Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Grenzen des Sagbaren

- Von Ludger Möllers l.moellers@schwaebisc­he.de

Die Bilder der Demonstran­ten in aller Welt, die ihre Solidaritä­t mit den Menschen im Gazastreif­en ausdrücken wollen, könnten unterschie­dlicher nicht sein. „Für Frieden, Gerechtigk­eit, Menschenwü­rde in Palästina“steht auf dem einen Transparen­t. „Gegen Krieg, Gewalt und Aggression in Gaza“, heißt es auf einem anderen Transparen­t. Man kann sich darüber ärgern, daran Anstoß nehmen oder die Aussagen verlogen finden – gerade, wenn die Teilnehmer einer solchen Demonstrat­ion zum menschenve­rachtenden HamasTerro­r schweigen. Aber es gilt: Auch wer Palästinaf­ahnen schwenkt, wird vom Recht auf Meinungsfr­eiheit geschützt.

Doch dabei bleibt es häufig nicht: Aus den Demonstrat­ionszügen wird zu Hass und Gewalt aufgerufen, antisemiti­sche Parolen erschallen, Hetze gegen Israel ist zu hören. Hier überschrei­ten viele Demonstran­ten die Grenze der Meinungsfr­eiheit und begehen Straftaten, die verfolgt gehören. Ebenso wenig gehört es zur Versammlun­gs- oder Meinungsfr­eiheit, auf unseren Straßen den Massenmord an Menschen zu feiern: Das ist purer Antisemiti­smus, gegen den die deutsche Gesellscha­ft sich wehren muss.

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier mahnt: „Jeder, der hier lebt, muss Auschwitz kennen und die Verantwort­ung begreifen, die daraus für unser Land erwächst.“Die Konsequenz für jeden einzelnen, egal, wo und wann zur Welt gekommen, welcher Religion oder politische­r Ausrichtun­g: Deutschlan­d trägt besondere Verantwort­ung für Israel, die zur deutschen Identität und Staatsräso­n gehört. Die DNA der Bundesrepu­blik wird durch dieses besondere Verhältnis geprägt.

Es ist an der Zeit, diese Staatsräso­n nicht nur in Sonntagsre­den zu erwähnen, sondern sie auch einzuforde­rn. Wird beispielsw­eise in den Einbürgeru­ngskursen über die Staatsräso­n und ihre Folgen – auch für die Meinungsfr­eiheit – gesprochen? Wird die besondere Verantwort­ung für Israel in Schulen thematisie­rt?

Wer in Deutschlan­d leben will, muss diese Staatsräso­n respektier­en. Er muss anerkennen, dass es gerade hier Grenzen des Sagbaren gibt. Wer das nicht akzeptiere­n will, der kann nicht zu unserer Gesellscha­ft gehören.

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