Was von Liverpool übrig blieb
Das Schöne und Gute, so schön und gut es auch ist, hat seine Tücken. Jeder, der den Morgen mit Kaviar und Champagner beginnt, kennt die Gefahr. Der Genießer ist für die aufgebackene Semmel verloren. An Tagen, an denen das Personal Urlaub hat und Toast im Brotkasten liegt, verlässt der Freund des Schönen und Guten ungefrühstückt und übellaunig das Haus.
Daran war erinnert, wer sich, berauscht von der Liverpooler Europa-League-Nacht, erwartungsvoll dem 30. Bundesliga-Spieltag hingegeben hat. Es ist ja nicht so, dass wir das Einzigartige täglich erwarten, aber es weckt unser Verlangen. Am zuverlässigsten lässt sich der Durst auf Champagner-Fußball in der Regel in München stillen. Ausgerechnet dieses Mal aber, wo ein sanfter Abschwung vom Liverpooler Gipfel in den Liga-Alltag so wichtig gewesen wäre, brachten Bayern und gastierende Schalker nichts Ordentliches zustande. Pep hat sich für den müden Kick entschuldigt. Der Spanier hat eben Stil. Die Schalker Abbitte steht noch aus, wird aber wohl nicht mehr eintreffen.
Die Königsblauen sind vollauf damit beschäftigt, ihren Trainer geschmeidig loszuwerden. Das ist bedauerlich, weil André Breitenreiter ein feiner Kerl ist, der auch nach peinlichen Interview-Fragen nicht nach der Kanzlerin ruft. Aber Breitenreiter und der Schalke-Mythos – das hat nicht gepasst. Am Ende wird man sich trennen.
Neu an der Geschichte ist, dass Trainerdiskussionen zum Saisonfinale derart handfest, wie jetzt in Augsburg, Gelsenkirchen oder Ingolstadt, in die neue Spielzeit hinüberlappen. Das zeigt, dass die Regeln, die Vereine für Transfers miteinander vereinbart haben, nicht viel wert sind.
Die Spekulationen um Personalwechsel mögen den Vereinsfrieden stören, die viel beschworene Belastung für die Spieler sind sie nicht. Andernfalls hätte sich Werder Bremen, wo der arme Viktor Skripnik seit Wochen um seinen Trainerjob kämpft, nicht von den Abstiegsrängen gelöst. Dahinter können Frankfurt und erst recht Hannover entspannt der zweiten Liga entgegenkicken. Beide Klubs haben auf dem Trainerposten das Mögliche ausgeschöpft. Jetzt, da alles verloren ist, zeigt sich in Hannover, wie leistungsfördernd es sein kann loszulassen.
Eigentlich war der 30. Spieltag dafür vorgesehen, Hannovers letzte theoretische Chance auf den Klassenerhalt zu beerdigen. Die Trauerfreier ist nun aufgeschoben. Allen, denen das Wasser bis zum Hals steht, sei deshalb geraten: locker bleiben, auch wenn die eigene Beerdigung droht. Danach heißt es schließlich so oder so: Hoch die Gläser!