Die Grenzen des Sagbaren
Die Bilder der Demonstranten in aller Welt, die ihre Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen ausdrücken wollen, könnten unterschiedlicher nicht sein. „Für Frieden, Gerechtigkeit, Menschenwürde in Palästina“steht auf dem einen Transparent. „Gegen Krieg, Gewalt und Aggression in Gaza“, heißt es auf einem anderen Transparent. Man kann sich darüber ärgern, daran Anstoß nehmen oder die Aussagen verlogen finden – gerade, wenn die Teilnehmer einer solchen Demonstration zum menschenverachtenden HamasTerror schweigen. Aber es gilt: Auch wer Palästinafahnen schwenkt, wird vom Recht auf Meinungsfreiheit geschützt.
Doch dabei bleibt es häufig nicht: Aus den Demonstrationszügen wird zu Hass und Gewalt aufgerufen, antisemitische Parolen erschallen, Hetze gegen Israel ist zu hören. Hier überschreiten viele Demonstranten die Grenze der Meinungsfreiheit und begehen Straftaten, die verfolgt gehören. Ebenso wenig gehört es zur Versammlungs- oder Meinungsfreiheit, auf unseren Straßen den Massenmord an Menschen zu feiern: Das ist purer Antisemitismus, gegen den die deutsche Gesellschaft sich wehren muss.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnt: „Jeder, der hier lebt, muss Auschwitz kennen und die Verantwortung begreifen, die daraus für unser Land erwächst.“Die Konsequenz für jeden einzelnen, egal, wo und wann zur Welt gekommen, welcher Religion oder politischer Ausrichtung: Deutschland trägt besondere Verantwortung für Israel, die zur deutschen Identität und Staatsräson gehört. Die DNA der Bundesrepublik wird durch dieses besondere Verhältnis geprägt.
Es ist an der Zeit, diese Staatsräson nicht nur in Sonntagsreden zu erwähnen, sondern sie auch einzufordern. Wird beispielsweise in den Einbürgerungskursen über die Staatsräson und ihre Folgen – auch für die Meinungsfreiheit – gesprochen? Wird die besondere Verantwortung für Israel in Schulen thematisiert?
Wer in Deutschland leben will, muss diese Staatsräson respektieren. Er muss anerkennen, dass es gerade hier Grenzen des Sagbaren gibt. Wer das nicht akzeptieren will, der kann nicht zu unserer Gesellschaft gehören.