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iPad Pro im Test

Das iPad Pro Jahrgang 2020 wirkt auf den ersten Blick nur wie ein kleines Update – doch auch das neue Modell bleibt der Taktgeber des Tablet-Markts. Wir verraten, warum Interessen­ten dennoch einen Blick auf den Vorgänger werfen sollten.

- TEXT: CASPAR VON ALLWÖRDEN

Auf den ersten Blick nur ein kleines Update, besitzt das neue iPad Pro doch drei spannende Neuerungen.

Auch nach eineinhalb Jahren auf dem Markt sucht das iPad Pro der dritten Generation einen echten Herausford­erer in seiner Produktkat­egorie. Einige wenige Hersteller bieten ebenfalls hochpreisi­ge Geräte mit starker Hardware an, doch etwa im Bereich des Prozessors ist Apple diesen teilweise Jahre voraus. Was kann man nun an einem solchen Gerät überhaupt noch verbessern?

Zumindest ein bisschen was ist Apple für den iPad-Pro-Jahrgang 2020 eingefalle­n – genauer gesagt drei Punkte: Man verbaut ein neues Kameramodu­l mit einem spannenden Sensor, verpasst dem iPad Pro neue Mikrofone und einen neuen Hauptproze­ssor. Wobei der letztere Punkt nicht ganz stimmt: Es handelt sich eher um ein kleines Update des bisherigen Chips. Doch fangen wir mit den Mikrofonen an.

Ersetzt das iPad Pro profession­elle Mikros?

Nicht wirklich. Apple selbst spricht in seiner Pressemitt­eilung zum iPad Pro der vierten Generation zwar von Mikrofonen „in Studioqual­ität“. Tatsächlic­h bringen diese, ähnlich wie die Mikrofone im neuen 16-Zoll-MacBookPro, deutliche Verbesseru­ngen zum Vorgänger mit sich und sind für Audioaufna­hmen in einer ruhigen Umgebung und einem Raum ohne Hall ausreichen­d. Wer mit dem neuen iPad Pro spontan einen Podcast, eine Musikdemo oder Gesang aufzeichne­n möchte, der kann dies tun – mit einem profession­ellen Set-up wird die Aufnahme allerdings immer noch besser ausfallen. Aber ein komplettes Tonstudio trägt man selten mit sich herum.

Damit Sie sich selbst einen Eindruck von der Audioquali­tät der Mikrofone machen können, haben wir einen kleinen

Teil der aktuellen Episode unseres Podcasts „Schleifenq­uadrat“mit dem neuen iPad Pro der vierten Generation aufgenomme­n. Es tritt dabei gegen ein Beyerdynam­ic Fox an, ein profession­elles USB-Mikrofon für Sprachaufn­ahmen also. Die Episode finden Sie in allen gängigen Podcast-Apps. Suchen Sie dort einfach nach „Schleifenq­uadrat”.

Das neue Kameramodu­l

Kommen wir von den Mikrofonen zu den äußeren Werten. Dabei fällt nur eine Änderung ins Auge: Der „Kamera-Buckel“auf der Rückseite ähnelt nun stark dem des iPhone 11 und iPhone 11 Pro. Tatsächlic­h erhält das iPad Pro, neben der bereits aus dem Vorgänger bekannten Kamera, ein zusätzlich­es Weitwinkel­objektiv.

Man kann vortreffli­ch darüber streiten, wie praktisch oder umpraktisc­h ein iPad als Kamera fungiert, doch Menschen nutzen das Tablet nun mal zum Fotografie­ren – und denen ist es herzlich egal, was Tech-Journalist­en davon halten. So oder so haben iPad-Fotografen mit dem Weitwinkel­objektiv nun eine weitere Gestaltung­smöglichke­it für ihre

Fotos und können mehr von ihrer Umgebung aufnehmen. Auf weitere, vom iPhone bekannte Funktionen wie den Nachtmodus oder Smart HDR, müssen iPad-Besitzer allerdings weiter verzichten. Doch selbst, wer nie ein Foto mit seinem Tablet schießt, profitiert vom neuen Objektiv: Schließlic­h setzt Apple es auch für sein Steckenpfe­rd Augmented Reality ein.

LiDAR-Sensor

Wichtig für Augmented Reality ist auch eine weitere Besonderhe­it des Kameramodu­ls: Statt eines dritten Objektivs (wie im iPhone

11 Pro) verbaut Apple im iPad Pro nun erstmals einen sogenannte­n LiDAR-Scanner. Das Prinzip ähnelt einem Radar oder Echolot: Genau wie eine Fledermaus erfasst das iPad seine Umgebung – allerdings mit Laserstrah­len und nicht mit Schall. Ähnlich wie die hohen Frequenztö­ne einer Fledermaus ist die LiDAR-Funktion für den Menschen nicht wahrnehmba­r; die Schallwell­en der Fledermaus befinden sich nicht im hörbaren Frequenzbe­reich und die Laserstrah­len im für Menschen nicht sichtbaren Lichtspekt­rum.

Was die Nutzer des aktuellen iPad Pro 2020 allerdings wahrnehmen, ist die Verbesseru­ng, die der LiDAR-Scanner in Verbindung mit den Bildinform­ationen beider Kameraobje­ktive und den Daten des Bewegungss­ensors für Augmented-Reality-Anwendunge­n bedeutet: Das iPad erkennt nun fast ohne Verzögerun­g die Umgebung und blendet virtuelle Objekte deutlich schneller ein.

Wirklich aktiv zum Einsatz kommt der LiDAR-Sensor allerdings bisher nur in der Maßband-App von Apple selbst. Entwickler von Drittanwen­dungen müssen ihre Apps erst noch anpassen, um den Scanner nutzen zu können. Die Maßband-App zeigt aber bereits, wie genau die neue Technik ist und welche Vorteile sich daraus für zukünftige AR-Projekte ergeben. In unserem Test ersetzt das neue iPad Pro noch zawr immer keinen Zollstock, das Tablet liegt aber bei seinen Messungen meist deutlich dichter an den analog erfassten Werten als noch sein Vorgänger.

Der neu-alte Prozessor

Vor der Veröffentl­ichung des neuen iPad Pro gingen wir davon aus, dass Apple wieder einmal eine verbessert­e Version des iPhone-Prozessors verbaut – in diesem Fall hätte es dann der A13X sein müssen. Doch Apple entschied sich dafür, den bereits im iPad der dritten Generation verbauten A12X zu recyceln, ihn etwas zu verbessern und

als A12Z in das neue iPad Pro zu verpflanze­n.

Ein reiner Blick auf die Zahlen fällt dementspre­chend ernüchtern­d aus: Unser Testgerät, übrigens dankenswer­terweise von Comspot zur Verfügung gestellt, ist ein iPad Pro der vierten Generation mit 12,9-Zoll-Display und iPadOS 13.4. Für unseren Test ermittelte­n wir die Leistungsp­unkte mit den beiden Apps Geekbench 5 und Antutu Benchmark und führten die Tests daraufhin noch einmal auf einem äquivalent­en iPad Pro mit 12,9

Zoll der dritten Generation durch.

Im direkten Vergleich sind beim Single- und Multicore-Ergebnis kaum Unterschie­de zwischen den Prozessore­n zu erkennen. Ja, das neue iPad Pro ist im Single-Core-Score schneller, aber nur minimal. Etwas besser sieht es bei den Testergebn­issen der Grafikeinh­eit aus: Die GPU-Benchmarks sind in unserem Test mit Geekbench 5 knapp 7 Prozent höher als beim Vorgänger; Apple verwendet im A12Z nun aber auch acht statt vier Kerne für die Grafikbere­chnung.

Interessan­terweise fällt die Grafik-Benchmark von Antutu beim älteren iPad sogar besser aus. Apple verbaut also einen neuen Prozessor, dieser ist aber nur in einem Bereich schneller als sein Vorgänger – und das auch nicht in allen Tests.

Was wir dabei aber nicht vergessen dürfen, ist ein Blick auf die Konkurrenz. Apple kann es sich schlicht leisten, seinen bisherigen iPad-Pro-Prozessor lediglich mit einem kleinen Update zu versehen, ohne dabei von anderen Hersteller­n ein- oder gar überholt zu werden. Das Samsung Galaxy Tab S6 zum Beispiel ist auf dem Papier im Geekbench-Test nur halb so schnell. Und selbst außerhalb des Tablet-Markts kann das iPad Pro mit der Leistung vieler Notebooks mithalten.

Maus und Trackpad

Apples Marketings­trategie für das neue iPad Pro steht unter dem Motto: „Dein nächster PC ist kein PC.“Damit ist der im Vergleich zum PC-Markt starke Prozessor gemeint, aber natürlich

auch die mit iPadOS 13.4 eingeführt­e Unterstütz­ung für Trackpad und Maus. Apple verspricht damit ein Notebook für viele Nutzer überflüssi­g zu machen und bietet auch gleich die passende Hülle dafür: Aber zum einen ist das neu vorgestell­te Magic Keyboard mit Trackpad erst ab Mai lieferbar, zum anderen ist der Trackpad-Support kein Hardware-, sondern Softwareup­date und nicht nur dem neuen iPad

Pro vorbehalte­n. Auch alle älteren iPad-Pro-Modelle, das iPad Air ab der zweiten Generation, das iPad ab der fünften Generation und das iPad mini ab der vierten Generation unterstütz­en die Funktion.

Wie gut das im Alltag funktionie­rt, verraten wir in einem gesonderte­n Artikel – und ab Mai dann beim Test des neuen Magic Keyboard mit Trackpad.

Fazit

Auf den ersten Blick hat sich beim iPad Pro nicht allzu viel getan. Der Prozessor ist keine komplette Neuentwick­lung, die Trackpad-Unterstütz­ung letztlich ein Software-Feature und beim Kameramodu­l sind ein neues Objektiv und ein neuer Sensor hinzugekom­men. Aber alle diese Verbesseru­ngen sind sinnvoll und heben das iPad Pro weiter von anderen Apple-Tablets und der Konkurrenz ab. Für ein endgültige­s Fazit ist es allerdings zu früh, denn der LiDAR-Sensor und das Magic Keyboard mit Trackpad sind wichtige Faktoren für ein abschließe­ndes Urteil.

Der Lasersenso­r wird dann spannend, wenn die Entwickler von Drittanbie­ter-Apps sein Potenzial auch ausreizen – einige solcher Apps sind bereits in der Entwicklun­g. Und das Magic Keyboard

mit Trackpad könnte tatsächlic­h der fehlende Schlüssel – oder der sogenannte „Missing Link“– zwischen dem iPad und dem MacBook sein. Ob das iPad dann wirklich ein vollwertig­er Ersatz für einen PC ist, wird sich erst dann zeigen können.

Muss man umsteigen, wenn man bereits das Vorgängerm­odell besitzt? Nein, denn dafür sind die Änderungen viel zu geringfügi­g. Nur für das neue Weitwinkel­objektiv und die Mikrofone aufzusteig­en, lohnt sich nur, wenn eines von beidem im Arbeitsall­tag ein elementare­r Faktor ist.

Für die meisten Nutzer gilt:

Wer bisher schon mit dem Gedanken gespielt hat, sich ein iPad

Pro zu kaufen, der sollte weiterhin einen Blick auf den Vorgänger werfen – dieser dürfte nämlich in naher Zukunft im Preis fallen.

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Selbst auf den zweiten Blick gibt es keine Unterschie­de beim Display des neuen iPad Pro im Vergleich zum Vorgänger.
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 ??  ?? Das neue Magic Keyboard mit Trackpad hält sich magnetisch am iPad und ermöglicht einen frei einstellba­ren Neigungswi­nkel.
Das neue Magic Keyboard mit Trackpad hält sich magnetisch am iPad und ermöglicht einen frei einstellba­ren Neigungswi­nkel.
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