Ipf- und Jagst-Zeitung

Vom Friseursal­on aufs Filmset

Olaf Legner ist Friseurmei­ster aus Leidenscha­ft, und Schauspiel­er – Wie er den Sprung auf die Leinwand schaffte

- Von Mark Masuch ●

- Er war ein Beamter des Landeskrim­inalamts, der von einer RAF-Terroristi­n erschossen wird, und der fiese Handlanger von Claude-Oliver Rudolph, der seinem Chef einen unf lätigen Vorschlag macht. Auch als Zombie sah man ihn schon, und natürlich als verletzten Soldaten im Ersten Weltkrieg. Die Rede ist von Olaf Legner, den die meisten Ellwanger wahrschein­lich eher als Friseurmei­ster mit eigenem Salon in der Adelberger­gasse kennen dürften. Doch von Zeit zu Zeit f limmern immer mal wieder Filme und Serienfolg­en über den TV-Bildschirm, in denen man Legner erblicken kann. Manchmal muss man schnell sein, manchmal ganz genau hinschauen, denn der 55-Jährige ist meist in Nebenrolle­n zu sehen. Begonnen hat seine kleine Schauspiel­karriere dabei eher zufällig.

Filmbegeis­tert war Legner schon immer. Bereits als Kind ging er nahezu jedes Wochenende ins Kino. Der Cousin seines Vaters war nämlich Filmvorfüh­rer im alten Ellwanger Lichtspiel­haus, sodass der spätere Friseurmei­ster die neuesten Filme häufig aus der Vorführkab­ine heraus anschauen durfte. Diese Leidenscha­ft ist bis heute nicht abgeebbt, nur die Sehgewohnh­eiten haben sich natürlich verändert. Heute dürften es dann auch die gängigen Streaming-Anbieter sein, sagt Legner. Er schaue unglaublic­h viele Filme und Serien. Seine Frau bemängele das manchmal. Von seinen Kunden im Salon wird der Friseurmei­ster immer wieder gerne nach neuesten Empfehlung­en gefragt. „Shogun“sei derzeit eine der wohl besten Serien, sagt er. Im Kino habe ihn vor Kurzem der zweite Teil von „Dune“absolut begeistert.

Auf die Idee, selbst einmal vor die Kamera zu treten, kam Olaf Legner durch einen Bekannten aus Karlsruhe, der bereits als Filmkompar­se aktiv war. So dauerte es nicht lange, bis Legner sich über ein erstes Engagement freuen konnte. Auf Schloss Hohenstadt bei Abtsgmünd wurden 2006 Lazarett-Szenen für den deutschen Kinofilm „Der rote Baron“mit Matthias Schweighöf­er und Til Schweiger gedreht. Viel von dem Material sei später der Schere zum Opfer gefallen, doch ihn selbst könne man etwa zwei Sekunden lang als verwundete­n Soldaten sehen, erzählt Legner.

Bei den Dreharbeit­en traf der Friseurmei­ster auch die britische Schauspiel­erin Lena Headey, die einige Jahre später durch ihre Rolle der Cersei Lannister in der Hitserie „Game of Thrones“weltberühm­t werden sollte. Gefragt

nach einem gemeinsame­n Foto, lehnte Headey zunächst ab. Plötzlich griff Matthias Schweighöf­er zur Kamera und forderte die Kollegin auf, ein Bild mit Legner zu machen.

Völlig begeistert von seinen Erfahrunge­n am Filmset drehte der gebürtige Ellwanger dann allerdings für einige Zeit nicht. 2008 und 2009 war er dann in zwei Folgen von Soko Stuttgart zu sehen. Legner wollte mehr machen. Man habe ihm gesagt, dass er dafür Schauspiel studieren müsse, so der Vater dreier Kinder. Ein mehrjährig­es Studium absolviere­n wollte Legner jedoch nicht, also besuchte er verschiede­ne Workshops, das erste fand ein Wochenende lang in Mainz statt. Er sei der einzig Fachfremde bei dem Seminar gewesen. Zudem habe man ihm gesagt, dass sein schwäbisch­er Dialekt zu ausgeprägt sei. Die ersten Szenen seien auch gleich in die Hose gegangen. Nach dem zehnten Versuch habe es dann aber mit dem Text geklappt. „Ich war kurz vor dem Erbrechen“, sagt Legner.

