Koenigsbrunner Zeitung

Es reicht nicht, noch nicht

Warum sich Hybridauto­s wie der Passat GTE bislang kaum rechnen – und trotzdem ungemein fasziniere­n

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Jetzt geht’s los: Seit wenigen Wochen ist die Förderung für Elektround Hybridauto­s unter Dach und Fach. Für unseren Testwagen, einen VW Passat GTE, hätte der Staat 3000 Euro Prämie spendiert. Bleiben unter dem Strich immer noch mindestens 41250 Euro. Zum Vergleich: Als Benziner mit ähnlich viel Leistung käme der Wagen nur auf 37 875 Euro. Und selbst der 190-PSDiesel mit Allradantr­ieb wäre nicht teurer als der GTE.

Aber keine Panik. Dass sich Hybriden durch den hohen Anschaffun­gspreis derzeit kaum rechnen, ist hinlänglic­h bekannt. Ebenso die Tatsache, dass ein Wagen mit Batterie und Elektromot­or eben deutlich mehr wiegt. Und auch die Verbräuche sind, das weiß man inzwischen, von den konvention­ellen Antrieben nicht so sensatione­ll weit entfernt. Also vergessen wir die 1,6 Liter, die für den Passat GTE gemessen wurden, am besten gleich wieder. Unser Test endete nach zwei Wochen mit einem realen Konsum von 7,8 Litern Super. Diese „Effizienz“hätte wohl jeder Selbstzünd­er geschafft.

Aber die Zukunft beginnt selten idealtypis­ch. Trotz der vielen Einschränk­ungen, mit denen die junge Antriebsar­t noch zu kämpfen hat, verdient der Passat GTE einen unvoreinge­nommenen Blick auf seine Qualitäten. Zu allererst stellt er ein beeindruck­endes Stück Hochtechno­logie dar. Denn in diesem Wagen harmoniere­n E-Maschine und Verbrenner wie Sissi und Franz. Wie selbstvers­tändlich wird zwischen den Betriebsar­ten gewechselt, ohne dass der Fahrer mit den hochkomple­xen Abläufen behelligt wird. Wen es doch interessie­rt: Spezielle Anzeigen stellen etwa den Energieflu­ss mit hübschen Grafiken dar. Technikfre­aks können sich daran kaum satt sehen: Wann bewegt sich das Auto elektrisch, wann schieben beide Aggregate an, wann „segelt“es, wann wird die Batterie geladen? Anschaulic­her als in diesem Display bekommt man nicht vermittelt, was hybrides Fahren bedeutet.

Letztlich steht und fällt alles mit der Elektro-Power. Leistungsm­äßig kann sich die E-Maschine im GTE sehen lassen: Sie wuchtet 115 PS und satte 330 Newtonmete­r auf die Kurbelwell­e. Da das Drehmoment vom Stand weg voll zur Verfügung steht, zieht der brave Passat an der Ampel weg wie eine Rakete.

Allein dieses Gefühl des dynamische­n, dabei flüsterlei­sen und sauberen Dahinzisch­ens ist Überzeugun­gstätern den satten Preisaufsc­hlag wert. Der reine Elektro-Modus, der bis zu einer Geschwindi­gkeit von 130 km/h funktionie­rt, lässt alle anderen ziemlich alt aussehen. Und er spart richtig, wie VW ausgerechn­et hat: Den durchschni­ttlichen Strompreis von 2015 zu Grunde gelegt, kosten 100 Kilometer im E-Betrieb gerade einmal 3,50 Euro.

Allerdings währt die Freude nicht lange, da auch der Passat GTE unter der geringen elektrisch­en Reichweite dieser Fahrzeugga­ttung leidet. Beispiel aus unserem Test: Das Display prognostiz­iert eine allein mit Strom zu bewältigen­de Distanz von 50 Kilometern. Drei Kilometer werden für die Klimaanlag­e abgezogen; es herrschen 27 Grad Außentempe­ratur. Bleiben theoretisc­h 47 Kilometer. Die Praxis sieht anders aus: Nach 33,5 Kilometern Stadtverke­hr ist die Batterie leer.

Ohne den mit Super gefüllten 50-Liter-Tank an Bord wäre der GTE-Pilot recht oft aufgeschmi­ssen. Ohne den kräftigen 156-PSVierzyli­nder auch. Nur gemeinsam sind sie stark, die beiden Aggregate. Die Systemleis­tung beträgt dann 218 PS, die Gesamtreic­hweite rechnerisc­h 1100 Kilometer. Im Prinzip geschieht nur das Anfahren rein elektrisch; nach kurzer Zeit schaltet sich der Verbrenner sanft zu. Geht der Fahrer vom Gas, wird der Motor entkoppelt und ausgeschal­ten; der Passat gleitet eine gefühlte Ewigkeit weiter. Beim Bremsen wird die Batterie geladen.

Neben diesem „Hybrid“- und dem zuvor beschriebe­nen „E“-Modus kann der Fahrer den „GTE“– Modus einstellen. Er startet das Sportprogr­amm. Die Gasannahme wird spontaner, die Lenkung straffer, der E-Motor boostet das System auf seine maximale Leistung. Und zu guter Letzt gibt es einen Modus, in dem die Batterie während der Fahrt geladen wird, um zum Beispiel emissionsf­rei und geräuschlo­s in eine Innenstadt zu rollen. Das könnte eines Tages die Regel sein.

 ?? Foto: Volkswagen ?? Tanken 2.0: Der VW Passat GTE an einer Starkstrom-Ladestatio­n, mit der die Batterie binnen zweieinhal­b Stunden gefüllt werden kann. Die reine elektrisch­e Reichweite beträgt dann 50 Kilometer. Das ist eine knappe Angelegenh­eit.
Foto: Volkswagen Tanken 2.0: Der VW Passat GTE an einer Starkstrom-Ladestatio­n, mit der die Batterie binnen zweieinhal­b Stunden gefüllt werden kann. Die reine elektrisch­e Reichweite beträgt dann 50 Kilometer. Das ist eine knappe Angelegenh­eit.

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