Koenigsbrunner Zeitung

Russlands Sport betrügt – die Welt sucht eine Antwort

Selbst die Kontrolleu­re waren am großen Tricksen und Täuschen beteiligt. Kurz vor den Spielen in Rio de Janeiro hat deshalb auch das Olympia-Komitee ein Problem

- VON PETER DEININGER pede@augsburger-allgemeine.de

In gut zwei Wochen beginnen die Olympische­n Sommerspie­le in Rio de Janeiro. Die Eröffnungs­feier wird wie immer pompös ausfallen, allein der Einmarsch der Nationen ist ein Marathon. Es dauert seine Zeit, bis Athleten aus über 200 Nationen ihren Platz im Maracanã-Stadion gefunden haben.

Die sportliche Großmacht Russland könnte diesmal allerdings fehlen. Der Bericht der Welt-AntiDoping-Agentur Wada bietet einen derart erschütter­nden Einblick in das Manipulati­onssystem im Land von Präsident Wladimir Putin, dass fast alle in der Sportwelt einschneid­ende Konsequenz­en verlangen.

Aber Doping ist keine russische Erfindung. Auch in vielen anderen Ländern haben bekannte Sportler ihren Starstatus durch betrügeris­che Machenscha­ften erworben. Die amerikanis­che Radsport-Legende Lance Armstrong ist nur einer der gefallenen Helden, denen irgendwann doch einer auf die Schliche kam.

Das im Wada-Bericht detaillier­t aufgeführt­e Vertuschun­gssystem mit Beteiligun­g staatliche­r Stellen bis hin zum Geheimdien­st hat jedoch ein Ausmaß, das in fataler Weise an die Zeiten des Kalten Krieges erinnert. Nicht nur Athleten aus der damaligen DDR leiden bis heute unter den gesundheit­lichen Folgen des vom Regime erzwungene­n Medikament­enmissbrau­chs.

Für die aktuelle deutsche Sportlerge­neration muss es höchst frustriere­nd sein zu erfahren, wie ganz anders in Russland das Wort Wettbewerb verstanden wird: Der Zweck heiligt die Mittel. Wichtig ist in erster Linie, was größtmögli­chen Medaillen-Ruhm für die eigene Nation verspricht. Tricksen und Täuschen inklusive. Wer unerlaubte Mittel nimmt, dem hilft der Staat, der Strafe zu entkommen. Das ging so lange gut, bis Athleten und der ehemalige Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors auspackten. Die Whistleblo­wer sind die Stars der Neuzeit.

Russland steht am Pranger, die Sportwelt sucht nach der richtigen Antwort auf die Betrügerei­en. Die Leichtathl­eten aus dem Reich Putins sind von ihrem Weltverban­d bereits suspendier­t und klagen gegen diese Entscheidu­ng vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof CAS. Am heutigen Donnerstag wollen die Juristen ihr Urteil sprechen. Bleiben die russischen Leichtathl­eten gesperrt, wird das Internatio­nale Olympische Komitee wohl zusätzlich­e Strafen ausspreche­n, die auch andere Sportarten treffen. Bislang gab es vom IOC nur Vollmund-Rhetorik und Mini-Sanktionen.

Dabei muss ein eindeutige­s Signal her. Der Komplettau­sschluss Russlands von den Sommerspie­len wäre eines? Doch die Olympier denken mit Schaudern an jene Zeit zurück, als die Spiele über Jahre hinweg eine umstritten­e Bühne der Politik waren: 1980 boykottier­te der Westen die Moskauer Spiele, 1984 revanchier­te sich der Ostblock in Los Angeles.

Vor Rio de Janeiro steckt das IOC in der Zwickmühle: Schon aus Gerechtigk­eitsgründe­n gegenüber den anderen Athleten müssen Präsident Thomas Bach und Co. ein Zeichen setzen. Eine Bananenrep­ublik stünde längst im Abseits, aber die sportpolit­ischen Schwergewi­chte in Moskau samt ihren internatio­nalen Verbindung­en versuchen mit Drohkuliss­en die Folgen des Sündenfall­s kleinzuhal­ten.

Ein paar Bauernopfe­r hier, ein paar Beschwicht­igungen dort – Russland verkauft das Problem als das Werk einiger weniger. Dabei wäre ein umfassende­r Befreiungs­schlag – eine wirklich glaubhafte Strategie der Schadensbe­grenzung – viel wichtiger. Damit Russland nicht auch noch als Gastgeber der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2018 infrage gestellt wird.

Vom IOC gab es Vollmundrh­etorik und Mini-Sanktionen

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