Ich kann alles – und zwar sofort
Wenn der Dönermann um die Ecke auch italienische Pizza und Sushi kann, ist er mir suspekt. Bei einem smarten Lautsprecher, wie dem HomePod, erwarte ich hingegen das volle Programm.
Warum aber der Unterschied? Das, was dem einen als Qualitätsmerkmal ausgelegt wird, heftet dem anderen als Makel an. Selbst wenn hier zugegebenermaßen Äpfel mit Dönern verglichen werden, sollte es erlaubt sein, über diese unterschiedliche Wahrnehmung kurz nachzudenken. Was gegebenenfalls sogar dazu führen kann, vorschnell gefällte Urteile zu revidieren. Apples HomePod, der gerade erst einmal Teile der Welt erblickt hat, wird bereits jetzt als der „dümmste aller smarten Lautsprecher“bezeichnet. Eine Auszeichnung, die in etwa auf der gleichen Stufe rangiert wie die „Goldene Himbeere“für die ungeschicktesten Filmschaffenden.
Was dem HomePod zur Last gelegt wird, ist unter anderem seine eingeschränkte Kompatibilität mit konkurrierenden, mehr oder weniger smart gesteuerten Systemen. Einfacher ausgedrückt: Was der HomePod nicht kennt, frisst er nicht. Sei es die SpotifyPlaylist für romantische Stunden am Kamin oder die aktuelle Pastewka-Staffel. Der HomePod sucht sich seine Freunde sehr gut aus. Da wo Alexa nahezu jedem Gast erst einmal weltoffen die Tür öffnet, zickt Siri divenhaft herum und rümpft verächtlich die Nase. Aber auch hier gilt das gleiche wie beim Dönermann: Weniger kann im besten Fall auch mehr sein. Zumindest in einer Sache sind sich nämlich alle bei ihrer Laudatio zur Verleihung der Goldenen Himbeere einig: Als Lautsprecher ist der HomePod immerhin unschlagbar. Selbst dann, wenn es eben nicht mehr darum geht, in der eigenen Urdisziplin durch herausragende Qualität zu überzeugen und die vermeintlichen Zusatzfunktionen immer mehr den Wert eines Produkts bestimmen. Manchmal kann es zumindest auch hilfreich sein, mit einem Telefon gut telefonieren, einem Auto gut fahren und einem Lautsprecher schlicht und einfach sehr gut Musik hören zu können.
Wobei der Grad zwischen exklusiver Einschränkung und restriktiver Ausgrenzung leider sehr schmal ist. Auf den Dönermann übertragen hieße das: Die italienische Pizza und das Sushi-to-go muss ich dort nicht haben. Wenn ich den Laden fortan aber nur noch mit Wasserpfeife betreten darf, dann pfeif ich auf die Exklusivität. Apple bewegt sich wie meist in der Grauzone zwischen diesen beiden Extremen.
Bis ich jedoch eines Besseren belehrt werde, halte ich mich zunächst an die Unschuldsvermutung. Was nichts anderes bedeutet als: im Zweifel für den Angeklagten. Ich freue mich also weiterhin auf den dümmsten aller smarten Lautsprecher, der ganz bestimmt besser klingen wird als alle anderen Quasselstrippen zusammen.