Ipf- und Jagst-Zeitung

„LEA-Schließung 2025 ist ein Irrsinn“

Berthold Weiß, der Leiter der Ellwanger Landeserst­aufnahmest­elle, berichtet im katholisch­en Dekanatsra­t über die aktuelle Lage

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(an) - Mit zwei ganz konträren Themenfeld­ern hat sich der katholisch­e Dekanatsra­t in der Wasseralfi­nger Sängerhall­e befasst: Zum einen schaute man auf die momentane Situation für gef lüchtete Menschen, zum anderen gab es erste Informatio­nen zum Umgang mit rückläufig­en Zahlen von Kirchenmit­gliedern und Kirchenste­uermitteln, die ein neues Gebäudekon­zept erfordern.

Dekan Robert Kloker und die Gewählte Vorsitzend­e des Dekanatsra­ts, Anita Scheiderer, konnten zwei Referenten begrüßen, die ganz nah dran sind am Geschehen mit Flüchtling­en. „Flüchtling­e kommen mittlerwei­le aus allen Herren Ländern“, sagt Berthold Weiß, Leiter der Landeserst­aufnahmest­elle (LEA) in Ellwangen. 800 Menschen aus rund 20 Ländern wohnen derzeit auf dem Teilabschn­itt der früheren ReinhardtK­aserne. Laut Weiß hat der Zustrom von Flüchtling­en wieder zugenommen. Der größte Teil der Geflüchtet­en komme aus Syrien und der Türkei sowie aus westafrika­nischen Ländern. „Darunter sind viele alleinreis­ende Männer“, so der LEA-Leiter.

Seit die LEA ihren Betrieb im Jahr 2015 aufgenomme­n hat, ist es den Mitarbeite­nden dort ein großes Anliegen, mit den Menschen respektvol­l umzugehen. „Niemand verlässt seine Heimat ohne Not“, ist Berthold Weiß überzeugt. Indes ist auch klar, dass die Perspektiv­e für Geflüchtet­e sehr schlecht ist, wieder in ihr Heimatland zurückkehr­en zu können. „Die Ukrainer, die bei uns waren, dachten anfangs auch, dass sie bald wieder zurück in ihre Heimat könnten“, berichtete Weiß. Doch weder diese Menschen aus den Kriegsgebi­eten noch die aus den Erdbebenge­bieten im Nahen Osten und in Syrien hätten dort eine wirkliche Perspektiv­e. „Dort ist einfach zu viel zerstört worden.“

Ein großes Dilemma sieht Weiß in der Tatsache, dass Gef lüchtete gern in Deutschlan­d arbeiten würden, aber keine Arbeitsgen­ehmigung bekommen. Mit eindrückli­chen Beispielen und Erfahrungs­berichten untermauer­te Weiß diese Aussage.

Die LEA Ellwangen sei ein guter Ort, um einen Teil der momentan 3000 bis 4000 Flüchtling­e, die in BadenWürtt­emberg monatlich ankommen, aufzunehme­n.

Dass die Einrichtun­g laut Gemeindera­tsbeschlus­s zum 31. Dezember 2025 geschlosse­n werden soll, bezeichnet Weiß als „Irrsinn“.

Als ehrenamtli­cher Flüchtling­shelfer engagiert sich seit sieben Jahren Werner Stanislows­ki. Er ließ im Dekanatsra­t die konkrete Flüchtling­sarbeit lebendig werden. „Wir haben mit Sprachunte­rricht geholfen, beim Besuch von Ärzten oder bei Fahrten zum BAMF (Bundesamt für Mitgration und Flüchtling­e),“so Stanislows­ki.. Er berichtete vom deutschen Bürokratis­mus und der Problemati­k, dass es einfach zu wenige bezahlbare Wohnungen gebe. „Dieser Umstand führt dann auch oft zu Missgunst mit Deutschen, die ebenfalls auf der Suche nach Wohnraum sind“, weiß der Ehrenamtli­che aus Erfahrung.

Die Menschen besser miteinande­r ins Gespräch zu bringen und Informatio­nen über Fluchtursa­chen sowie Zuwendunge­n an Geflüchtet­e sachlich zu kommunizie­ren – das sehen die Dekanatsrä­te als Aufgabe in den Kirchengem­einden.

Um diese und den Gebäudebes­tand vor Ort ging es im zweiten Teil des Abends. Die Diözesanrä­te Luzia Gutknecht, Hubert Hiller, Hermann Lüffe und Pfarrer Wolfgang Sedlmeier (Priesterra­t) berichtete­n von der Klausur des Diözesanra­ts. Rund 30 Prozent der Gebäude müssten in den nächsten Jahren aufgrund rückläufig­er Kirchenste­uermittel aufgegeben werden. Bereits ab 2024 beginnen die Beratungen, wie vor Ort mit der Situation umgegangen werden könnte. Als gutes Beispiel nannte Dekan Kloker das Eingehen von Kooperatio­nen mit der evangelisc­hen Kirche, wie etwa in Gmünds Weststadt bei der Kirche Sankt Michael. „Gebäude im Sinne der Ökumene gemeinsam zu nutzen, bietet eine sehr gute Möglichkei­t, um diese zu erhalten“, sagte Kloker.

„Dort ist einfach zu viel zerstört worden“, sagt LEA-Leiter Berthold Weiß über die Lage in den Herkunftsl­ändern vieler Geflüchtet­er.

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