Test: iPad Pro
Höchstleistung in Kompaktform. Alle iPads im Vergleich.
Vor mehr als einem einem Jahr folgte auf das große iPad Pro mit 12,9-Zoll-Display zuerst die kleine Variante mit der seit dem allerersten iPad von 2010 bekannten Bildschirmdiagonalen von 9,7 Zoll. Beim nächsten Update ersetzt Apple eben dieses Gerät durch ein neues iPad Pro mit 10,5 Zoll großem Bildschirm.
Natürlich hat dabei auch das große iPad Pro ein Update getreu dem Motto „höher, schneller, weiter“erhalten. Wir widmen uns aber zunächst einmal ausführlich dem kleineren Modell, das sich offenkundig am meisten verändert hat.
Design
Das neue iPad Pro ist genauso dick und nur marginal schwerer als sein Vorgänger. Obwohl es etwas größer ist, merkt man im Alltag praktisch keinen Unterschied, solange man die Geräte nicht nebeneinander hält. Die neuen Maße sind wenig überraschend durch die neue Bildschirmgröße bedingt. Dabei dämmt Apple das Wachstum dadurch ein, dass der Rand erneut schmaler geworden ist.
Das veränderte Format bringt natürlich eine weniger schöne Neuigkeit mit sich: maßgeschneidertes Zubehör für das iPad Pro 9,7-Zoll passt dem neuen Gerät nicht mehr.
Technik
Bei der Runderneuerung der iPad-Pro-Modelle ist keines der geliebten Features auf der Strecke geblieben. Es hat immer noch ein Retina-Display mit „True Tone“, einer Technologie, die nicht nur die Helligkeit, sondern auch die Temperatur des Umgebungslichts registriert und den Bildschirm entsprechend anpasst, ein breites Farbspektrum (P3 Wide Color Gamut) und ein vollständig laminiertes LCD, so dass es sich tatsächlich so anfühlt, als könnte man die einzelnen Pixel berühren. Außerdem fehlen natürlich auch die Antireflexionsschicht, die dafür sorgt, dass das iPad auch bei direkter Lichteinstrahlung möglichst gut benutzbar bleibt, ebenso wenig wie die oleophoben Eigenschaften, die hässlichen Fingerabdrücken auf dem Display entgegenwirken.
Die um fast genau 2 cm angewachsene Bildschirmdiagonale macht sich in einem Mehr an Pixeln bemerkbar. 2224x1668 davon bietet das neue iPad Pro, während der Vorgänger mit 2048x1536 auskommen musste. Die Pixeldichte indes ist gleich geblieben, so dass Objekte auf dem alten und neuen iPad Pro gleich groß dargestellt werden. Oder anders ausgedrückt: auf dem neuen iPad Pro hat man mehr Platz. Entwickler, die auf Apples seit der WWDC 2014 regelmäßig wiederholten Ratschlag, doch bitte
auflösungsunabhängig zu programmieren, hören, haben kein Problem. Apps, die es nur in auflösungsspezifischen Versionen gibt, werden etwas gestreckt, um den Bildschirm zu füllen, was vermutlich nur dem geübten Auge wirklich unangenehm auffällt.
Ebenfalls neu ist der Prozessor im iPad Pro. Bei Apple gibt es die schöne Tradition, sich für die neuen iPads einfach den Vorjahres-iPhone-Prozessor zu schnappen und diesen zu modifizieren. Das ist auch diesmal geschehen und so heißt die aufgebohrte Variante des iPhone-7-Chips A10X Fusion. Wie schon von den letzten beiden Iterationen des iPad Pro bekannt, aber dennoch nicht weniger bemerkenswert, kann es auch dieser Chip mit einer ganzen Reihe von Desktop-CPUs leicht und locker aufnehmen. Das muss bei einem Gerät, das Apple ganz klar als Laptop-Ersatz platziert, allerdings auch so sein. Alles andere wäre eine Enttäuschung.
ProMotion
Die größte Neuerung der diesjährigen iPad-ProModelle ist allerdings etwas, das man gar nicht bewusst sieht. Das Display des iPad Pro bietet nun eine Bildwiederholfrequenz von 120 Hertz, doppelt soviel wie zuvor. Die Hertz-Zahl gibt an, wie oft sich die Pixel auf dem Bildschirm pro Sekunde ändern können. Eine höhere Frequenz bedeutet weniger Verzögerungen und weniger Unschärfe, zum Beispiel beim schnellen Scrollen. Eine höhere Bildwiederholfrequenz lässt sich bewegende Objekte auf dem Display echter wirken. Besonders wichtig wird das im Zusammenspiel mit dem Apple Pencil. Das Zeichnen und Schreiben mit Apples Stylus hat sich schon vom ersten Tag besser als bei allen Konkurrenzprodukten angefühlt. Mit diesem neuen Display wird die Latenz beim Zeichnen mit dem Pencil von 40 auf 20 Millisekunden halbiert. Nun mag man bezweifeln, dass man den Unterschied zwischen ohnehin schon so winzigen Zahlen überhaupt wahrnehmen kann. Wer das behauptet, irrt! Der Umgang mit dem Apple Pencil fühlt sich mit diesem neuen iPad Pro noch einmal deutlich mehr nach Schreiben auf Papier an. Verzögerungen sind praktisch überhaupt nicht mehr auszumachen.
Mit ProMotion hat Apple die Bildwiederholfrequenz allerdings nicht nur angehoben, man hat sie außerdem auch noch gesenkt. Was auf den ersten Blick widersinnig wirkt, ist eigentlich ziemlich genial. Das iPad Pro kann zwischen verschiedenen Frequenzen unterscheiden und wählt selbstständig diejenige, die für den aktuell angezeigten Bildschirminhalt am besten ist. Wenn Sie beispielsweise einen Film am iPad Pro schauen, wird es nicht mit 120 Hz, sondern in einem auf die Bildwiederholfrequenz des Videos angepassten Modus operieren. Wenn Sie einen Text lesen, wird die Frequenz noch weiter runtergeschraubt. Der Grund für dieses Vorgehen liegt auf der Hand: Mehr Bilder pro Sekunden beanspruchen die Hardware mehr und sorgen dafür, dass der Akku schneller entleert wird. Die dynamische Anpassung hilft dabei, mit einer Akku-Ladung gut durch den Tag zu kommen.
Für die Erkennung der Bildschirminhalte und die darauf angepasste Steuerung der Bildwiederholfrequenz verbaut Apple übrigens einen eigenen, gesonderten Chip.
Enorme Leistung
Ein „Pro“-Gerät verdient den Namenszusatz „Pro“eigentlich nur dann, wenn auch wirklich Profis damit arbeiten können. Für Apple bedeutet das, dass sich auch Kreative an dem Gerät austoben können müssen, ohne dass es in die Knie geht. Um dies zu erreichen, hat Apple dem neuen iPad Pro wie auch schon zuvor eine Variante des Vorjahresprozessors aus dem iPhone verpasst. So wird diesmal aus dem „A10 Fusion“ein „A10X Fusion“. Dabei macht Apple den Sprung von vier auf sechs CPU-Kerne und verdoppelte die Anzahl der GPU-Recheneinheiten von sechs auf zwölf im Vergleich zum Vorjahresmodell.
Dabei laufen, wie wir das schon vom A10 Fusion im iPhone kennen, nicht alle Kerne unter Volllast. Nur drei der Kerne sind als echte Arbeitstiere vorgesehen, während die anderen drei leichtere Aufgaben übernehmen und so den Akku schonen.
Diese Arbeitsteilung kennen Besitzer von Android-Geräten schon länger, wobei es allerdings einen Unterschied gibt: Während es bei AndroidGeräten möglich ist, alle verfügbaren Kerne parallel zu nutzen, unterscheidet Apple hier klar. Entweder es laufen die Hochleistungs-CPUs oder eben die für die anspruchsloseren Aufgaben. So stellt sich das iPad gegenüber Entwicklern im Übrigen auch nicht als Gerät mit sechs, sondern mit drei Kernen dar.
Im Vergleich mit Android-Geräten sorgt das aber für keinen Nachteil. Apples hauseigene Chips sind denen der Konkurrenz seit Jahren massiv überlegen, so dass man echte Gegner nur im Bereich von Laptops findet, wie unsere Grafik deutlich macht.
Pro vs. Standard
Da Apple gerade erst das Standard-iPad aktualisiert hat, lohnt es sich zu fragen „Wann ist ein Pro ein Pro?“. Folgende Aspekte unterscheiden das iPad
Pro von seinem „normalen“Pendant: ein größerer, bessere Bildschirm; ein schnellerer und leistungsstärkerer Prozessor; die Möglichkeit, eine Tastatur über den seitlichen Smart Connector anzubinden; vier Lautsprecher; die Kompatibilität zum Apple Pencil; und das bessere Kamera-System (nämlich das aus dem iPhone 7).
