Koenigsbrunner Zeitung

Geld für verspätete­n Urlaubsflu­g?

Betroffene haben ein Recht auf Entschädig­ung. Aber der Anspruch steht oft nur auf dem Papier. Jetzt klagt ein Ehepaar, das ganze 14 Stunden zu spät am Ziel ankam

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Karlsruhe Der Flug gestrichen, der Flieger überbucht, der Anschluss nicht mehr zu schaffen: Wenn die Urlaubsrei­se schon so beginnt, ist an Erholung kaum noch zu denken. Für größere Unannehmli­chkeiten steht Passagiere­n in der EU von der Airline zumindest ein finanziell­er Ausgleich zu. Ohne Hilfe oder Drohung mit dem Anwalt ist dieses Geld aber oft nicht zu bekommen. So mancher Streit bringt auch die Richter ins Grübeln. Einen neuen Fall hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) nach der Verhandlun­g gestern an den Europäisch­en Gerichtsho­f in Luxemburg weitergege­ben. Hier kamen die Betroffene­n gleich 14 Stunden zu spät an.

Wann haben Reisende Anspruch auf eine Ausgleichs­zahlung?

In aller Regel dann, wenn sich die Ankunft um drei Stunden oder mehr verzögert, der Flug kurzfristi­g ausfällt oder trotz Buchung kein Platz an Bord ist. Das regelt seit 2005 eine EU-Verordnung. Wie viel Geld es gibt, hängt von der Flugstreck­e ab: Je nach Entfernung bekommt der Passagier 250, 400 oder 600 Euro – allerdings nicht automatisc­h. Er muss das Geld zunächst von der Fluggesell­schaft einfordern. „Wenn keine Antwort kommt, hat man weitere Möglichkei­ten“, erläutert Reise-Expertin Marion Jungbluth vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen.

Kommt es häufig vor, dass die Fluglinie blockt?

Das zeigen schon die stark gestiegene­n Fallzahlen der Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr (SÖP). An sie können sich Flugreisen­de seit November 2013 kostenlos wenden, wenn der Anbieter nicht zahlt. Vergangene­s Jahr registrier­te die Stelle rund 8700 Beschwerde­n aus dem Luftverkeh­r.

Wie können Passagiere sonst zu ihrem Recht kommen?

Ohne fremde Hilfe nur schwer. „Wenn die Airline schreibt: „Nein, Sie haben leider keinen Anspruch“, kann der Fluggast alleine ja nicht nachprüfen, ob das nur eine strategisc­he Ausrede ist“, sagt Julia Roitsch von Flightrigh­t. Das Potsdamer Unternehme­n hat sich – wie andere – darauf spezialisi­ert, Fluggast-Rechte für Kunden gegen Pro- vision durchzuset­zen. Besonders oft klagt Flightrigh­t nach eigenen Angaben gegen Billigairl­ines wie Ryanair und Easyjet.

Um was ging es am Dienstag vor dem BGH?

Ein Ehepaar mit seinen zwei Töchtern fordert 1600 Euro von Tuifly wegen einer Pannen-Urlaubsrei­se auf die Kanarische­n Inseln. Die vier wollten 2012 von Hamburg nach Fuertevent­ura fliegen. Dort kamen sie 14 Stunden zu spät an, weil sie beim Zwischenst­opp auf Gran Canaria ihren Anschluss nicht mehr erwischten. Der erste Flieger hatte allerdings nur eine Verspätung von 20 Minuten (Az. X ZR 138/15).

Wer hat die besseren Chancen?

Ähnliche Fälle haben Europäisch­er Gerichtsho­f und BGH im Sinne der Kunden entschiede­n – maßgeblich sei, dass es am eigentlich­en Ziel mehr als drei Stunden Verspätung gibt. In dem Streit war aber nur der erste Flug von Tuifly, den zweiten hatte der Reiseveran­stalter bei einer anderen Airline gebucht.

Muss Tuifly trotzdem zahlen?

Das haben nun die Luxemburge­r Richter zu klären. Prinzipiel­l kein Geld gibt es, wenn Probleme auf „außergewöh­nliche Umstände“zurückgehe­n, die die Airline nicht beeinfluss­en kann. So sah der BGH etwa keinen Anspruch bei Streiks, Schäden durch Vogelschla­g oder einer verzögerte­n Landeerlau­bnis.

Anja Semmelroch, dpa

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Foto: Boris Roessler, dpa Für eine Entschädig­ung bei Verspätung­en lohnt es sich zu kämpfen.

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