Ein bisschen neu
Apple stellt das iPhone 7 vor. Der Lack ist zwar dran, aber irgendwie auch ein bisschen ab.
Chance vertan, so könnte das knappe Resümee der Veranstaltung lauten. Jetzt wo die Smartphones des großen Konkurrenten brennen wie sonst nur die abgefackelten Autos in Kreuzberg, wäre die einmalige Chance gewesen, ein iPhone vorzustellen, das die Welt noch nicht gesehen hat. Stattdessen gibt es ein iPhone, das sich hinten im schwarzen Klavierlack präsentiert und vorne in altbackener Optik langweilt. Kacheln, wohin der Finger nur streicht und ein Display, dessen schwarze Umrahmung so zeitgemäß erscheint wie Omas Ado-Gardine mit der Goldkante. Zugegeben, alle Freunde des Minimalismus werden beim iPhone 7 voll auf ihre Kosten kommen. Allen anderen jedoch bleibt nichts weiter übrig, als schnell den Campingplatz vor dem nächsten Apple Store zu stornieren und zu hoffen, dass der Sommer 2017 schnell enden möge. Aber vielleicht sind wir ja auch alle Opfer unserer eigenen Erwartungshaltung. Ständig auf der Suche nach dem neuen Kick. SmartphoneJunkies mit Genickstarre und chronischer Hornhautbildung auf dem Zeigefinger. Schon der Begriff Zeigefinger ist so alt wie das bisschen Neu, das hier vorgestellt wurde. Tippfinger wäre wohl zutreffender. Oder Wischfinger. Aber nicht Zeigefinger. Weiß doch keiner mehr, was gemeint ist. Und doch hilft es an dieser Stelle, den Wischfinger noch einmal in seiner ursprünglichen Funktion zu verwenden und in die Vergangenheit zu zeigen. Auf das gute alte Telefon mit Wählscheibe. Der „Fernsprechtischapparat 61“, abgekürzt FeTAp 61 war seit 1961 auf dem Markt. Das Telefon war handlicher und leichter als sein Vorgängermodell. Produziert wurde der FeTAp 61 zuerst nur in Kieselgrau. Nach einer Umfrage 1970 wurden die Farben Ockergelb, Lachsrot, Orange und Farngrün eingeführt. Der FeTAp 61 war bis 1989 das aktuelle Modell. Das sind immerhin knapp dreißig Jahre. Und weitere neun bis zur ersten Umfrage mit anschließendem Farbwechsel. Da kann Tim Cook doch ruhig mal drei Jahre auf der Kriechspur entschleunigen. Die ganzen Raser aus Fernost entspannt vorbeiziehen lassen. Abgerechnet wird zum Schluss. Und dass einem da ein ganz klein wenig Schadenfreude hochkommt, mag dem Tim Cook doch keiner verübeln. Eben noch kamen sie von hinten und haben ihn mit der Lichthupe ins Kiesbett gedrängt und jetzt stehen sie Schlange an der Notrufsäule, während ihre heißen Kisten auf dem Seitenstreifen ausdampfen. Dann lieber in neun Jahren von Kieselgrau zu Diamantschwarz. Und selbst wenn uns die nächsten einundzwanzig Jahre nur Lachsrot, Orange und Farngrün bringen. Sei’s drum. Wir packen uns Pharrell Williams ins Auto oder wer da sonst noch so am Straßenrand steht und den Daumen in den Wind hält. Kurbeln die Scheiben runter, trotzen allen Dränglern mit entspanntem Müßiggang im Schritttempo und erfreuen uns an den kleinen Dingen des Lebens: ein Waschbär im Zwielicht, einen lustigen Stöpsel im Ohr oder den einen oder anderen Kopfhöreranschluss, der plötzlich sang und klanglos in der Abendsonne verschwindet.