Ein Stecker für alle Handys? EU muss sich entscheiden
Einheitliche Ladebuchsen würden zwar Müll sparen, hätten aber auch Nachteile
BRÜSSEL. Die EU-Kommission erwägt einen Eingriff in den Elektronikmarkt mit weltweiter Wirkung. Soll sie vorschreiben, dass Smartphones eine einheitliche Ladebuchse haben müssen?
Ein harter Kurs hätte zwei Dinge zur Folge: Die schnelle Dominanz des USB-C-Steckers, der sich gerade ohnehin bei neuen Android-Telefonen ausbreitet – und einen Konflikt mit Apple. Der iPhoneKonzern will seinen Lightning-Anschluss behalten und hält die heutige Lösung, dass man Kabel mit verschiedenen Steckern in die Standardbuchsen der Ladegeräte stecken kann, für völlig ausreichend.
Die Ladegerätefrage schwelt in EU-Institutionen schon lange. Vor mehr als zehn Jahren brachte die Kommission das Thema erstmals auf den Plan. 14 Hersteller – unter ihnen auch Apple – einigten sich in einer Selbstverpflichtung auf einen einheitlichen Standard für Handynetzteile. Bei den Buchsen in Smartphones und Tabletcomputern blieben von einst mehreren Dutzend Typen noch drei übrig: USB-C, Apples Lightning sowie Micro-USB, das in Android-Smartphones früher Standard war, jetzt aber nur noch in preisgünstigen Geräten vorkommt.
Das Europaparlament forderte die EU-Kommission nun auf, bis Ende Juli Vorgaben für
einheitliche Ladetechnik in Handys, Tablets, E-Book-Readern und ähnlichen Geräten zu machen. Das solle für weniger Elektroschrott sorgen. Das EU-Parlament verwies darauf, dass durch Ladegeräte 51 000 Tonnen Elektroschrott jährlich entstünden. Der freiwillige Ansatz habe die Erwartungen nicht erfüllt, musste auch die EU-Kommission einräumen.
Hersteller argumentieren, dass die Verbraucher ein Netzteil im Gerätekarton erwarteten. Zudem könnten sie damit die Sicherheit der Kunden
garantieren, die sonst vielleicht zu günstiger und potenziell gefährlicher Ladetechnik greifen würden.
Rein technisch gesehen bietet USB-C tatsächlich die Chance, erstmals mit einem einzigen Ladegerät und Kabel alle möglichen Geräte von Handys und Kameras über Smarthome-Technik und Tablets bis hin zu Notebooks zu laden. Dafür müssen allerdings Chips an den Akkus und in den Ladegeräten untereinander abstimmen, wie stark der Ladestrom ist.
Apple gibt zu bedenken,
dass sich weder Lightning noch USB-C etabliert hätten, wenn das technisch einfachere Micro-USB einst als Standard festgeschrieben worden wäre. Lightning-Buchsen nehmen etwas weniger Platz im Gerät ein, was dünnere Smartphones erlaubt.
Unklar ist, ob die EU auch vorschreiben könnte, dass Smartphones grundsätzlich eine Ladebuchse haben müssen. Einige Anbieter präsentierten bereits Modelle, die allein kabellos aufgeladen werden und auf Ladebuchsen verzichten.