Spiel’s noch einmal, Tim!
200.000 Bilder in der Hosentasche, ein EKG fürs Handgelenk und viele, viele bunte Farben.
Wieder einmal hat Apple seine Flaggschiffprodukte zum gewohnten Termin runderneuert auf der diesjährigen Keynote im Steve-JobsTheater präsentiert. Was dabei rauskam: drei iPhones und eine Uhr. Das Publikum hat diese „besten iPhones, die Apple je gebaut hat“mit der branchenüblichen Hysterie überschwänglich begrüßt. Dennoch lässt sich nicht verleugnen, dass das Ende der Fahnenstange immer deutlicher zu sehen ist. Keine Zitrone lässt sich beliebig lang ausquetschen. Irgendwann ist auch der letzte
Saft herausgepresst. Auch wenn die Umsatzzahlen zunächst eine andere Vermutung nahelegen.
Der Smartphone-Markt bewegt sich kaum noch. Ein laues Lüftchen jagt das andere. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen sind die Wachstumsmöglichkeiten nahezu erschöpft, da alle relevanten Zielgruppen bereits das eine oder andere Modell besitzen und nachweislich immer weniger dazu bereit sind, das alljährliche Spielchen von „schöner, besser, größer“geflissentlich mitzumachen. Zum anderen lassen sich diese auch nicht ewig über ein wachsendes Display ködern, da die dazugehörige Hosentasche schlicht und ergreifend nicht grenzenlos mitwächst. Schon heute passt ein ausgewachsenes iPhone kaum noch in die Jacken- oder Hosentasche hinein. Auch wenn so manch einer berechtigt darauf hinweist, dass ein Gerät für 1.650 Euro dort sowieso nichts zu suchen habe.
Aber genau da beißt sich die Katze eben in den Schwanz. Apple präsentiert das iPhone als Allzweckwaffe, die zunehmend alle Aufgaben mit einem Wisch erledigen kann.
Mir vielleicht sogar Wünsche aus dem Gesicht abliest, derer ich mir selbst noch gar nicht bewusst bin. Das setzt aber voraus, dass ich es bedenkenlos in nahezu jeder Situation bei mir tragen kann. Wer sich diese Bedenkenlosigkeit bei einem Gerät dieser Preiskategorie jedoch leisten kann, der hat vielleicht einiges, aber bestimmt keine Wünsche mehr offen.
Sollte man zumindest meinen. Alle anderen müssen jetzt aber nicht traurig aus der Wäsche gucken. Apple wäre nicht Apple, wenn zum Schluss nicht doch noch ein kleineres Ding daher käme. Das iPhone Xr. Einzig und allein, weil sie es nicht übers Herz brachten, das „beste iPhone, das die Welt je gesehen hat“nur einem auserwählten Kreis dieser Welt zugute kommen zu lassen. Die „Economy-Version“ist für Jedermann gedacht, kommt Ende Oktober auf den Markt und ist in ihrer kleinsten Variante bereits für 849 Euro zu haben. So weit, so gut.
Trotz allem sollte aber nicht der falsche Eindruck entstehen, dass plötzlich wieder ein frischer Wind auf dem Smartphone-Markt weht. Die Leuchtraketen, die Apple gezündet hat, werden nur kurzfristig von der allgemeine Flaute ablenken. Auch die absehbar steigenden Umsatzzahlen, die der Konzern in naher Zukunft wieder veröffentlichen wird, täuschen nicht darüber hinweg, dass wachsende Displays und schnellere Prozessoren wahrhaft innovatives Denken nicht ersetzen können.