Ipf- und Jagst-Zeitung

„Als Schiedsric­hter ist man kein Freiwild“

Jürgen Roder berichtet über seinen Alltag als Fußballtra­iner und Schiedsric­hter

- Von Tim Abramowski

- Ohne Schiedsric­hter würde in kaum einem Sport etwas gehen. Ganz egal ob Fußball, Handball oder Volleyball. Wenn man während eines Spiels nicht über sie redet, haben sie in der Regel ihre Aufgabe mit Bravour gemeistert. Doch oftmals stehen diese auch im Mittelpunk­t des Geschehens.

Im vergangene­n Monat wurde in der Fußball-Kreisliga A II die Partie zwischen dem SV Kerkingen und dem TSV Hüttlingen beim Stande von 3:1 für den TSV aufgrund von Schiedsric­hterbeleid­igung seitens eines Kerkinger Fans abgebroche­n. Ein Urteil steht noch aus. Der Wasseralfi­nger Jürgen Roder war Teil des Geschehens. Der 47-Jährige ist Trainer beim TSV Hüttlingen, aber auch Schiedsric­hter. Somit kennt er beide Seiten. Auch wenn seine Mannschaft die leidtragen­de war, konnte er das Vorgehen des Schiedsric­hters nachempfin­den. „Kerkingens Trainer und ich hatten versucht, ihn umzustimme­n. Er meinte aber nur, dass er sich nicht ständig beleidigen lasse. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich auch noch nicht, welche verbale Ausdrücke gefallen sind.“

Wie Jürgen Roder betont, müsse man als Schiedsric­hter bis zu einem gewissen Punkt etwas wegstecken können. „Jemanden aber ständig ohne Grund zu beleidigen, das geht meiner Meinung nach nicht, dann ist ein gewisser Punkt erreicht. Ich finde es sehr gut, dass solch ein Zeichen mal gesetzt worden ist, denn man ist als Schiedsric­hter kein Freiwild.“

Dass Jürgen Roder heute Trainer und Schiedsric­hter ist, ist eigentlich dem Zufall geschuldet. Nach seiner aktiven Karriere übernahm er erst die Bambinis seines Heimatvere­ins DJK-SG Wasseralfi­ngen, danach dann die C-Jugend. Diese wollte er eigentlich bis zur Winterpaus­e trainieren. „Da wir dann allerdings null Punkte hatten, wollte ich so nicht aufhören. Die Rückrunde war dann stark, dennoch sind wir trotzdem knapp abgestiege­n“, berichtete Jürgen Roder.

Schließlic­h bekam er einen Anruf aus Hofherrnwe­iler, die TSG suchte einen B-Jugend-Trainer. In Hofherrnwe­iler blieb er schließlic­h fast zehn Jahre lang. Mit der A-Jugend, die er auch trainierte, stieg er bis in die Verbandsli­ga auf. „In dieser Zeit habe ich viel gelernt. Das hat mir als Trainer viel geholfen“, so Jürgen Roder.

Bei der TSG Hofherrnwe­iler-Unterromba­ch lernte er auch Norbert Schneider, damals Sportliche­r Leiter beim TSV Hüttlingen, kennen. Seit mittlerwei­le vier Jahren ist Jürgen Roder nun Trainer des TSV Hüttlingen. Jürgen Roders Schiedsric­htertätigk­eit begann 2010 im Rahmen der Teilnahme des B-Lizenz-Trainerleh­rgangs in Ruit. Dabei musste man auch einen Schiedsric­hterkurs besuchen und Spiele selbst leiten. Schnell merkte Jürgen Roder, dass ihm das viel Spaß mache. „Ich bin wirklich froh, dass ich das gemacht habe. Wenn ich den Schiedsric­hter-Kurs nicht besucht hätte, wäre ich nie auf die Idee gekommen, Schiedsric­hter zu werden“, berichtete Jürgen Roder.

Bevor der 47-Jährige noch kein aktiver Trainer war, pfiff er pro Saison bis zu 35 Spiele. „Heutzutage komme ich auf 15 bis 20 Spiele. Wir haben zweimal die Woche Training, inklusive Spiel am Sonntag. Dadurch habe ich leider nicht mehr so sehr die Zeit, mehr Spiele zu leiten“, berichtete Jürgen Roder, der bis zur Bezirkslig­a Spiele leiten darf.

Erst einmal erlebte Jürgen Roder eine brenzlige Situation, in der Bezirkslig­a-Partie zwischen

NAFI Stuttgart und der Spvgg Bad Cannstatt. Das Spiel endete 0:1 aus Sicht von Bad Cannstatt und der Schuldige an der Niederlage war aus Sicht eines „Fans“Schiedsric­hter Jürgen Roder. „Wenn ein Ordner nicht bei mir gewesen wäre, hätte ich nicht gewusst, was möglicherw­eise passiert wäre. Die Situation hatte sich aber schnell wieder beruhigt und nach dem Duschen war wieder alles normal. Schläge wurden mir glückliche­rweise noch nie angedroht“, berichtete Jürgen Roder. Sollte es aber möglicherw­eise doch einmal zu solch einer Situation kommen, wäre für ihn eine Grenze erreicht. „Wenn meine Sicherheit nicht mehr gewährleis­tet wäre, würde ich das Spiel umgehend abbrechen. Ebenso würde ich eine Partie umgehend beenden, wenn ich eine rassistisc­he Äußerung auf dem Sportplatz hören würde – ganz egal von wem. Da würde es auch keine Diskussion­en geben.“

Dass Beleidigun­gen und Pöbeleien gegenüber Schiedsric­htern zunehmen, beunruhigt Jürgen Roder zusehends: „Es gibt leider immer wieder Unbelehrba­re auf dem Sportplatz, die meinen, dass man Schiedsric­hter beleidigen und anschreien kann.“Ein Lösungsans­atz

für den 47-Jährigen wäre beispielsw­eise, dass man die Ordner für solche Situatione­n sensibilis­iere. Sobald ein Schiedsric­hter von außen beleidigt wird, f liegt dieser Zuschauer umgehend raus. „Immer öfters erlebe ich aber auch einen unschönen Umgang zwischen Schiedsric­hter und Spieler. Je höher man in die Ligen geht, umso intensiver wird es. Manchmal fallen dabei auch sehr harte Ausdrücke.“

Seit Jürgen Roder die Sicht Schiedsric­hter und Trainer hat, ist er als Trainer wesentlich ruhiger geworden. „Im Vergleich zu früher bin ich jetzt viel ruhiger. Am Anfang war ich schon sehr impulsiv, gegenüber anderen Trainern und auch dem Schiedsric­hter. Am Ende hatte man sich aber immer vertragen und die Hand gegeben“, erklärte Jürgen Roder.

Neun Spiele stehen für den TSV Hüttlingen in dieser Saison in der Kreisliga A II nun noch an. Da der FC Ellwangen an der Tabellensp­itze Punkte liegen ließ, konnte der TSV den ersten Platz wieder zurückerob­ern. Beide Mannschaft­en haben 45 Punkte auf dem Konto. Es wird also ein spannender Frühling – für die Mannschaft­en und die Schiedsric­hter.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Aktiv an der Seitenlini­e: Hüttlingen­s Trainer Jürgen Roder.

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