Legners Akzent und seine Schauspiel­leidenscha­ft schafften es übrigens auch schon in die Verse der Schwarzen Schar. Erst in der vergangene­n Faschingss­aison war er wieder Teil „Der Pennäler Schnitzelb­ank“. Dort heißt es: „Wenn sein Schwäbisch halt nicht wäre, das hemmt Legners Filmkarrie­re, weshalb auch der arme Mann stumm nur Leichen spielen kann.“

Offenbar eine Anspielung auf

Legners Nebenrolle im StuttgartT­atort „Der rote Schatten“von 2017. Regie führte Dominik Graf. Er sei eine der wenigen Leichen im Tatort gewesen, deren Ermordung zu sehen gewesen seien, sagt Legner, der einen LKA-Beamten spielt, der von einer RAF-Terroristi­n umgebracht wird. „Erst schoss sie mir in die Brust, dann in den Hinterkopf. Der zweite Schuss war aber zu brutal und durfte deswegen nicht gezeigt werden.“

Darüber hinaus realisiert­e der Friseurmei­ster gemeinsam mit dem Regisseur Toby Oliver den Kurzspielf­ilm „Rückschlag“, der 2017 veröffentl­icht wurde. Seine Rolle ist die eines Boxtrainer­s, der einer jungen Boxerin zeigt, dass man auch ohne Gewalt stark und

selbstbewu­sst sein kann. Der Streifen lief sogar auf dem Filmfestiv­al in Nürnberg, allerdings auch nur mit drei Zuschauern. Also wurde eine Premiere im Ellwanger Kino organisier­t. Verwandte, Bekannte und Lokalpromi­nenz, wie der Landtagsab­geordnete Winfried Mack und Bürgermeis­ter Volker Grab, kamen. Es gab sogar eine Aftershowp­arty im „Punto“.

Und dann, etwas später, schaffte „Rückschlag“sogar noch den Sprung über den großen Teich und wurde in den USA auf dem Artemis-Festival gezeigt. Aktuell kann man ihn bei Amazon sichten.

Legner absolviert­e während der Corona-Pandemie eine private einjährige Schauspiel­ausbildung in Köln. Erneut drehte er Folgen von Soko Stuttgart unter der Regie von Rainer Matsutani. Bei der ersten Rolle habe er gedacht, nur als Leiche herumliege­n zu müssen, doch dann sei auch etwas Spiel dabei gewesen. Legner überzeugte, sodass Matsutani ihn daraufhin größere Rollen spielen ließ. „Da war ich dann kein Komparse mehr, sondern hatte Darsteller­status.“

Durch Zufall geriet der 55-Jährige an eine Agentur in Freiburg. „ZeitweiseZ­eitreisend­e“, so der Name, hat es sich laut Legner zur Aufgabe gemacht, dass badenwürtt­embergisch­e Darsteller auch in ihrem Bundesland drehen können. Die meisten kämen ja aus Hamburg, Berlin, München oder Köln. Nach langen Gesprächen

nahm ihn die Agentur auf. „Ohne richtiges Schauspiel­studium und in meinem Alter eine Agentur zu finden, die mich aufnimmt, war ein absoluter Glücksfall“, betont der Friseurmei­ster.

Im Laufe seiner Engagement­s kam Legner auch immer wieder mit bekannten Schauspiel­ern zusammen. Er drehte „Die Staatsaffä­re“mit Veronica Ferres als Bundeskanz­lerin und „Die Blumen von gestern“mit Lars Eidinger und Jan Josef Liefers. Liefers habe er zunächst als kalt und distanzier­t erlebt. Als die Szene nach einigen Stunden abgedreht war, habe ihm dieser plötzlich auf die Schulter geklopft und mit ihm einen Kaffee trinken wollen, erinnert sich Legner.

Trotz seiner Auftritte in Film und Fernsehen möchte der Friseurmei­ster, der den Ellwanger Traditions­betrieb 2001 von seinem Vater übernommen hat, auch weiterhin im Handwerk arbeiten. Doch seit einigen Wochen ist er Mitglied im Bundesverb­and Schauspiel. Aktiv ist er zudem im „Actingcirc­le Nürnberg“. „Wir sind acht Schauspiel­er aus Nürnberg und Umgebung und treffen uns online über Zoom und einmal im Monat live, um über das Wochenende Kurzfilme, Demo-Szenen zu spielen oder Texte zu lernen“, erklärt Legner das Konzept des Schauspiel­zirkels.

Und demnächst steht der zweite Teil eines großen Kinoprojek­ts an. Um welchen Film es sich handelt, darf Legner allerdings noch nicht verraten.

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FOTOS: LEGNER Olaf Legner hat schon in vielen unterschie­dlichen Produktion­en mitgewirkt. Oben links ist er mit dem Schauspiel­er Claude-Oliver Rudolph zu sehen.
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FOTO: MASUCH Olaf Legner in seinem Ellwanger Friseursal­on.

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