Die Sehnsucht nach der Familie
Ein junger Mann aus Schierensee wollte endlich seine Wurzeln finden – daraus entstand der berührende Film „Heimreise“
SCHIERENSEE/KIRCHBARKAU. Bernd Thiele sucht seine Vergangenheit. „Es kann doch nicht sein, dass ich keine Mutter, keinen Vater habe oder die jeweils nicht sehen darf“, meint der 38-Jährige, der in Schierensee lebt. Also macht er sich mit einem Freund auf die Suche nach seinen Wurzeln. Was sie erleben, zeigt jetzt ein berührender Dokumentarfilm.
Bernd Thiele lebt in der Lebensund Arbeitsgemeinschaft Sophienlust. Er hat Probleme, die Buchstaben richtig zusammenzukriegen – eine Folge des Alkoholkonsums seiner Mutter in der Schwangerschaft. Aufgewachsen ist er in einer Pflegefamilie und im Heim. Doch seit der Pubertät ist da diese Sehnsucht zu erfahren, wo er herkommt. Wie seine Mutter, sein Vater ist, ob er andere Angehörige hat.
Er stellt Nachforschungen an, bekommt tatsächlich einen Brief von seiner Mutter. Doch bevor es zu einem Treffen kommt, stirbt sie. Die Sehnsucht nach seiner Familie bleibt bei Bernd Thiele.
Irgendwann dreht der Filmemacher Tim Boehme aus Kirchbarkau auf dem Hof Sophienlust. Dabei hört er von Bernd Thiele einen Satz, der ihm nicht mehr aus dem Kopf geht: „Ich fühle mich wie ein Klon.“Denn Bernd Thiele weiß nicht, wie seine Mutter aussah, wer sein Vater war. Ob es nur Einbildung ist, dass er eine Halbschwester hat, oder Realität. Es entsteht der Plan, gemeinsam nach Berlin zu fahren und nach den Wurzeln des jungen Mannes zu suchen. Sein bester Freund Joann Zeilemanns von Emmichhoven muss mit. Denn er hat einen tragbaren Computer, und den werden sie benötigen.
Der Film zeigt die Spurensuche in Berlin und das Wechselbad der Gefühle, in das diese „Heimreise“den 38-Jährigen katapultiert. Zehn bis 20 Prozent – so gering schätzen die beiden Männer ihre Erfolgschance
ein, noch Angehörige zu finden. Denn dass die Eltern bereits tot sind, wissen sie bei ihrer Abreise bereits. Auch Filmemacher Tim Boehme ist skeptisch. „Ich habe damit gerechnet, dass wir nach Berlin fahren und das Krankenhaus finden, in dem Bernd geboren ist, aber sonst nichts.“Doch dann bekommen sie Hilfe von einer Frau, die ihr Geld damit verdient, Personen aufzuspüren.
Bald ist klar: Bernd hat weitere Angehörige – und sie leben, und er darf sie kennenlernen. Plötzlich tut sich eine Familie auf. Die verstorbene Mutter bekommt ein Gesicht. Auf dem Friedhof findet Bernd Thiele zwar nur ihr anonymes Grab auf einem Rasen, „aber Hauptsache, sie spürt, dass ich da bin“. Am Ende konstatiert sein Freund und Arbeitskollege Joann trocken: „Du hast mehr Verwandte als ich.“Und Bernd Thiele fasst sein Glück in einem einzigen Satz zusammen: „Das Leben ist jetzt vollständig und nicht mehr so halb durchgeschnitten.“
Der Dokumentarfilm wird aber auch für Filmemacher Boehme zu einem besonderen Erlebnis. „Es ist ein großes Privileg, jemanden begleiten zu können, der die wichtigste Reise seines Lebens macht.“
Die „Heimreise“ist am Sonntag, 8. März, 19.30 Uhr, im Schauburg Filmtheater in Rendsburg, Schleifmühlenstraße 8, als Vorpremiere zu sehen. Um 19 Uhr gibt es einen Empfang mit den Protagonisten und dem Filmemacher. Die Kieler Nachrichten verlosen zehn mal zwei Eintrittskarten: Rufen Sie dafür heute um 15 Uhr unter 01805/ 565435 an (14 Cent/Minute bei angenommenen Anrufen). Jeder dritte Anrufer gewinnt.
Es kann doch nicht sein, dass ich keine Mutter, keinen Vater habe oder die nicht sehen darf. Bernd Thiele, suchte seine Familie