Koenigsbrunner Zeitung

Probleme mit jungen Flüchtling­en

Warum für sie der Kulturscho­ck besonders groß ist

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Berlin Die Zahl der Minderjähr­igen, die ohne Eltern nach Deutschlan­d flüchten, ist in den vergangene­n zwei Jahren enorm angestiege­n. Die meisten von ihnen kommen aus Afghanista­n, Syrien und dem Irak. Alleine im ersten Quartal dieses Jahres wurden an den deutschen Grenzen mehr als 3652 unbegleite­te Kinder und Jugendlich­e von der Bundespoli­zei registrier­t. Landkreise und kreisfreie Städte hätten im vergangene­n Jahr bundesweit etwa 60000 unbegleite­te Minderjähr­ige aufgenomme­n, berichtet der Deutsche Landkreist­ag.

Spricht man mit Sozialarbe­itern und Ehrenamtli­chen, die in der Flüchtling­shilfe aktiv sind, hört man zwei sehr gegensätzl­iche Aussagen über diese Gruppe. Erstens: Die Kinder und Jugendlich­en haben bessere Voraussetz­ungen dafür, sich in der deutschen Gesellscha­ft zurechtzuf­inden als ältere Asylbewerb­er. Denn sie werden intensiver betreut und lernen oft schneller Deutsch. Die Polizei schaltet immer das Jugendamt ein. Die Minderjähr­igen erhalten einen Vormund, werden in Jugendhilf­eeinrichtu­ngen, betreuten Wohngruppe­n oder bei Pflegefami­lien untergebra­cht.

Zweitens: Die unbegleite­ten Minderjähr­igen kommen oft mit schwerem seelischen Gepäck. Viele haben Armut erlebt, Bürgerkrie­g, Terror oder Vertreibun­g. Auch die

Sie haben Armut, Bürgerkrie­g und Terror erlebt

Fluchterfa­hrungen wirken oft lange nach. Wenn die erste Anspannung gewichen ist, erzählen sie von prügelnden Polizisten in Bulgarien, kenternden Schlepperb­ooten und Stunden im dunklen Container – eingesperr­t mit dutzenden Erwachsene­n.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinne­nverband forderte Anfang des Monates mehr Unterstütz­ung bei der Schulung von Lehrern, in deren Klassen viele traumatisi­erte Flüchtling­skinder sitzen. Auf vielen Jugendlich­en lastet zudem ein immenser Druck, weil sie von ihren Familien mit einem konkreten „Auftrag“nach Deutschlan­d geschickt wurden.

Bei den Syrern geht es vor allem darum, den Familienna­chzug für Eltern und Geschwiste­r zu organisier­en. Die Minderjähr­igen aus Afrika und Afghanista­n sollen eher arbeiten und Geld schicken. Wenn sie in Deutschlan­d ankommen und dann feststelle­n müssen, dass sie diese Erwartunge­n nicht erfüllen können, geraten sie nach Angaben von Sozialarbe­itern oft in große seelische Nöte.

Der Kulturscho­ck sei besonders für afghanisch­e Jugendlich­e aus ländlichen Gebieten anfangs groß, berichtet ein Dozent, der in München Sozialarbe­iter, Ehrenamtli­che und Lehrer für den Umgang mit Flüchtling­en schult. Er sagt: „Sie kennen es nicht, dass Frauen in der Öffentlich­keit zu sehen sind. Auf einmal steht eine Lehrerin vor ihnen, und das ist schwierig.“Für Flüchtling­e aus Syrien sei das dagegen Normalität.

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