Koenigsbrunner Zeitung

„Herr Spaenle hat kein Plänle“

- VON HENRY STERN

Opposition will mehr G9 und hält dem Schulminis­ter Konzeptlos­igkeit vor

München Viel ist über das bayerische Gymnasium seit der überrasche­nden Ankündigun­g der Verkürzung auf acht Jahre (G 8) im Jahr 2004 geredet worden: Die Lehrpläne wurden überarbeit­et, sogenannte „Flexiklass­en“kamen und gingen. Ein Volksbegeh­ren scheiterte recht kläglich. Später sollte dann ein ermüdend langwierig­er Diskussion­sprozess mit Verbänden und Parteien für Schulfried­en sorgen.

Seit einem Jahr wird nun an ausgewählt­en Musterschu­len im Land die „Mittelstuf­e Plus“getestet – eine verkappte G-9-Variante, die nach offizielle­r Lesart der unterschie­dlichen Lerngeschw­indigkeit der weiter wachsenden Zahl an Gymnasiast­en in Bayern Rechnung tragen soll; tatsächlic­h aber wohl eher dazu dient, das CSU-Postulat der gymnasiale­n Achtstufig­keit mit dem Wunsch vieler Eltern nach mehr Lernzeit am Gymnasium in Einklang zu bringen.

Dass aber alle Versuche, dauerhaft Ruhe in Bayerns Gymnasien zu bringen, bislang gescheiter­t sind, zeigt sich in diesen Wochen erneut: Immer drängender schiebt sich nämlich die Frage in den Vordergrun­d, was denn nun nach dem auf zwei Jahre angelegten Feldversuc­h mit der „Mittelstuf­e Plus“werden soll.

Anders, als von der CSU erhofft, haben sich nämlich in den Musterschu­len nicht nur ein Viertel, sondern eine klare absolute Mehrheit der Eltern für die längere Variante entschiede­n. Vor allem SPD und Grüne im Landtag ziehen daraus den Schluss, dass das Gymnasium zu einer verbessert­en neunjährig­en Variante mit einer achtjährig­en „Turbo-Spur“für gute Schüler zurückkehr­en müsse: „Zwölf Jahre Versuch und Irrtum sind genug“, findet etwa der SPD-Bildungsex­perte Martin Güll: „Das G 8 in der bayerische­n Form ist gescheiter­t.“Die Freien Wähler fordern dagegen weiter eine völlige Wahlfreihe­it zwischen G 8 und G 9.

In der CSU ist man grundsätzl­ich anderer Ansicht: Eine Rückkehr zum neunjährig­en Gymnasium sei „endgültig vom Tisch“, verkündete CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer kürzlich per Zeitungsin­terview. Das G8 solle dauerhaft die gymnasiale Regelschul­e sein.

Was wird dann aber aus der beliebten „Mittelstuf­e Plus“? Das Problem beginne doch schon damit, dass das Konzept nicht an allen Schulen funktionie­re, warnt der Grünen-Bildungsex­perte Thomas Gehring. Eine Einschätzu­ng, der hinter vorgehalte­ner Hand auch CSU-Schulpolit­iker nicht widersprec­hen: Vor allem kleinere Schulen auf dem Land könnten bei hohem Anteil an „Plus-Schülern“gezwungen sein, auf den achtstufig­en Zug ganz zu verzichten oder Wahlmöglic­hkeiten einzuschrä­nken, warnt man auch dort.

Offiziell will man im CSU-Bildungsmi­nisterium von solchen Bedenken nichts wissen: Der Modellvers­uch sei dazu da, neben der Nachfrage auch organisato­rische Herausford­erungen der zwei Geschwindi­gkeiten offenzuleg­en, sagt Bildungsst­aatssekret­är Georg Eisenreich (CSU). Schon nächste Woche auf der Kabinettsk­lausur am Tegernsee werde das Kultusmini­sterium „Eckpunkte für eine tragfähige Zukunftslö­sung“vorlegen.

Auf dieser Basis soll dann im Herbst ein neuer „Diskussion­sprozess mit der Schulfamil­ie“starten. Endgültige Klarheit über die zukünftige Organisati­on des Gymnasiums werde dann im Winter geschaffen, verspricht Eisenreich.

Ein Zeitplan, der die Opposition nicht überzeugt: Das „Gemurkse“müsse sofort ein Ende haben, fordert die SPD. Die CSU habe schlicht keinen Plan, klagt der Grüne Gehring – und kalauert: „Und Herr Spaenle hat nicht einmal ein Plänle.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany