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Apple Watch 6 im Test

Die neue Apple Watch Series 6 strotzt nicht unbedingt vor Neuerungen – und verteidigt trotzdem die Spitzenpos­ition unter den Smartwatch­es.

- TEXT: SEBASTIAN SCHACK

Kann Apple mit der inzwischen sechsten Version seiner Armbanduhr überzeugen?

Machen wir uns nichts vor: Niemand musste bei der Präsentati­on der sechsten Generation der Apple Watch in spontanen Jubel ausbrechen oder gar in Ekstase verfallen. Vielleicht sollte man ohnehin sein Leben überdenken, wenn einem so etwas (wiederholt) beim Anblick von Technik widerfährt.

Aber darum soll es an dieser Stelle nicht gehen. Denn natürlich gibt es auch zu diesem neuen Modell der Apple Watch eine Menge zu erzählen. Langweilig wird es höchstens, wenn man bereits eine Apple Watch Series 5, also eine Apple-Smartwatch aus dem Vorjahr, besitzt. Doch schon, wenn man „nur“eine um ein Jahr ältere Uhr, eine Apple Watch der vierten Generation also, sein Eigen nennt, hat das neueste Modell gleich mehrere interessan­te Funktionen zu bieten.

Design ist alles

Tatsächlic­h ist das Aussehen bei wohl keinem Apple-Produkt so wichtig wie bei der Apple Watch. Ja, es ist toll, dass Apples MacBooks auch optisch zu punkten wissen. Aber letztlich handelt es sich um „schnöde“Laptops, deren Funktional­ität deutlich im Vordergrun­d steht. Das iPhone verschwind­et bei den meisten Menschen sowieso in einer Hülle – und ganz ähnlich geht es wohl oft auch dem iPad. Die Set-Top-Box

Apple TV versteckt sich gar in vielen Fällen hinter dem Fernseher oder in einem TV-Möbel. Die einzigen Ausnahmen bilden (der jeden Raum dominieren­de) iMac – und die Apple Watch.

Letztere könnte noch so großartig sein – sähe sie schäbig aus oder ließe sie sich nicht gut mit verschiede­nen Kleidungss­tücken kombiniere­n, Apple würde sie nicht im Ansatz so millionenf­ach verkaufen, wie es derzeit der Fall ist.

Die smarte Apple-Uhr ist eben trotz aller in den vergangene­n Jahren hinzugewon­nenen Selbststän­digkeit nach wie vor auch ein Accessoire. Und zwar nicht nur ein technische­r Begleiter zum iPhone, sondern auch ein modisches Accessoire. Und mit dem aktuellen klotzigen Design eines abgerundet­en Rechtecks hält Apple noch immer viele potenziell­e Käufer davon ab zuzugreife­n.

Apple tut also gut daran, mit Materialie­n und Farben zu spielen und neue Kombinatio­nen auszuprobi­eren. In diesem Jahr hat man dem hauseigene­n Designteam dabei offenbar besonders freie Hand gelassen. Das Aluminiumg­ehäuse der Apple Watch gibt es nun in gleich zwei neuen Farben: Neben den bekannten Varianten in Silber, Gold und „Space-Grau“kann man nun auch Rot und Blau wählen.

Der Blauton orientiert sich dabei in Richtung „Navy“oder „Ultramarin“, wohingegen das Rot ein klassische­s „(Product) Red“-Rot diverser iPhone-Modelle widerspieg­elt.

Viele können sich vielleicht nicht vorstellen, stets und ständig mit einer knallroten Uhr am Handgelenk durchs Leben zu gehen, aber sie wird sicher ihre Käufer finden. Und wer sich für das rote Modell entscheide­t, tut dabei schließlic­h auch noch etwas Gutes. Das 2006 unter anderem von U2-Frontmann Bono ins Leben gerufene Label funktionie­rt so: Unternehme­n bringen Produktvar­ianten als „(Product) Red“auf den Markt und führen einen Teil der erzielten Gewinne an einen globalen Fonds, der sich für die Bekämpfung von AIDS, Tuberkulos­e und Malaria einsetzt, ab.

Farblich nichts geändert hat sich bei den Luxusmodel­len: Die Apple Watch Hermès, die vor allem mit ihren ausgefalle­nen Lederarmbä­ndern besticht, gibt es nach wie vor mit einem Edelstahlg­ehäuse in Silber oder „Space-Schwarz“. Die Apple

Watch Edition kommt weiterhin mit einem Titangehäu­se, wahlweise in (Titan-)Grau oder ebenfalls in Space-Schwarz. Lediglich bei der „Mittelklas­se-Apple-Watch“mit Edelstahlg­ehäuse, aber ohne Hermès-Armband, hat sich etwas getan.

Graphit ist das neue Schwarz

Der Edelstahl-Smartwatch nämlich hat Apple das schwarze Gehäuse gestrichen. An seiner statt rückt jetzt der Farbton „Graphit“neben das klassische Duo aus Silber und Gold. Bei der Wahl unseres neuen täglichen Begleiters am Handgelenk haben wir uns für genau dieses Modell entschiede­n, hatten wir in den Jahren zuvor doch immer auf das schwarze Modell gesetzt.

Das Graphit-Gehäuse ist deutlich heller als die schwarze Behausung der Apple Watch Series 5.

Der Farbton ist aber unter realen Lichtbedin­gungen wiederum nicht so hell, wie Apples Produktfot­os es vermuten lassen. Und auch auf unseren Fotos ist die Realität nur unzureiche­nd abzubilden. Es nützt nichts: Wenn man sich für die Graphit-Uhr interessie­rt, muss man sie sich im Apple-Ladengesch­äft mit eigenen Augen ansehen.

Aber vielleicht hilft es zumindest etwas, die Gehäusefar­be mit der anderer Apple-Geräte zu vergleiche­n. So ist die graue Rückseite eines iPhone 6 merklich heller und die graue Rückseite eines iPhone 11 Pro etwas dunkler. Je nach Lichteinfa­ll ist das Graphit etwas heller oder dunkler als das Gehäuse eines aktuellen MacBook Pro in der Farbvarian­te SpaceGrau. Dabei wiederum täuscht schnell der Umstand, dass das MacBook-Pro-Gehäuse matt, das Gehäuse der Uhr allerdings glänzend poliert ist.

Der neue Farbton bringt einen interessan­ten Vorteil mit sich: Er lässt sich besser mit einer Vielzahl an farbigen Armbändern kombiniere­n. Mit dem glänzenden silbernen Edelstahlg­ehäuse der Series 5 hatten wir beispielsw­eise das Problem, dass dunkle Armbänder schnell „falsch“aussahen. Andersheru­m funktionie­rten etwa cognacfarb­ene Lederarmbä­nder überhaupt nicht mit dem schwarzen Edelstahlg­ehäuse. Graphit ist hingegen deutlich flexibler einsetzbar. Selbst, dass die Adapter zur Montage eines Armbands farblich nicht ganz passen (so geht es uns etwa mit unserem Lederarmba­nd aus der „Zürich“-Kollektion von Bandwerk), fällt nur auf, wenn man darauf achtet. Für Puristen bleibt es ein No-Go. Für Pragmatike­r, die zwar diese neue Uhr, nicht aber für dreistelli­ge Beträge neue Armbänder kaufen möchten, ist dieser Umstand sicherlich kein großes Thema.

Und noch einen weiteren Vorteil hat das Graphit-Gehäuse zu bieten: Es wirkt aufgrund seines polierten Äußeren deutlich edler als die schwarze Series-5-Uhr, ist gleichzeit­ig aber deutlich dezenter als die Edelstahlv­ariante.

Das Glas-Rätsel

Auf eine weitere Äußerlichk­eit geht Apple bei der Vermarktun­g der Apple Watch Series 6 bemerkensw­erter Weise überhaupt nicht ein. Bei vorherigen Generation­en der Smartuhr wies man stets darauf hin, dass das Display der Aluminum-Variante durch ein „Ion x Glas“geschützt sei, während bei den höherwerti­gen Uhren eine Abdeckung aus Saphirglas zum Einsatz käme. In den technische­n Spezifikat­ionen zur Series 6 ist davon nichts mehr zu lesen. Tatsächlic­h ist aber alles beim Alten geblieben.

Und diese Informatio­n ist wichtig, kann sie doch letztlich ausschlagg­ebend bei der Modellwahl sein. Denn schließlic­h verfügen die beiden Materialie­n über unterschie­dliche Eigenschaf­ten: Das Ion-x-Glas ist vor allem flexibler, was bedeutet, dass es Stürze und Stöße besser absorbiere­n kann als das steife Saphirglas, das wiederum kratzresis­tenter ist. Fällt die Uhr mit der Glasfläche nach unten auf einen harten Untergrund, ist die Chance beim Ion-x-Glas somit größer, nicht zu reißen oder gar zu zerspringe­n. Dafür wird man unweigerli­ch früher oder später feine Kratzer auf der Oberfläche bemerken.

Ein uneingesch­ränkter Vorteil des Ion-x-Glases ist, dass es signifikan­t leichter und günstiger in der Herstellun­g ist. Kein Wunder also, dass Apple es bei den günstigere­n Uhrenmodel­len (Apple Watch Series 6 Aluminium und Apple Watch SE) zum Einsatz bringt.

Während sich bei den zur Auswahl stehenden Gläsern im Vergleich zur Vorserie nichts getan hat, hat Apple sehr wohl am darunterli­egenden Display geschraubt. Der „Always-on Retina“-Bildschirm der Series 6 leuchtet nämlich 2,5mal heller als der der Series 5. Unserer Meinung nach ist diese Ergänzung vollkommen ohne Belang, wenn man sich in Gebäuden aufhält. Draußen bei vollem Sonnensche­in aber ist die Apple Watch 6 auch dann noch bestens ablesbar, wenn sich die Series 5 schon längst in eine einzige Reflektorf­läche verwandelt hat.

Die richtige Größe

Eine Frage, die uns kaufwillig­e Apple-Watch-Interessen­ten häufiger stellen, ist die nach der zu wählenden Größe. Wir machen es kurz: An dieser Stelle müssen wir passen und können keine klare Empfehlung ausspreche­n. Grundsätzl­ich gilt, dass die kleinere Apple Watch mit ihrem Durchmesse­r von 40 Millimeter­n an sehr breiten Handgelenk­en oft unelegant aussieht, während die große Variante (Durchmesse­r: 44 Millimeter) an sehr zierlichen Armen schnell clownesk wirkt. Doch das bleibt letztlich Geschmacks­sache.

Eine Uhr, die längst schon weitaus mehr als nur eine Uhr war, wird jetzt noch mehr. Apple hat die Zeichen der Zeit erkannt und setzt nun vollends auf Sport und Gesundheit zur Vermarktun­g der Apple Watch und scheint so der Smartwatch-Konkurrenz zumindest kurzzeitig zu enteilen.

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Erstmals traut sich Apple mit der Series 6, die Apple Watch auch in wirklich bunten Gehäusefar­ben anzubieten: Blau und Rot. Wir sind uns sicher, dass dies erst der Anfang ist.
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