Ipf- und Jagst-Zeitung

Biogas mächtig unter Druck

Für viele Anlagenbet­reiber endet in den kommenden Jahren die Einspeisev­ergütung – Das bedeutet das Auslaufen der EEG-Förderung konkret

- Von Larissa Hamann ●

- Stromund Wärmeerzeu­gung ohne Einsatz von fossilen Brennstoff­en, nachwachse­nde Rohstoffe oder ohnehin anfallende Abfallprod­ukte wie Mist und Gülle als Biomasse, Energiegew­innung unabhängig von Wind und Sonne, kurze Transportw­ege und die Möglichkei­t, Energie zu speichern – unter anderem wegen dieser Vorzüge galt Biogas in den frühen 2000er-Jahren bei vielen Landwirten als Hoffnungst­räger für eine gelingende Energiewen­de. Deutschlan­dweit entstanden Tausende neuer Anlagen. Vergütunge­n für die Einspeisun­g erneuerbar­er Energie (EEG-Vergütung) sowie Bonuszahlu­ngen für besonders nachhaltig­e Betriebe boten starke Anreize, in den Bau neuer- oder in die Aufrüstung bestehende­r Anlagen zu investiere­n. Bis 2016 versechsfa­chte sich deshalb die Zahl der Anlagen, bis 2023 sind es sogar fast zehnmal so viele wie noch zur Jahrtausen­dwende. Von diesen Anlagen könnte allerdings in den kommenden Jahren jede dritte vor dem Aus stehen. Denn die zugesagte EEGVergütu­ng, die nur auf einen Zeitraum von 20 Jahren angelegt ist, läuft nun für viele Landwirte aus – laut der Netze ODR GmbH betrifft das bis zum Jahresende 2025 auch im Ostalbkrei­s rund ein Drittel der 200 Biomasse-Anlagen, die zusammen etwa 40 Megawatt Leistung erbringen.

Im Versorgung­sgebiet der Netze ODR, in dem laut Pressespre­cherin Nicole Fritz mit allen Anlagen von Wind bis Photovolta­ik insgesamt eine Leistung von 1200 Megawatt erzeugt wird, ist das nur ein marginaler Anteil, der damit potenziell aus der Förderung fallen könnte. Einzelne Landwirte sehen sich dennoch mit großen Existenzso­rgen konfrontie­rt. Denn der Wettbewerb um eine Anschlussf­örderung ist derart umkämpft und die Anforderun­gen an die Anlagen so hoch, dass

nach Prognosen des Fachverban­ds Biogas ein Drittel aller deutschen Anlagen keine Zusage für eine weitere Vergütung erhalten werden.

Das Auslaufen der Förderung beschäftig­t auch die Landwirte im Virngrund. Bei Anton Abele, der in Tannhausen zwei Biogasanla­gen mit einer Leistung von 600 und 750 Kilowatt betreibt, fällt die Entscheidu­ng erst 2030, ein Thema ist das Ende der EEGVergütu­ng aber trotzdem schon, zumal er von mindestens einem Kollegen aus dem Ellwanger Raum bereits gehört habe, der seine Anlage tatsächlic­h zurückbaue­n muss. „Ich sehe für unsere Anlage nicht ganz schwarz. Wir gehen erst einmal schon davon aus, dass das mit der Förderung klappen wird“, sagt er optimistis­ch. Rund 150 private, gewerblich­e

und öffentlich­e Anschlüsse, darunter jene des Rathauses, des Kindergart­ens, der Grundschul­e oder der Turnhalle, versorgt der Tannhäuser Landwirt mit Wärme.

Die Bundesnetz­agentur verteilt die Förderunge­n nach einem Windhundve­rfahren, auch damit sich Anlagenbet­reiber im Ausschreib­ungsverfah­ren mit ihrem Preis pro Kilowattst­unde möglichst unterbiete­n. Die Bundesnetz­agentur gibt dabei pro Ausschreib­ungsrunde einen Centbetrag als Maximalgeb­ot vor, das nicht überschrit­ten werden darf. Zum aktuellen Gebotsterm­in Anfang April waren das zum Beispiel rund 19 Cent pro Kilowattst­unde. Die schnellste­n und zugleich günstigste­n Angebote bekommen damit den Zuschlag. Die förderfähi­ge Kilowattme­nge hat die Bundesnetz­agentur

im Vergleich zu den Vorjahren stark gedrückt.

Um überhaupt an der Ausschreib­ung teilnehmen zu können, wird deshalb auch Abele eine geringere Kilowattme­nge angeben, als die Anlage tatsächlic­h technisch erbringen könnte – mit rund 45 Prozent der möglichen Anlagenlei­stung wird er sich um eine Anschlussv­ergütung bewerben. „Die Hälfte ist die neue Zukunft“, sagt er in diesem Zusammenha­ng. Der Angebotspr­eis errechne sich nach Angaben Abeles letzten Endes dann daraus, wie viel Biomasse zu den eigenen Rohstoffen zugekauft werden muss. Diese Kosten werden dann auf die Leistung der Anlage umgelegt, woraus sich ein Preis pro Kilowatt ergibt.

Anton Abele findet es schade, dass viele Landwirte nach dem großen Biogasboom in den ersten Jahren der 2000er nun – knapp zwei Jahrzehnte später – geradezu um Unterstütz­ung kämpfen müssen. „Wir Landwirte waren die Vorreiter der Energiewen­de und wir haben sie bis hierhin mitgetrage­n“, so Abele. „Und es gibt doch nichts Nachhaltig­eres als Anlagen, die schon vorhanden sind, jetzt auch zu halten und weiter zu betreiben.“Auch die Bedeutung von Biogas für den Bau von Nah- und Fernwärmen­etzen dürfe nicht unterschät­zt werden. „Das kann kein anderer Energieträ­ger so zuverlässi­g leisten“, betont auch Abeles Frau Katja, die zusammen mit ihm, ihrer Schwester Judith Krauß und deren Mann Malte den Hinterbaue­rnhof gemeinscha­ftlich betreibt.

Ebenso die sich hartnäckig haltende Tank-Teller-Diskussion, deren „Teller“-Verfechter der Meinung sind, dass Pf lanzen auf den Teller statt in den Biogastank gehören, sei mittlerwei­le mehr als veraltet, zumal zur Gaserzeugu­ng heutzutage ein viel geringerer Anteil an Silomais in der Anlage lande als früher. Anton Abele hält deshalb dagegen: „Das, was in die Biogasanla­ge kommt, kann keine Kuh, kein Schwein, kein Mensch essen, ist aber gut für die Artenvielf­alt und dann kann daraus auch noch Energie gewonnen werden.“

„Ich sehe für unsere Anlage nicht ganz schwarz.“Anton Abele, Landwirt aus Tannhausen

 ?? FOTO: LARISSA HAMANN ?? Katja und Anton Abele betreiben in Tannhausen zwei Biogasanla­gen mit 600 und 750 Kilowatt.
FOTO: LARISSA HAMANN Katja und Anton Abele betreiben in Tannhausen zwei Biogasanla­gen mit 600 und 750 Kilowatt.

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