Koenigsbrunner Zeitung

Augsburg liegt bei Mietsteige­rung weit vorne

- VON UTE KROGULL

Nur in Ingolstadt war der Anstieg in den letzten Jahren höher. Der Quadratmet­erpreis von 8,60 Euro ist jedoch bayernweit unter dem Durchschni­tt. Wie wird es weitergehe­n?

Seit 2010 haben die Preise für Mietwohnun­gen in bayerische­n Großstädte­n deutlich zugelegt. Die höchsten Anstiege zwischen Herbst 2010 und Herbst 2015 liegen in Ingolstadt mit plus 37,3 Prozent, Augsburg mit 21,9 und in Nürnberg mit 20,3 Prozent, gab der Immobilien­verband Deutschlan­d bekannt. Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforsc­hungsinsti­tuts mit Sitz in München relativier­t jedoch den hohen Anstieg in Augsburg. „Es geht noch schlimmer“, sagt er.

Denn zwar schimpfen die Augsburger über die steigenden Mieten, doch liegen diese im Bayern-Vergleich mit 8,60 unter dem Durchschni­tt von 10,20 Euro. Zu bedenken ist: Der IVD rechnet mit der Kaltmiete ohne Betriebsko­sten und wertet nur Neuvermiet­ungen von Bestandswo­hnungen ab dem Baujahr 1950 aus. Laut dem OnlinePort­al Immoscout beträgt die durchschni­ttliche Kaltmiete in Augsburg 7,80 Euro/Quadratmet­er.

Thomas Weiand, Geschäftsf­ührer des Augsburger Mietervere­ins, sagt dazu: „Es gibt kaum mehr Mieten unter 6 Euro. Allenfalls bei sehr, sehr langen Mietverhäl­tnissen und Wohnungen mit sehr einfacher Ausstattun­g. Zunehmend werden Mieterhöhu­ngen mit dem Hinweis, dass die bislang gezahlte Miete viel zu günstig sei, begründet.“

Das höchste Mietpreisn­iveau bei den vom IVD-Marktforsc­hungsinsti­tut untersucht­en Großstädte­n weist München mit 14,70 Euro aus, gefolgt von Erlangen mit 11,60 und Ingolstadt mit 11,40. Vor Augsburg liegen außerdem Nürnberg und Regensburg, hinter ihm nur Würzburg und Fürth. Weiand meint: „Wir können uns nicht des Eindrucks erwehren, dass ein Großteil der Immobilien­besitzer der Ansicht ist, bei der Rendite im Vergleich zu anderen Großstädte­n benachteil­igt gewesen zu sein und dies nun aufgrund Marktverhä­ltnisse schnellstm­öglich korrigiere­n wollen.“

„Die steigenden Mieten sind die Kehrseite der wirtschaft­lichen Prosperitä­t“, sagt Kippes. Das gelte in hohem Maß für Ingolstadt mit der Firma Audi und der Nähe zum Flughafen, aber auch für Augsburg mit der guten Zug- und Autobahnan­bindung. Die Pendlerzah­len von Augsburg nach München steigen. Aktuell sind es nach einer Erhebung der Arbeitsage­ntur 8000 Menschen, die in Augsburg wohnen und in München arbeiten. 2011 waren es 6000. Kippes sieht daher durchaus Verlagerun­gen nach Augsburg und eine Annäherung der Mietpreise, diese solle man jedoch nicht überbewert­en. Der Professor für Immobilien­marketing definiert Augsburg als „relativ gefestigte­n Standort“.

Allerdings mache sich mittlerwei­le die sogenannte Abba-Strategie bemerkbar. Das bedeutet: Investoren finden keine Objekte mehr in A-Lagen von A-Städten (wie München) und weichen daher auf A-Lagen in B-Städten (wie Augsburg) und B-Lagen in A-Städten aus. Diesen Trend hatte auch Gabriele Seidenspin­ner, Geschäftsf­ührerin des Augsburger Haus- und Grundbesit­zervereins, bereits mit Sorge gegenüber unserer Zeitung benannt. Ihrer Ansicht nach drückt der Münchner Markt nach Augsburg – und mit ihm womöglich eine Verschlech­terung des guten Klimas, was das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter anbelangt. Ein Privatmann vermiete anders als ein Investor, der auf Rendite aus ist.

Wie wird es nach Ansicht von Kippes weitergehe­n? „Der hohe Flüchtling­szustrom hat den ohnehin hohen Bedarf an Wohnraum weiter verstärkt“, so Kippes. „Zwar hat die Neubautäti­gkeit in den Ballungsre­der gionen in den vergangene­n Jahren angezogen, errichtet wird jedoch in erster Linie Wohnraum im höherpreis­igen Segment. Massiver Bedarf besteht derzeit aber vor allem an preisgünst­igen Wohnungen.“Nun können sich Menschen mit niedrigem Einkommen und Familien (von Flüchtling­en ganz zu schweigen) Neubau-Kostenmiet­en von 10 Euro nicht leisten. Trotzdem plädiert der Immobilien­mann – wie sollte es anders sein – für Neubauten, hat dafür aber auch ein Argument: den Verschiebe-Effekt, der eine Entlastung bringe. Das bedeutet: Zieht jemand aus einer halbwegs günstigen Wohnung in eine teure, wird dafür die günstigere frei und so weiter.

Nichts hält Kippes von der Mietbremse. „Diese ist keine Lösung, sondern nur ein Mangelvert­eilungspro­gramm.“Während Befürworte­r wie Weiand sie als Beitrag zum sozialen Frieden sehen, prognostiz­iert Kippes sogar, dass sie Konflikte produziert. »Kommentar

Ein Privatmann vermietet anders als ein Investor

 ?? Foto: Anne Wall ?? In Augsburg stiegen die Mieten in fünf Jahren um fast 22 Prozent. Das ermittelte der Immobilien­verband Deutschlan­d.
Foto: Anne Wall In Augsburg stiegen die Mieten in fünf Jahren um fast 22 Prozent. Das ermittelte der Immobilien­verband Deutschlan­d.

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