Vom Friseursalon aufs Filmset
Olaf Legner ist Friseurmeister aus Leidenschaft, und Schauspieler – Wie er den Sprung auf die Leinwand schaffte
- Er war ein Beamter des Landeskriminalamts, der von einer RAF-Terroristin erschossen wird, und der fiese Handlanger von Claude-Oliver Rudolph, der seinem Chef einen unf lätigen Vorschlag macht. Auch als Zombie sah man ihn schon, und natürlich als verletzten Soldaten im Ersten Weltkrieg. Die Rede ist von Olaf Legner, den die meisten Ellwanger wahrscheinlich eher als Friseurmeister mit eigenem Salon in der Adelbergergasse kennen dürften. Doch von Zeit zu Zeit f limmern immer mal wieder Filme und Serienfolgen über den TV-Bildschirm, in denen man Legner erblicken kann. Manchmal muss man schnell sein, manchmal ganz genau hinschauen, denn der 55-Jährige ist meist in Nebenrollen zu sehen. Begonnen hat seine kleine Schauspielkarriere dabei eher zufällig.
Filmbegeistert war Legner schon immer. Bereits als Kind ging er nahezu jedes Wochenende ins Kino. Der Cousin seines Vaters war nämlich Filmvorführer im alten Ellwanger Lichtspielhaus, sodass der spätere Friseurmeister die neuesten Filme häufig aus der Vorführkabine heraus anschauen durfte. Diese Leidenschaft ist bis heute nicht abgeebbt, nur die Sehgewohnheiten haben sich natürlich verändert. Heute dürften es dann auch die gängigen Streaming-Anbieter sein, sagt Legner. Er schaue unglaublich viele Filme und Serien. Seine Frau bemängele das manchmal. Von seinen Kunden im Salon wird der Friseurmeister immer wieder gerne nach neuesten Empfehlungen gefragt. „Shogun“sei derzeit eine der wohl besten Serien, sagt er. Im Kino habe ihn vor Kurzem der zweite Teil von „Dune“absolut begeistert.
Auf die Idee, selbst einmal vor die Kamera zu treten, kam Olaf Legner durch einen Bekannten aus Karlsruhe, der bereits als Filmkomparse aktiv war. So dauerte es nicht lange, bis Legner sich über ein erstes Engagement freuen konnte. Auf Schloss Hohenstadt bei Abtsgmünd wurden 2006 Lazarett-Szenen für den deutschen Kinofilm „Der rote Baron“mit Matthias Schweighöfer und Til Schweiger gedreht. Viel von dem Material sei später der Schere zum Opfer gefallen, doch ihn selbst könne man etwa zwei Sekunden lang als verwundeten Soldaten sehen, erzählt Legner.
Bei den Dreharbeiten traf der Friseurmeister auch die britische Schauspielerin Lena Headey, die einige Jahre später durch ihre Rolle der Cersei Lannister in der Hitserie „Game of Thrones“weltberühmt werden sollte. Gefragt
nach einem gemeinsamen Foto, lehnte Headey zunächst ab. Plötzlich griff Matthias Schweighöfer zur Kamera und forderte die Kollegin auf, ein Bild mit Legner zu machen.
Völlig begeistert von seinen Erfahrungen am Filmset drehte der gebürtige Ellwanger dann allerdings für einige Zeit nicht. 2008 und 2009 war er dann in zwei Folgen von Soko Stuttgart zu sehen. Legner wollte mehr machen. Man habe ihm gesagt, dass er dafür Schauspiel studieren müsse, so der Vater dreier Kinder. Ein mehrjähriges Studium absolvieren wollte Legner jedoch nicht, also besuchte er verschiedene Workshops, das erste fand ein Wochenende lang in Mainz statt. Er sei der einzig Fachfremde bei dem Seminar gewesen. Zudem habe man ihm gesagt, dass sein schwäbischer Dialekt zu ausgeprägt sei. Die ersten Szenen seien auch gleich in die Hose gegangen. Nach dem zehnten Versuch habe es dann aber mit dem Text geklappt. „Ich war kurz vor dem Erbrechen“, sagt Legner.
