Koenigsbrunner Zeitung

Führt der Weg zurück zum G9?

-

Die CSU steht in der Debatte ums Gymnasium heftig unter Druck. Das könnte die Kehrtwende bringen

München Jahrelang wehrte sich die CSU mit aller Kraft und mit allen Mitteln: Es sollte keine Rückkehr zum neunjährig­en Gymnasium geben, weder vollständi­g noch teilweise. Dann aber kam die „Mittelstuf­e plus“– womit Schüler an ausgewählt­en Pilotschul­en die Mittelstuf­e nun wieder in vier statt in drei Jahren durchlaufe­n dürfen. Und die dortige „Abstimmung mit den Füßen“(so der Jubel der Opposition) ist eindeutig: Der weitaus größere Teil der Schüler und Eltern will wieder zurück zu einer neunjährig­en Gymnasialz­eit. Vollziehen Ministerpr­äsident Horst Seehofer und Kultusmini­ster Ludwig Spaenle (beide CSU) nun die Wende?

Die Vorgeschic­hte Es war eine umstritten­e Hauruck-Entscheidu­ng des früheren Ministerpr­äsidenten Edmund Stoiber (CSU): Zum Schuljahr 2004/05 ging das um ein Jahr verkürzte Gymnasium (G8) an den Start. Doch das Gymnasium blieb eine große Baustelle. Die Schüler würden überforder­t, hätten keine Zeit mehr für Sport, Musik und Ehrenamt – so die Hauptkriti­k.

Was bisher geschah Die CSU versuchte, den Dauerstrei­t mit einem neuen „Flexibilis­ierungsjah­r“zu lösen. Schüler sollten in der Mittelstuf­e freiwillig ein Zusatzjahr einschiebe­n und in dieser Zeit besondere Förderange­bote nutzen können. Doch das Angebot floppte. Dann, im Herbst 2014, der Paukenschl­ag: Erstmals zeigte sich die CSU offen für G-9-Züge am Gymnasium: für Schüler mit „pädagogisc­hem Bedarf“. Zum Schuljahr 2015/16 ging die sogenannte Mittelstuf­e plus an den Start – zunächst aber nur an ausgewählt­en Pilotschul­en. Dort können Siebtkläss­ler nun selber ihren Weg wählen. Die Regierung versprach, der Zugang werde keinesfall­s willkürlic­h begrenzt.

Der jetzige Stand Der Druck auf die CSU nimmt weiter zu: An den 47 Pilotschul­en, an denen die Mittelstuf­e plus erprobt wird, haben sich in diesem Jahr rund zwei Drittel der Siebtkläss­ler, und damit noch einmal mehr Schüler als im vergangene­n Jahr, für die längere Variante entschiede­n – da waren es „nur“60 Prozent. Das Ministeriu­m hatte lediglich mit einem Bedarf von ungefähr 25 Prozent gerechnet.

Was jetzt kommt Auf der Kabinettsk­lausur im Juli dürfte die Zukunft des Gymnasiums ein zentrales Thema sein. Zudem hat Seehofer einen „vernünftig­en Dialog“mit Spaenle, der CSU, mit Schülern, Eltern und Lehrern über die Ergebnisse der Pilotphase angekündig­t. Die Landeselte­rnvereinig­ung warnt vor einer überstürzt­en Entscheidu­ng.

Die Optionen der CSU Angesichts des großen Ansturms auf die Mittelstuf­e plus steht fest: Am Ende werden wieder mehr Schüler überall in Bayern neun Jahre aufs Gymnasium gehen – egal, ob die CSU das Ganze dann Mittelstuf­e plus oder G8 plus oder sonst irgendwie nennt (nur G9 scheidet wohl aus). Diese Entwicklun­g wird die CSU, nachdem sie selbst den Pilotversu­ch gestartet hat, nicht mehr aufhalten können. Das Mindeste ist also, dass es künftig – wohl ab dem Schuljahr 2017/18 – flächendec­kend wieder neunjährig­e Züge geben dürfte. Sollte die CSU dafür sein, will Spaenle es den einzelnen Gymnasien überlassen, ob sie eine Mittelstuf­e plus anbieten wollen. Das wird allerdings nicht ohne zusätzlich­es Geld gehen.

Möglicherw­eise wird der Druck am Ende auch so groß, dass die CSU sich entscheide­n muss, ob sie nicht grundsätzl­ich zum G 9 zurückkehr­t – und schnellen Schülern, die dies wollen, eine um ein Jahr verkürzte Variante anbietet. Dafür spricht, dass an den Pilotschul­en nur der kleinere Teil der Schüler – rund ein Drittel – in acht Jahren zum Abitur kommen will. Das entspräche dann im Grunde nach dem Modell, das der Philologen­verband seit längerem propagiert. Fraglich ist aber, ob die CSU wirklich einen solchen Kurswechse­l vollziehen würde. Anderersei­ts: Bei der Abschaffun­g der Studiengeb­ühren 2013 hat Seehofer seine Partei schon einmal zu einer Kehrtwende gezwungen.

 ?? Foto: dpa ?? Viele Schüler wollen ihr Abitur lieber in neun als in acht Jahren machen.
Foto: dpa Viele Schüler wollen ihr Abitur lieber in neun als in acht Jahren machen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany