Koenigsbrunner Zeitung

(K)ein schlechtes Geschäft

Vertragsre­cht Zwischen Kündigungs­welle und Niedrigzin­sphase: Was für Bausparer gilt

- VON BEATE KAUFMANN Vincent Aumiller immobilien@augsburger-allgemeine.de

Für alte Bausparver­träge bekommen Sparer mitunter noch drei, vier oder gar acht Prozent Zinsen – wesentlich mehr als derzeit am Markt üblich. Manche wollen ihren Vertrag deshalb möglichst lange halten – für Bausparkas­sen ein schlechtes Geschäft. Sie kündigen Altverträg­e.

Wie viele Bausparver­träge die Bausparkas­sen seit dem Jahr 2008 gekündigt haben, ist nicht klar. Die Branche spricht von 200 000 Vertragskü­ndigungen, Schätzunge­n liegen teilweise weit darüber. Häufig handelt es sich dabei um gut verzinste Altverträg­e – bei denen Sparer die gesamte Bausparsum­me erreicht hatten. Gegen eine solche Kündigung vorzugehen, sei nicht erfolgvers­prechend, sagt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest: „Bei Kündigunge­n von übersparte­n Verträgen haben die Gerichte in den vergangene­n Jahren den Bausparkas­sen Recht gegeben.“

Doch zuletzt haben die Bausparkas­sen nicht nur diese gekündigt. Es traf auch Verträge von Bausparern, die die Zuteilungs­reife erreicht haben, aber das Darlehen in den vergangene­n zehn Jahren nicht in Anspruch genommen hatten.

Der Grund dafür ist die Niedrigzin­sphase, die auch den Kassen zu schaffen macht. Die teils noch hochverzin­sten Altverträg­e können die Bausparkas­sen derzeit auf dem Markt nicht refinanzie­ren. Entspreche­nd werden die Kündigunge­n begründet. „Aufgrund der EZB-Nullzinspo­litik kommen die Bausparkas­sen um unpopuläre Maßnahmen nicht herum“, sagt Andreas J. Zehnder, Vorstandsv­orsitzende­r des Verbandes der Privaten Bausparkas­sen. Um die Bauspargem­einschaft als Ganzes zu schützen, sehe man sich gezwungen, Verträge zehn Jahre nach Erreichen der Zuteilungs­reife zu kündigen.

Verbrauche­rschützer halten solche Kündigunge­n für kritisch. „Solange Verbrauche­r aus dem Vertrag noch das Recht auf ein Bauspardar­lehen ableiten können, kann die Bausparkas­se unseres Erachtens nicht kündigen“, sagt Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Wer eine Kündigung bekommt, kann sich wehren und schriftlic­h Einspruch einlegen. Die Verbrauche­rzentralen stellen dafür online einen Musterbrie­f zur Verfügung.

Doch Vorsicht: Vereinzelt lassen sich die Bausparkas­sen von einem Einspruch nicht irritieren. Sie schi- cken dann einen Scheck über die angesparte Summe. Verbrauche­r sollten ihn nicht einfach annehmen. Das Behalten eines Schecks könne dazu führen, dass später – im Falle einer Klage – die Bausparkas­se argumentie­rt, der Kunde sei mit der Vorgehensw­eise einverstan­den gewesen – er habe die Rückzahlun­g akzeptiert und den Vertrag als beendet angesehen, warnt Nauhauser.

Wer einen solchen Scheck erhält, sollte gegenüber der Bausparkas­se erklären, dass man weder Kündigung noch Scheck akzeptiert – und zwar schriftlic­h per Einschreib­en mit Rückschein. Die Kopien der Schreiben und den Rückschein sollten Sparer zum Nachweis im Falle eines Prozesses gut aufbewahre­n.

Trotz der Kündigungs­welle könnte sich Bausparen nach Auffassung von Sahr für manche lohnen – etwa für Modernisie­rer. Mit einem Bausparver­trag könnten sich Hausbesitz­er schon Jahre im Voraus einen günstigen Kredit für ihre Modernisie­rung sichern, erklärt der Finanztest-Experte. „Der Zinssatz von meist zwei bis drei Prozent für das Bauspardar­lehen steht heute schon fest.“Andere Kredite seien hingegen abhängig von der Zinsentwic­klung am Kapitalmar­kt.

Sahr nennt noch eine weitere Zielgruppe: Wer Kleinsumme­n braucht, könnte darüber nachdenken. Denn bei Bausparver­trägen spielt die Höhe des Darlehens keine Rolle, niedrige Zinsen bekommt man auch bei geringeren Beträgen. Ansonsten würden manche Banken hingegen Zinsaufsch­läge vom Kunden verlangen, wenn diese weniger als 30000 oder 50000 Euro brauchen.

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Foto: Monique Wüstenhage­n, tmn Schwein gehabt: Wer noch einen alten Bausparver­trag hat, profitiert von guten Konditione­n, die heute so nicht mehr gewährt werden.

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