Koenigsbrunner Zeitung

Ein junger Afghane? Oder doch eher aus Pakistan?

Die wahre Herkunft des Axt-Attentäter­s gibt Rätsel auf. Für beide Varianten gibt es mögliche Indizien

-

Eine Frage, die die Ermittler beschäftig­t: Wieso hatte der junge Attentäter, der in einem Zug in Würzburg Fahrgäste schwer verletzt hat, pakistanis­che Dokumente? Bisher gingen die Behörden davon aus, dass der junge Mann aus Afghanista­n stammt.

Wieso kann der Axt-Attentäter von Würzburg auch Pakistaner sein?

Unter Berufung auf Sicherheit­skreise hatten Medien berichtet, dass es Zweifel an der Herkunft des 17-jährigen Flüchtling­s gebe. Man habe zum Beispiel ein pakistanis­ches Dokument in seinem Zimmer gefunden. Demnach könnte der junge Mann sich als Afghane ausgegeben haben, um in Deutschlan­d leichter Asyl zu bekommen.

Wie wahrschein­lich ist es, dass der Attentäter Pakistaner war und sich nur als Afghane ausgegeben hat?

Das passiere durchaus, heißt es aus dem pakistanis­chen Innenminis­terium. Jährlich verließen rund 500 000 Pakistaner ihre Heimat, um in einem anderen Land ein besseres Leben zu finden. Viele von ihnen würden sich mithilfe von Menschensc­hmugglern nach Europa durchschla­gen. Allerdings werden Pakistaner dort grundsätzl­ich als Wirtschaft­sflüchtlin­ge angesehen und schnell wieder zurückgesc­hickt (rund 90 000 Pakistaner allein im Jahr 2014). Weil in Afghanista­n wieder Krieg herrscht und Flüchtling­e von dort ein höheres Schutzbedü­rfnis haben, werden afghanisch­e Asylanträg­e öfter befürworte­t. Es ist für Pakistaner leicht, sich als Afghanen auszugeben, weil in den Nachbarlän­dern teilweise die gleichen Sprachen gesprochen werden.

Wie schätzt es Bundesinne­nminister Thomas de Maizière ein?

Er sagt, es gebe Hinweise, dass der Attentäter von Würzburg kein Afghane gewesen sei, sondern ein Pakistaner. Die Volksgrupp­e der Paschtunen lebe in beiden Ländern, deshalb sei eine Zuordnung schwierig.

Gibt es auch Gegenargum­ente zu der Pakistan-Theorie?

Viele Afghanen besitzen pakistanis­che Dokumente, zum Beispiel weil sie eine Weile in Pakistan gelebt haben. Der junge Attentäter könnte sich dort als Flüchtling aufgehalte­n haben. Viele Millionen Afghanen sind in den vergangene­n Jahrzehnte­n vor den Kriegen nach Pakistan geflohen. Derzeit leben immer noch rund 1,5 Millionen registrier­te und geschätzt eine Million nicht registrier­te Afghanen dort. Im Frühjahr stammten bis zu 20 Prozent der afghanisch­en Flüchtling­e in Europa aus den Flüchtling­slagern im Iran oder in Pakistan.

Was lässt sich aus dem Video des Axt-Attentäter­s über dessen Identität sagen?

Der Attentäter spricht eine der beiden Haupt-Landesspra­chen Afghanista­ns, Paschtu. Diese Sprache wird auch in Pakistan gesprochen, vor allem in den Grenzgebie­ten zu Afghanista­n. Sprache und Vokabular des Videos scheinen eher auf eine afghanisch­e Herkunft zu deuten. Die Indizien: Der Akzent klingt ostafghani­sch, als stamme der junge Mann zum Beispiel aus Laghman oder Nangarhar; Letzteres grenzt an Pakistan. Außerdem ist sein Paschtu recht rein. Viele pakistanis­che Paschtunen mischen Urdu-Vokabeln (Urdu ist die Landesspra­che Pakistans) und englische Wörter in ihre Sprache. Afghanisch­e Paschtunen mischen bisher kaum mit anderen Sprachen. In dem zwei Minuten und 20 Sekunden dauernden Video sind die einzigen Nicht-PaschtuWör­ter „airport“und „target“und „Fawj“für Armee in Urdu. Einige arabische Vokabeln werden tagtäglich auch in afghanisch­em Paschtu verwendet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany