Auf der Straße für den Präsidenten
Deutschland Erdogan hat viele Anhänger mit türkischen Wurzeln
Berlin Die zugespitzte Lage in der Türkei hat auch in Deutschland tausende Migranten türkischer Herkunft auf die Straße getrieben. Dass in Deutschland mehr Menschen den Protestaufrufen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan gefolgt sind als in anderen westlichen Staaten, „hat mit der deutschen Migrationsgeschichte zu tun“, sagte die Politologin Bilgin Ayata.
Zwar hätten sich in Deutschland auch politische Flüchtlinge aus der Türkei angesiedelt – darunter Angehörige der kurdischen und der christlichen Minderheit. Die Mehr- heit bildeten aber Arbeiter aus Anatolien, die im Zuge der „Gastarbeiteranwerbung“gekommen seien. In diesem Milieu hat die islamisch geprägte Regierungspartei AKP in der Türkei viele treue Wähler. Dass die Spannungen in der alten Heimat zu einem Ausbruch von Gewalt zwischen Anhängern und Gegnern Erdogans in Deutschland führen werden, glaubt Ayata nicht: „Sporadisch werden sicher Konflikte aufbrechen, mehr aber auch nicht.“Demonstrationen von Migranten aus der Türkei seien schließlich neue Erscheinungen. „Neu ist aber, dass diesmal von Regierungsseite zu Demonstrationen aufgerufen wird.“
Die Wissenschaftlerin hält es für möglich, dass die politischen Entwicklungen in der Türkei einen neuen Migrationsschub auslösen werden – auch in Richtung Deutschland. „Die Verhaftung von 6000 Menschen, Massenentlassungen und eine Debatte über die Einführung der Todesstrafe – wenn das so weitergeht, werden viele türkische Staatsbürger das Land verlassen, so wie 1980 nach dem Militärputsch“, sagte die Forscherin von der Universität Basel.