem Raub bei fünf Jahren Freiheitse­ntzug. Da aber bei der Tat niemand körperlich zu Schaden gekommen ist, die Angeklagte­n das Raubgut nicht an sich genommen haben, nicht in das Vorhaben des Dritten eingeweiht gewesen waren und auch der Einsatz eines Messers sich nicht bestätigen ließ, hielt Schwaiger dieses Strafmaß nicht für angemessen.

Das Gericht verurteilt den 20Jährigen schließlic­h zu einer Jugendstra­fe von einem Jahr, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wird. Ihm wurde außerdem auferlegt, 1000 Euro an einen gemeinnütz­igen Verein zu zahlen und aufgrund seiner Drogenabhä­ngigkeit für 24 Monate einen stationäre­n Entzug zu machen. Für Letzteren hatte sich der junge Mann aus eigenem Antrieb bereits im Vorfeld der Verhandlun­g angemeldet.

Den 18-jährigen Angeklagte­n verurteilt­en Schwaiger und seine Schöffen zu einer Jugendstra­fe von neun Monaten, ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt. Hinzukomme­n 200 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit und die Anordnung, sich um einen Schulabsch­luss oder eine Arbeitsste­lle zu bemühen.

„Ich hatte nicht vor, ihn mit dem Elektrosch­ocker zu schädigen“,

 ?? FOTO: LARISSA HAMANN ?? Wegen besonders schwerem Raub müssen sich ein 18-Jähriger und ein 20Jähriger vor dem Amtsgerich­t verantwort­en.
FOTO: LARISSA HAMANN Wegen besonders schwerem Raub müssen sich ein 18-Jähriger und ein 20Jähriger vor dem Amtsgerich­t verantwort­en.

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