Koenigsbrunner Zeitung

Schwere Tage für Altintop

Sportlich läuft es für den Mittelfeld­spieler derzeit ganz gut, aber der Putschvers­uch kürzlich in der Türkei ging auch ihm an die Nieren

- VON WOLFGANG LANGNER

Für Halil Altintop war es eine sehr angespannt­e Situation. Die letzten Tage machten ihm wieder einmal deutlich, dass Fußball vielleicht die schönste Nebensache der Welt ist – mehr aber nicht. Am vergangene­n Freitag wollte er eigentlich um 22 Uhr ins Bett gehen. Dann kamen Eilmeldung­en, die sich über die Medien rasend in der ganzen Welt verbreitet­en.

In der Türkei starteten Teile des Militärs einen Putschvers­uch gegen Staatspräs­ident Recep Erdogan. Altintop ist Deutsch-Türke. Er hat selbst 38 Mal für die türkische Nationalma­nnschaft gespielt. Der Mittelfeld­spieler des FC Augsburg ist in Gelsenkirc­hen geboren, seine Eltern – sein schon früh verstorben­er Vater und seine Mutter – stammen aber aus der Türkei. „Ich war überrascht von den Ereignisse­n und habe mir

viele Gedanken und Sorgen gemacht“, erzählt der 33-jährige Familienva­ter. In der Türkei, vor allem in den großen Metropolen Istanbul und Ankara, gab es weit über 200 Tote und über 1500 Verletzte. An Schlaf war für Altintop an jenem Abend nicht mehr groß zu denken: „Man steigert sich natürlich enorm in diese Sache rein. Mein Bruder Hamit und viele Familienmi­tglieder leben in Istanbul. Ich habe in dieser Nacht versucht, telefonisc­h Kontakt aufzunehme­n.“Altintop atmet auf: „In meiner Familie ist niemandem etwas passiert und Gott sei Dank hat sich die Lage in der Türkei zumindest wieder etwas entspannt.“Ist es schwierig, sich in solch einer Situation auf Fußball zu konzentrie­ren: „Ich sage mal so: Ganz einfach ist es nicht, man macht sich natürlich immer Gedanken, aber es muss ja auch weitergehe­n.“

Es geht auch weiter. Beim FC Augsburg ist eine neue Situation entstanden. Vier Jahre stand Markus Weinzierl als Trainer auf der Kommandobr­ücke, seit einigen Wochen gibt Dirk Schuster den Ton auf dem Trainingsp­latz an. Neuland auch für die Spieler. „Klar, man hat sich in den vergangene­n Jahren an den Trainer gewöhnt. Wir wussten viele Abläufe. Jetzt gab es einen Schnitt. Wir haben jetzt einen Trainer, der zuvor viele Jahre ebenfalls erfolgreic­h gearbeitet hat. Er hat einiges verändert und er wird sicher noch mehr verändern. Das ist ja auch klar, denn jeder Trainer hat seine eigene Philosophi­e.“

Für Altintop ist das auch völlig okay. Riesenansp­rüche an den neuen Trainer stellt er nicht: „Wichtig ist die Kommunikat­ion und eine intakte Mannschaft.“

Altintop will sich auf die anstehende Saison konzentrie­ren. Gestern beim Testspiel war er in der ersten Hälfte bei der 0:2-Niederlage in Mindelheim gegen den SV Sandhausen neben Daniel Baier noch der auffälligs­te Spieler. „Ich fühle mich richtig gut und habe im Training bisher alles durchziehe­n können.“In der vergangene­n Saison konnte sich der FCA im Endspurt die Klasse sichern. Auch in der kommenden Spielzeit rechnet er mit einem heißen Tanz: „Uns muss allen klar sein, dass es kein Selbstläuf­er wird. Wir müssen immer damit rechnen, um den Klassenerh­alt zu kämpfen. Aber ich bin der Meinung, dass wir viel Qualität haben.“Vor dem Trainingss­tart war Altintop aufgrund der Europameis­terschaft viele Stunden an den Fernseher gefesselt. Da haben es ihm vor allem die Isländer mit seinem Mannschaft­skollegen Alfred Finnbogaso­n angetan: „Daran sieht man, dass man auch mit einfachen Mitteln für Furore sorgen kann.“

Von der Türkei war er dagegen nicht sonderlich erbaut. Im Gegenteil: „Sie haben sich so hart die Qualifikat­ion erkämpft und sind dann leider so früh ausgeschie­den.“

In der kommenden Saison wird er mit einem Auge auch den FC Schalke 04 verfolgen. Nicht nur wegen Weinzierl. Altintop grinst: „Ich bin gebürtiger Gelsenkirc­hener, habe früher da gespielt und bin ein Junge von dort. Da ist immer eine gewisse Sympathie vorhanden.“

Auch Weinzierl sieht er dort gut aufgehoben: „Es freut mich für ihn. Schalke ist einer der attraktivs­ten Vereine in Deutschlan­d. Es wird interessan­t für ihn. Ich bin der Meinung, er hat viel Qualität. Jetzt muss nur noch seine Philosophi­e erfolgreic­h sein.“

„Ich war überrascht von den Ereignisse­n und habe mir viele Gedanken und Sorgen gemacht.“Halil Altintop zum Putsch in der Türkei

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Halil Altintop ist derzeit mit 33 Jahren der älteste Profi beim FCA. Sportlich fühlt er sich derzeit aber richtig gut.
Foto: Ulrich Wagner Halil Altintop ist derzeit mit 33 Jahren der älteste Profi beim FCA. Sportlich fühlt er sich derzeit aber richtig gut.

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