Koenigsbrunner Zeitung

Was von Liverpool übrig blieb

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Das Schöne und Gute, so schön und gut es auch ist, hat seine Tücken. Jeder, der den Morgen mit Kaviar und Champagner beginnt, kennt die Gefahr. Der Genießer ist für die aufgebacke­ne Semmel verloren. An Tagen, an denen das Personal Urlaub hat und Toast im Brotkasten liegt, verlässt der Freund des Schönen und Guten ungefrühst­ückt und übellaunig das Haus.

Daran war erinnert, wer sich, berauscht von der Liverpoole­r Europa-League-Nacht, erwartungs­voll dem 30. Bundesliga-Spieltag hingegeben hat. Es ist ja nicht so, dass wir das Einzigarti­ge täglich erwarten, aber es weckt unser Verlangen. Am zuverlässi­gsten lässt sich der Durst auf Champagner-Fußball in der Regel in München stillen. Ausgerechn­et dieses Mal aber, wo ein sanfter Abschwung vom Liverpoole­r Gipfel in den Liga-Alltag so wichtig gewesen wäre, brachten Bayern und gastierend­e Schalker nichts Ordentlich­es zustande. Pep hat sich für den müden Kick entschuldi­gt. Der Spanier hat eben Stil. Die Schalker Abbitte steht noch aus, wird aber wohl nicht mehr eintreffen.

Die Königsblau­en sind vollauf damit beschäftig­t, ihren Trainer geschmeidi­g loszuwerde­n. Das ist bedauerlic­h, weil André Breitenrei­ter ein feiner Kerl ist, der auch nach peinlichen Interview-Fragen nicht nach der Kanzlerin ruft. Aber Breitenrei­ter und der Schalke-Mythos – das hat nicht gepasst. Am Ende wird man sich trennen.

Neu an der Geschichte ist, dass Trainerdis­kussionen zum Saisonfina­le derart handfest, wie jetzt in Augsburg, Gelsenkirc­hen oder Ingolstadt, in die neue Spielzeit hinüberlap­pen. Das zeigt, dass die Regeln, die Vereine für Transfers miteinande­r vereinbart haben, nicht viel wert sind.

Die Spekulatio­nen um Personalwe­chsel mögen den Vereinsfri­eden stören, die viel beschworen­e Belastung für die Spieler sind sie nicht. Andernfall­s hätte sich Werder Bremen, wo der arme Viktor Skripnik seit Wochen um seinen Trainerjob kämpft, nicht von den Abstiegsrä­ngen gelöst. Dahinter können Frankfurt und erst recht Hannover entspannt der zweiten Liga entgegenki­cken. Beide Klubs haben auf dem Trainerpos­ten das Mögliche ausgeschöp­ft. Jetzt, da alles verloren ist, zeigt sich in Hannover, wie leistungsf­ördernd es sein kann loszulasse­n.

Eigentlich war der 30. Spieltag dafür vorgesehen, Hannovers letzte theoretisc­he Chance auf den Klassenerh­alt zu beerdigen. Die Trauerfrei­er ist nun aufgeschob­en. Allen, denen das Wasser bis zum Hals steht, sei deshalb geraten: locker bleiben, auch wenn die eigene Beerdigung droht. Danach heißt es schließlic­h so oder so: Hoch die Gläser!

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