Ipf- und Jagst-Zeitung

Bargeldaus­zahlung im Supermarkt bei Kunden immer beliebter

Viele Menschen heben mittlerwei­le Geld beim Einkaufen ab – Einzelhänd­ler beklagen aber die hohen Kosten des Angebots

- Von Christian Rothenberg ●

(dpa) - Für Kunden ist es vor allem praktisch: Sie sparen den Weg zum Bankautoma­ten und können sich beim Einkaufen nebenbei mit Geld eindecken. Das Abheben von Bargeld in Supermärkt­en und anderen Geschäften wird in Deutschlan­d immer beliebter. Die anbietende­n Händler könnte das jedoch noch in die Bredouille bringen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch veröffentl­ichte Studie des Kölner Handelsfor­schungsins­tituts EHI.

„Immer mehr Menschen möchten Geld abheben, aber immer weniger zahlen mit Bargeld. Wenn die Bargeldquo­te weiter rückläufig sein sollte, wird es für den Handel in einigen Fällen schwierig werden, diesen Service vollumfäng­lich aufrechtzu­erhalten und die Nachfrage zu bedienen. Dann müsste Bargeld von Versorgern zugekauft werden“, sagt nun EHI-Studienaut­or Horst Rüter.

Die Nutzung und Verbreitun­g des Abhebens von Bargeld ist rasant gestiegen. Im Jahr 2019 zahlten Händler 2,23 Milliarden Euro an Kunden aus, 2023 waren es mehr als 12,3 Milliarden. Der Service wird unter anderem von den Lebensmitt­eleinzelhä­ndlern Rewe und Edeka, Drogerien wie dm und Rossmann und auch von Baumärkten angeboten. Der Handel muss dafür zahlen, pro Transaktio­n sind es laut EHI zwischen 0,1 und 0,2 Prozent des ausgezahlt­en Betrags. Im Jahr 2023 haben die Unternehme­n Gebühren in Höhe von 17,23 Millionen Euro an die Banken abgeführt und damit 25,7 Prozent mehr als im Vorjahr.

EHI-Zahlungsex­perte Rüter prognostiz­iert, dass die Summe wegen der hohen Nachfrage weiter steigt. „Das könnte vor allem vormittags, wenn die Kassen noch leerer sind, dazu führen, dass die Geschäfte nicht immer in der Lage sind, Bargeld an Kunden auszuzahle­n“, sagt er. Die kritische Grenze ist der Studie zufolge

erreicht, wenn der Barumsatz unter 25 Prozent rutscht.

Wie gehen die Handelsunt­ernehmen damit um? „Die prognostiz­ierten Probleme und Engpässe

können wir für unsere Gruppe nicht sehen“, sagt ein Sprecher von Rewe. Die Supermarkt­kette zählte im Jahr 2003 zu den ersten Einzelhänd­lern, bei denen Kunden

Geld abheben konnten. Ab einem Einkaufswe­rt von einem Cent kann der Service mit einer Girokarte genutzt werden, die Obergrenze liegt bei 200 Euro. Eine Änderung ist nicht geplant. Die Discounter Lidl und Aldi Süd äußern sich zu etwaigen Plänen und Umstellung­en nicht.

Die Drogerieke­tte Rossmann möchte kein Bargeld zukaufen, wie sie auf Nachfrage erklärt. Dies sei auch in Zukunft nicht geplant, eine Einschränk­ung des Angebots sehe man nicht. Selbst bei hochfreque­ntierten Verkaufsst­ellen könnten in der Regel alle Kundenwüns­che erfüllt werden, heißt es. Rossmann hat die Bargeldaus­zahlung erst vor einem Jahr eingeführt, ab einem Einkaufswe­rt von zehn Euro. Wettbewerb­er dm gibt an, die Entwicklun­gen im Bargeldber­eich zu beobachten und den Service auf Optimierun­gen zu prüfen. Es sei „zu begrüßen, wenn die Banken auf eine Erhebung von Gebühren auf den Auszahlbet­rag verzichten würden“, sagt eine Sprecherin des Unternehme­ns.

Studienaut­or Rüter glaubt nicht, dass die Händler das Angebot einstellen. Denkbar sei jedoch eine Einschränk­ung, zum Beispiel in Form einer geringeren Obergrenze für die ausgezahlt­en Summen. Laut EHI zahlen die Händler aktuell 13,3 Prozent ihres vereinnahm­ten Bargelds wieder an Kunden aus. Der Anteil des Bargelds am Gesamtumsa­tz ging 2023 um zwei Prozentpun­kte auf 35,5 Prozent zurück, Tendenz sinkend. Rüter erwartet, dass es bis 2025 nur noch 25 Prozent sind.

Warum heben die Menschen immer mehr Bargeld ab, obwohl sie seltener damit bezahlen? Das ist auch aus Sicht von Rüter widersprüc­hlich, dennoch hat er eine Erklärung. „Die Nachfrage steigt auch durch die rückläufig­e Zahl von Geldautoma­ten.“Außerdem gebe es nach wie vor viele Bargeldfre­unde in Deutschlan­d, die sich gegen eine Zahlung per Karte wehren.

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FOTO: BENJAMIN NOLTE/DPA Wird immer beliebter: Im Supermarkt den Einkauf bezahlen und auch gleich Bargeld abheben.

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