Koenigsbrunner Zeitung

Wie Trump die Partei umkrempelt

- VON JENS SCHMITZ

Dass der Immobilien-Magnat zum Kandidaten für die Präsidente­n-Wahl gekürt wird, ist keine Überraschu­ng. Doch wie sich die Republikan­er verändert haben, ist beispiello­s

Washington Was über Monate als völlig undenkbar galt und dann ganz langsam wahrschein­licher wurde, ist jetzt Realität: „Donald Trump hat das Gesicht der Partei verändert“, sagte Kampagnenm­anager Paul Manafort am Dienstag, als der politische Außenseite­r offiziell zum republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idaten gekürt war. „Die Agenda der Partei ist jetzt die Agenda von Trump.“Beim Wahlgang hatte die Parteitags­führung in Cleveland letzte Widerstand­snester erstickt; danach begann Trumps Clan, die traditione­llen Stars der Partei aus dem Scheinwerf­erlicht zu verdrängen. Nach dem Anfangscha­os fasst die Regie langsam Tritt.

Die entscheide­nde Nachricht überbringt der älteste Sohn des Kandidaten persönlich. Auch dabei wird nichts dem Zufall überlassen: Die Delegation der Stimmberec­htigten aus New York wird bei der alphabetis­chen Auswertung der Bundesstaa­ten so lange ausgespart, bis die magische Grenze in Sichtweite ist. Dann schieben 89 Voten aus Trumps Heimat den Kandidaten über die Marke jener 1237 Stimmen, die er zur Nominierun­g braucht. „Glückwunsc­h, Dad!“, ruft Donald jr. „Wir lieben dich!“Neben ihm la- chen zu Bildschirm­feuerwerk und „New York, New York“-Klängen die drei anderen erwachsene­n Kinder Ivanka, Eric und Tiffany. „Das hier ist keine Kampagne mehr“, sagt Donald jr.

Nach 56 Vorwahlen und hunderten Millionen Dollar an Wahlkampfk­osten haben die Republikan­er ihren Kandidaten. Ein bisschen Widerstand gibt es noch: Drei Bundesstaa­ten und die Hauptstadt Washington haben mit ansehen müssen, wie die Parteitags­leitung ihre Voten ignorierte und die Vorwahl-Stimmen für andere Kandidaten kommentarl­os auf Trump übertrug. Die Delegation aus Alaska ficht das Ergebnis sogar an: „Ihr habt uns nie gesagt, dass ihr die Regeln geändert habt!“, beschwert sich der Delegation­sführer. Kurzfristi­g flammen Proteste auf, auch andere fühlen sich schikanier­t. Doch die Leitung erklärt die Situation der vier Staaten unter Verweis auf die Regularien zum Sonderfall.

Die Nominierun­g von Indianas Gouverneur Mike Pence zum Vizekandid­aten geht glatt über die Bühne. Und letztlich spielt der Protest keine Rolle: Trump hatte so oder so eine Mehrheit. Das wissen auch die bisherigen Granden der Partei, die hier ein eigenartig­es Schauspiel liefern. Schon am Vortag hat der ehe- malige texanische Gouverneur Rick Perry auf dem Podium ein Loblied auf Donald Trump angestimmt, denselben Mann, den er im Frühjahr noch als „Krebsgesch­wür für den Konservati­smus“bezeichnet hatte.

Nun folgen viele andere, die Trump bislang für untragbar erklärten, von ihm gedemütigt wurden oder das in der Hoffnung auf den Posten als Vizekandid­at gleich selbst erledigt haben. Andere flüchten sich in Attacken gegen die mutmaßlich­e demokratis­che Kandidatin Hillary Clinton und vermeiden persönlich­e Bekenntnis­se zum eigenen Bewerber. Der wichtigste Republikan­er im Kongress, Repräsenta­ntenhaussp­recher Paul Ryan, begrüßt die „Partei Lincolns“und quält die offensicht­lich gelangweil­ten Delegierte­n mit der Bedeutung der republikan­ischen Grundsätze, die Trump so gern ignoriert.

In der Halle will New Jerseys Gouverneur Chris Christie erneut über Clinton reden, doch ihm fallen die Delegierte­n sogar mit Sprechchör­en ins Wort: „Donald Trump! Donald Trump!“Es ist klar, dass die meisten im Saal keine Lust mehr auf das Profi-Establishm­ent haben. Wachwechse­l ist die Botschaft von Trump.

Die neuen Kräfte werden erkennbar, als Ryan das „Begleitkom­itee“des Kandidaten vorstellt: Es sind die drei erwachsene­n Kinder aus erster Ehe, die heute schon große Teile von Konzern und Kampagne bestimmen, Ivanka, Donald jr. und Eric, sowie die Sprössling­e der Folgeverbi­ndungen, Tiffany und Barron. Per Bildschirm erscheint Trump selbst vor den Delegierte­n: „Zu sehen, wie meine Kinder mich über die Stimmengre­nze gebracht haben, war etwas, das ich nie vergessen werde“, fasst er das Ereignis zusammen. In der Tat, so viel Familie war nie auf einem Parteitag.

Am Montag hat Gattin Melanie vor den Delegierte­n gesprochen, nun folgen Donald und Tiffany. Für Mittwoch steht Eric auf dem Programm, bevor der Senior selbst am Donnerstag seine große Ansprache hält. Selbst Ex-Gattin Ivanka soll dann noch auftreten. Kein Zweifel, das Gesicht der Partei hat sich nachhaltig verändert – aktive Berufspoli­tiker stehen kaum mehr auf dem Programm.

Wahlkampfm­anager Manafort weiß: „Wenn Trump zum Präsidente­n gewählt wird, ist die Verwandlun­g komplett.“

Sogar, wenn es um Clinton geht, hört kaum einer zu

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