Obwohl das iPad Pro dem iPad in allen belangen überlegen ist, ist das einfache iPad kein schlechtes Gerät. Tatsächlich ist es mehr als ausreichend für das, was die meisten Menschen damit machen: Mails lesen und schreiben, im Web surfen, Filme gucken, Musik hören oder lesen. Und das ab 399 Euro, während man für das iPad Pro mindestens 729 Euro auf den Tisch legen muss. Wer nicht weiß, was er mit dem Mehr an Power des iPad Pro anfangen soll und wer auch mit dem Apple Pencil mangels kreativem Talent nichts zu tun haben möchte, für den bleibt das bessere Display als kaufentscheidender Faktor. Und wem dieser dann keine 330 Euro Preisdifferenz wert ist, der ist auch weiterhin mit dem StandardiPad gut bedient.
Groß oder doch lieber größer?
Wer hingegen nach immer mehr Power lechzt, sich also für das iPad Pro entschieden hat, steht vor der nächsten kniffligen Entscheidung: Welches Display soll es sein? Zur Auswahl stehen Bildschirmdiagona
len von 10,5 und 12,9 Zoll. Ansonsten sind die Geräte technisch praktisch identisch. Das iPad Pro mit dem kleineren Bildschirm ist deutlich portabler. Man kann es in der Hand mit sich herumtragen, während man mit dem großen iPad Pro stets das Gefühl hat, eine Tasche mit sich führen zu müssen, um es zu transportieren. Und wenn man ohnehin eine Tasche oder einen Rucksack dabei hat, dann kann man eigentlich auch gleich das MacBook mitnehmen.
Deshalb ist die Empfehlung hier auch eindeutig: Wenn Sie den Großteil Ihrer täglichen Aufgaben auch mit einem iPad erledigen können oder wenn Sie beim Arbeiten auf einen größtmöglichen Bildschirm angewiesen sind, dann ist das 12,9-ZollModell als MacBook-Ersatz das richtige für Sie. Wenn das iPad für Sie ohnehin nur eine Ergänzung zu Ihrem eigentlichen Arbeitsgerät, dem Mac, sein kann, können Sie sich die Preisdifferenz von 170 Euro zwischen den verschiedenen iPad-Pro-Größen sparen oder lieber in mehr Speicherplatz oder ein LTE-Modul investieren.
iPad und iOS 11
Neben der reinen Leistung der Hardware, bedeutet auch das Update auf iOS 11 noch einmal einen großen Leistungsschub. Mit neuen Bedienkonzepten rund um Multitasking, Drag & Drop, neues Dock und eine Abwandlung der vom Mac bekannten „Spaces“ist klar, dass diese iPad-Pro-Modelle erst mit iOS 11 so richtig aufblühen werden. Davon profitieren freilich auch ältere iPad-Modelle. Für Nutzer von Apples Tablets gehört das Update auf iOS 11 jedenfalls zum absoluten Pflichtprogramm. Mehr zum Einsatz von iOS 11 auf iPads lesen Sie übrigens im Praxisteil dieses Hefts ab Seite 182.
Fazit
Das aktuelle iPad Pro 10,5 Zoll ist ein beeindruckendes Gerät, wenn man seine Stärken zu nutzen weiß. Den meisten Menschen wird der Unterschied zum iPad Pro mit 9,7-Zoll-Display im Alltag allerdings kaum auffallen. Vermutlich bemerken sie nicht einmal das größer gewordene Display, bis man sie darauf hinweist, oder das neue Gerät Seite an Seite mit seinem Vorgänger präsentiert. Es spricht also vor allem Umsteiger vom normalen iPad oder anspruchsvolle iPad-Erstkäufer an.
Mit der neuen iPad-Pro-Generation gelingt es Apple einmal mehr, den ohnehin schon gigantischen technischen Vorsprung im Bereich der Tablets erneut auszubauen – auch wenn vieles davon nicht auf Hardware, sondern auf iOS 11 basiert.
Interessant ist dabei die Entscheidung, dass man beim iPad weiterhin auf „3D Touch“für druckabhängige Benutzereingaben und den Einbau der „Taptic Engine“für taktiles Feedback verzichtet. Aber irgendetwas muss man sich in Cupertino ja schließlich auch noch für die kommenden Jahre aufheben.