„Herr Spaenle hat kein Plänle“
Opposition will mehr G9 und hält dem Schulminister Konzeptlosigkeit vor
München Viel ist über das bayerische Gymnasium seit der überraschenden Ankündigung der Verkürzung auf acht Jahre (G 8) im Jahr 2004 geredet worden: Die Lehrpläne wurden überarbeitet, sogenannte „Flexiklassen“kamen und gingen. Ein Volksbegehren scheiterte recht kläglich. Später sollte dann ein ermüdend langwieriger Diskussionsprozess mit Verbänden und Parteien für Schulfrieden sorgen.
Seit einem Jahr wird nun an ausgewählten Musterschulen im Land die „Mittelstufe Plus“getestet – eine verkappte G-9-Variante, die nach offizieller Lesart der unterschiedlichen Lerngeschwindigkeit der weiter wachsenden Zahl an Gymnasiasten in Bayern Rechnung tragen soll; tatsächlich aber wohl eher dazu dient, das CSU-Postulat der gymnasialen Achtstufigkeit mit dem Wunsch vieler Eltern nach mehr Lernzeit am Gymnasium in Einklang zu bringen.
Dass aber alle Versuche, dauerhaft Ruhe in Bayerns Gymnasien zu bringen, bislang gescheitert sind, zeigt sich in diesen Wochen erneut: Immer drängender schiebt sich nämlich die Frage in den Vordergrund, was denn nun nach dem auf zwei Jahre angelegten Feldversuch mit der „Mittelstufe Plus“werden soll.
Anders, als von der CSU erhofft, haben sich nämlich in den Musterschulen nicht nur ein Viertel, sondern eine klare absolute Mehrheit der Eltern für die längere Variante entschieden. Vor allem SPD und Grüne im Landtag ziehen daraus den Schluss, dass das Gymnasium zu einer verbesserten neunjährigen Variante mit einer achtjährigen „Turbo-Spur“für gute Schüler zurückkehren müsse: „Zwölf Jahre Versuch und Irrtum sind genug“, findet etwa der SPD-Bildungsexperte Martin Güll: „Das G 8 in der bayerischen Form ist gescheitert.“Die Freien Wähler fordern dagegen weiter eine völlige Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9.
In der CSU ist man grundsätzlich anderer Ansicht: Eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium sei „endgültig vom Tisch“, verkündete CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer kürzlich per Zeitungsinterview. Das G8 solle dauerhaft die gymnasiale Regelschule sein.
Was wird dann aber aus der beliebten „Mittelstufe Plus“? Das Problem beginne doch schon damit, dass das Konzept nicht an allen Schulen funktioniere, warnt der Grünen-Bildungsexperte Thomas Gehring. Eine Einschätzung, der hinter vorgehaltener Hand auch CSU-Schulpolitiker nicht widersprechen: Vor allem kleinere Schulen auf dem Land könnten bei hohem Anteil an „Plus-Schülern“gezwungen sein, auf den achtstufigen Zug ganz zu verzichten oder Wahlmöglichkeiten einzuschränken, warnt man auch dort.
Offiziell will man im CSU-Bildungsministerium von solchen Bedenken nichts wissen: Der Modellversuch sei dazu da, neben der Nachfrage auch organisatorische Herausforderungen der zwei Geschwindigkeiten offenzulegen, sagt Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich (CSU). Schon nächste Woche auf der Kabinettsklausur am Tegernsee werde das Kultusministerium „Eckpunkte für eine tragfähige Zukunftslösung“vorlegen.
Auf dieser Basis soll dann im Herbst ein neuer „Diskussionsprozess mit der Schulfamilie“starten. Endgültige Klarheit über die zukünftige Organisation des Gymnasiums werde dann im Winter geschaffen, verspricht Eisenreich.
Ein Zeitplan, der die Opposition nicht überzeugt: Das „Gemurkse“müsse sofort ein Ende haben, fordert die SPD. Die CSU habe schlicht keinen Plan, klagt der Grüne Gehring – und kalauert: „Und Herr Spaenle hat nicht einmal ein Plänle.“