Der Kampf gegen das Kiffen
Bayern erwägt Cannabis-Verbote auf Volksfesten – Südwesten will Tabuzonen prüfen
- Nach der Teil-Legalisierung von Cannabis will Bayern die öffentlichen Räume zum Kiffen so weit wie möglich einengen: Volksfeste – allen voran die Wiesn – sollen nach Möglichkeit komplett cannabisfreie Zonen werden. Zudem prüft die Staatsregierung ein Kiff-Verbot im Englischen Garten in München. Auch Biergärten und Außengelände von Gaststätten könnten grundsätzlich zu Tabuzonen für Cannabis werden. Konkret beschlossen wurde in der Kabinettssitzung am Dienstag zunächst noch nichts, wie Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) anschließend sagte. Alle Vorschläge würden aktuell noch im Detail geprüft. Zudem wolle man, da im Bundesgesetz der Aspekt des Jugendschutzes aus bayerischer Sicht viel zu kurz komme, die bayerischen Regelungen „anpassen“. Die Ministerien prüften deshalb weitere Cannabis„Beschränkungsmöglichkeiten“, die bei nächster Gelegenheit, möglicherweise kommende Woche, beschlossen werden sollten. Ähnliches plant auch der Südwest-Innenminister Thomas Strobl (CDU).
Welche Verbote sind in Bayern bei Volksfesten geplant?
Konkret stellte Herrmann eine Regelung in Aussicht, damit Kommunen eigenständig cannabisfreie Zonen einrichten können – so wie es bisher schon bei Alkoholsperrzonen möglich sei. Und er fügte hinzu: „Was dann auch eine Lösung wäre beispielsweise für Volksfeste oder für das Oktoberfest, wie ja auch von der Branche erwartet wird.“Tatsächlich enthält das Cannabis-Gesetz für Volksfeste keine Regeln. Viele Veranstalter verwiesen aber schon auf die Vorgabe, dass Cannabis-Konsum in unmittelbarer Nähe von Kindern und Jugendlichen nicht erlaubt ist – und Volksfeste seien nun einmal Familienfeste.
Der Münchner Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) sagte schon vor der Kabinettssitzung: „Das Gesetz sagt, Kinder und Jugendliche sind zu schützen. Daraus schließe ich: Wiesn und Kiffen geht nicht zusammen.“Der Vorsitzende des süddeutschen Schaustellerverbandes, Lorenz Kalb, argumentierte dagegen, die gesetzliche Grundlage sei nicht ausreiBeispiel
chend – man habe deshalb den Landtag und auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angeschrieben. „Auf Volksfesten hat Cannabis nichts zu suchen. Wir haben spätestens alle 60, 70 Meter ein Kindergeschäft“, sagte er.
Plant auch der Südwesten solche Tabuzonen?
Baden-Württemberg prüft ein Verbot von Cannabis an bestimmten öffentlichen Orten – etwa auf Volksfesten oder in Parks. Das sagte Südwest-Innenminister Thomas Strobl auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. „Die Legalisierung von Cannabis durch die Ampel ist von Anfang bis Ende handwerklich verkorkst. Länder, Kommunen, Polizei, Justiz und die Ordnungsbehörden müssen den Schlamassel dieses Bürokratiemonsters nun ausbaden“, sagt Strobl. Er wolle deshalb Städte und Gemeinden unterstützen, „um das gewohnte Maß an Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger im öffentlichen Raum auch weiterhin zu gewährleisten. Das prüfen wir jetzt ganz genau und schauen, was rechtlich möglich ist.“
Was sagt die Rechtslage zu solchen Verboten?
Rechtlich sind solche Regeln aber nur über Umwege möglich. Denn der Bund hat in seinem Gesetz keine Möglichkeit für die Länder vorgesehen, Cannabis-Verbotszonen auszuweisen, wie es sie zum
für das Tragen von Messern gibt. Zwar können Städte und Gemeinden in bestimmten Bereichen den Genuss von Alkohol untersagen – dazu müssen sie aber mit Daten belegen, dass dort viele Straftaten begangen werden. Solche Daten fehlen jedoch im Fall von Cannabis naturgemäß noch. Der Freistaat nutzt daher etwa Regeln zum Gesundheitsschutz, um dennoch Verbote auszusprechen.
Kann es auch im Biergarten zu Verbotszonen kommen?
In Biergärten und in Außenbereichen von Gaststätten könnte schon deshalb faktisch ein KiffVerbot greifen, weil Cannabis nicht in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen konsumiert werden darf – und deren Anwesenheit in einem Biergarten nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Erwogen wird nun, dies im Gesundheitsschutzgesetz – dort ist das bisherige allgemeine Rauchverbot geregelt – entsprechend aufzunehmen.
Wie ist die Stimmungslage in der Bevölkerung?
Jeder zweite Bundesbürger will keinen Cannabis-Rauch in der Gastronomie. Auf die Frage, welche Regeln die Wirte von Biergärten, Cafés, Kneipen oder Restaurants für die neuerdings legalisierte Droge aufstellen sollen, sagen 48 Prozent, Cannabis solle in der Gastronomie „gar nicht erlaubt sein“. Weitere 14 Prozent sind der Meinung, Cannabis solle nur in bestimmten Lokalen erlaubt sein. Dies ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. Einverstanden mit Cannabis-Konsum in der Außengastronomie – also etwa in Straßencafés oder Biergärten – sind 17 Prozent. Ebenfalls 17 Prozent sagen, Wirte sollten ihren Gästen das Rauchen überall dort erlauben, wo auch bisher schon Zigaretten geraucht werden durften.
Wie hoch fallen die Bußgelder aus?
Für die Verhängung von Bußgeldern für Gesetzesverstöße sind die Behörden in den Ländern zuständig. Und für die bayerischen Behörden soll ein Bußgeldkatalog des Gesundheitsministeriums als „Richtlinie“dienen. 1000 Euro Bußgeld drohen demnach für das Kiffen in Gegenwart von Kindern oder Jugendlichen, 500 Euro Bußgeld für das Kiffen in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr, in Schulen und deren Sichtweite oder auf Kinderspielplätzen und in deren Sichtweite. Gleiches gilt für Kinder- und Jugendeinrichtungen und öffentlich zugängliche Sportstätten. Und wer etwas mehr als die erlaubte Menge Cannabis besitzt oder mit sich führt, muss im Freistaat mit einem Bußgeld zwischen 500 und 1000 Euro rechnen.