Legners Akzent und seine Schauspielleidenschaft schafften es übrigens auch schon in die Verse der Schwarzen Schar. Erst in der vergangenen Faschingssaison war er wieder Teil „Der Pennäler Schnitzelbank“. Dort heißt es: „Wenn sein Schwäbisch halt nicht wäre, das hemmt Legners Filmkarriere, weshalb auch der arme Mann stumm nur Leichen spielen kann.“
Offenbar eine Anspielung auf
Legners Nebenrolle im StuttgartTatort „Der rote Schatten“von 2017. Regie führte Dominik Graf. Er sei eine der wenigen Leichen im Tatort gewesen, deren Ermordung zu sehen gewesen seien, sagt Legner, der einen LKA-Beamten spielt, der von einer RAF-Terroristin umgebracht wird. „Erst schoss sie mir in die Brust, dann in den Hinterkopf. Der zweite Schuss war aber zu brutal und durfte deswegen nicht gezeigt werden.“
Darüber hinaus realisierte der Friseurmeister gemeinsam mit dem Regisseur Toby Oliver den Kurzspielfilm „Rückschlag“, der 2017 veröffentlicht wurde. Seine Rolle ist die eines Boxtrainers, der einer jungen Boxerin zeigt, dass man auch ohne Gewalt stark und
selbstbewusst sein kann. Der Streifen lief sogar auf dem Filmfestival in Nürnberg, allerdings auch nur mit drei Zuschauern. Also wurde eine Premiere im Ellwanger Kino organisiert. Verwandte, Bekannte und Lokalprominenz, wie der Landtagsabgeordnete Winfried Mack und Bürgermeister Volker Grab, kamen. Es gab sogar eine Aftershowparty im „Punto“.
Und dann, etwas später, schaffte „Rückschlag“sogar noch den Sprung über den großen Teich und wurde in den USA auf dem Artemis-Festival gezeigt. Aktuell kann man ihn bei Amazon sichten.
Legner absolvierte während der Corona-Pandemie eine private einjährige Schauspielausbildung in Köln. Erneut drehte er Folgen von Soko Stuttgart unter der Regie von Rainer Matsutani. Bei der ersten Rolle habe er gedacht, nur als Leiche herumliegen zu müssen, doch dann sei auch etwas Spiel dabei gewesen. Legner überzeugte, sodass Matsutani ihn daraufhin größere Rollen spielen ließ. „Da war ich dann kein Komparse mehr, sondern hatte Darstellerstatus.“
Durch Zufall geriet der 55-Jährige an eine Agentur in Freiburg. „ZeitweiseZeitreisende“, so der Name, hat es sich laut Legner zur Aufgabe gemacht, dass badenwürttembergische Darsteller auch in ihrem Bundesland drehen können. Die meisten kämen ja aus Hamburg, Berlin, München oder Köln. Nach langen Gesprächen
nahm ihn die Agentur auf. „Ohne richtiges Schauspielstudium und in meinem Alter eine Agentur zu finden, die mich aufnimmt, war ein absoluter Glücksfall“, betont der Friseurmeister.
Im Laufe seiner Engagements kam Legner auch immer wieder mit bekannten Schauspielern zusammen. Er drehte „Die Staatsaffäre“mit Veronica Ferres als Bundeskanzlerin und „Die Blumen von gestern“mit Lars Eidinger und Jan Josef Liefers. Liefers habe er zunächst als kalt und distanziert erlebt. Als die Szene nach einigen Stunden abgedreht war, habe ihm dieser plötzlich auf die Schulter geklopft und mit ihm einen Kaffee trinken wollen, erinnert sich Legner.
Trotz seiner Auftritte in Film und Fernsehen möchte der Friseurmeister, der den Ellwanger Traditionsbetrieb 2001 von seinem Vater übernommen hat, auch weiterhin im Handwerk arbeiten. Doch seit einigen Wochen ist er Mitglied im Bundesverband Schauspiel. Aktiv ist er zudem im „Actingcircle Nürnberg“. „Wir sind acht Schauspieler aus Nürnberg und Umgebung und treffen uns online über Zoom und einmal im Monat live, um über das Wochenende Kurzfilme, Demo-Szenen zu spielen oder Texte zu lernen“, erklärt Legner das Konzept des Schauspielzirkels.
Und demnächst steht der zweite Teil eines großen Kinoprojekts an. Um welchen Film es sich handelt, darf Legner allerdings noch nicht verraten.