Auch in den Dörfern fehlen Wohnungen
Immobilien Die Preise klettern weiter und die Zeche bezahlen die, die ohnehin wenig haben. Nun kritisieren SPD-Politiker die Rolle der landkreiseigenen Wohnbaugesellschaft WBL
Landkreis Augsburg/Adelsried 500 Euro Kaltmiete für 50 Quadratmeter und das in Adelsried? „Also ich finde das jetzt zu viel für unseren Ort“, sagt Bürgermeisterin Erna Stegherr-Haußmann. Gleichwohl weiß die SPD-Politikerin: Diese Preise werden aufgerufen. Ihr Schluss: „Der Wohnungsmarkt spielt momentan verrückt.“
Besonders zu leiden haben darunter die Menschen, die nicht so viel im Geldbeutel haben. Obwohl im Landkreis Augsburg das Einkommen der Haushalte leicht über dem bayerischen und deutlich (mehr als 300 Euro im Monat) über dem Augsburger Durchschnitt liegt, auch hier finden immer mehr Menschen keine Wohnung.
Besonders groß ist der Mangel in den direkt an Augsburg grenzenden Städten (wir berichteten). Aber auch die Dörfer sind davon zunehmend betroffen, sagt Stegherr– Haußmann. Junge Menschen, die sich niederlassen wollten, und ältere, die ihren Hausstand verkleinern möchten, seien auf der Suche.
Was tun? Mit dieser Frage be- schäftigte sich jetzt eine Runde hochrangiger SPD-Politiker in einem Gespräch mit der Basis in Adelsried. Anlass war der Besuch von zwei Landtagsabgeordneten (Günther Knoblauch und Christoph Rabenstein), die der Enquetekommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern“angehören. Kommission soll Antworten liefern auf die Frage, was der Freistaat unternehmen muss, damit die Ballungszentren die ländliche Region nicht völlig abhängen und ausbluten.
Für das Augsburger Land sind die Prognosen zunächst einmal positiv. In den nächsten 20 Jahren soll die Einwohnerzahl weiter leicht wachsen und bei rund 245 000 landen, für Dillingen oder das Donau-Ries dagegen sagt das Statistische Landesamt schon Rückgänge voraus.
Woher sollen die zusätzlichen Wohnungen und Häuser im Augsburger Land also kommen? Der Zusmarshauser SPD-Veteran Walter Aumann rät den Kommunen zu einer aktiven Baulandpolitik. Leicht gesagt, stöhnt die Adelsrieder Bürgermeisterin Stegherr-Haußmann. Die Grundstückspreise seien inzwischen auch für Kommunen zu hoch.
Folgt man den Äußerungen der Kommunalpolitiker, gibt es auf den Dörfern im Augsburger Land Hunderte von Bauplätzen und -lücken, die nicht auf den Markt kommen, weil ihre Besitzer keine Notwendigkeit sehen, zu verkaufen. Der Neusässer SPD-Abgeordnete Harald Güller plädierte deshalb für eine Steuer auf Grundstücke, die baureif sind, aber brach liegen.
Breiten Raum in der Diskussion nahm die landkreiseigene Wohnbaugesellschaft WBL ein. Sie will bis 2020 300 neue Wohnungen schaffen. Das ist den SPD-Politikern aus dem Landkreis nicht geDiese nug. „Wenn man will, kann man mehr machen“, sagt die aus Stadtbergen kommende SPD-Abgeordnete Simone Strohmayr, der Kreisvorsitzende der SPD, Roland Mair, warf der WBL „völlige Fantasielosigkeit“vor.
Verteidigt wurde die Unternehmenspolitik von dem Augsburger SPD-Stadtrat Florian Freund. Er sitzt im Aufsichtsrat der WBL, an der auch die Stadt Augsburg Anteile hält. Schon 300 Wohnungen seien für die Gesellschaft ein Kraftakt, so Freund. Überdies halte das Unternehmen gerade einmal 2,5 Prozent des gesamten Wohnungsbestands im Landkreis und sei damit nicht in der Lage, das Problem zu lösen. Freund: „Es wird auf die Privaten ankommen.“Von politischer Seite seien steuerliche und finanzielle Anreize nötig.
Darüber hinaus, darin war sich die Runde einig, müssen die Dörfer mehr bieten als vergleichsweise günstigen Wohnraum. An erster Stelle wurde dabei das Nahverkehrsangebot genannt, das attraktiv und preiswert sein müsse, sodass es zumindest einen teilweisen Verzicht aufs Auto ermöglicht. »Kommentar