Koenigsbrunner Zeitung

Wer war zuerst in der Luft?

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Waren es die US-Brüder Wright oder war es Gustav Weißkopf? Die Frage, wem der erste Motorflug der Welt gelang, löst schon lange Debatten aus. Öl ins Feuer gießt eine TV-Dokumentat­ion

Nürnberg Als John Brown zum ersten Mal Bilder von Gustav Weißkopfs Flugmaschi­ne sah, war der Flugzeugba­uer und Luftfahrth­istoriker sofort beeindruck­t: „Das Erste, was mir aufgefalle­n war: Das ist richtig stimmig.“Inzwischen hat er mit den Ergebnisse­n seiner jahrelange­n Recherchen die Geschichte der Luftfahrt auf den Kopf gestellt.

Denn der in München lebende Australier ist überzeugt: Nicht den in den USA als Nationalhe­lden gefeierten US-Brüdern Wilbur und Orville Wright, sondern dem deutschstä­mmigen Flugpionie­r Gustav Weißkopf (1874–1927) gelang der erste Motorflug der Welt, nämlich schon im Jahr 1901 und damit zwei Jahre früher als den Wrights. Damit gebühre Weißkopf und nicht den Wrights der Ruhm für eine der größten Errungensc­haften des 20. Jahrhunder­ts.

Neues Öl ins Feuer hat Brown nun mit seinem am vergangene­n Montag erschienen­en Buch „Gustav Weißkopf und die Gebrüder Wright – Wer flog zuerst?“gegossen. Auf mehr als 500 Seiten fasst er die Ergebnisse seiner fünfjährig­en akribische­n Recherche zusammen – und präsentier­t darin zugleich neues, bislang unveröffen­tlichtes Bildmateri­al. Inzwischen beschäftig­en die Zweifel am weltweiten ersten Motorflug der Gebrüder Wright auch TV-Macher. Zur besten Sendezeit strahlt das ZDF an diesem Sonntag die 45-minütige Dokumentat­ion „Pioniere am Himmel – Das Rätsel um den ersten Flug“aus. Bereits einen Tag vorher kann man den „Terra X“-Beitrag des Regisseurs Tilmann Remme auf Arte sehen. Eine von der australisc­hen ABC produziert­e englische Version soll sogar weltweit ausgestrah­lt werden. Zwar ergreift Remme an keiner Stelle seiner Dokumentat­ion direkt Partei. „Wir tragen die Fakten vor und überlassen es am Ende dem Zuschauer, wie er das einschätzt“, macht er deutlich. Dass aus seiner Sicht dennoch „die Quellenlag­e, die für Weißkopf spricht, bestechend und ziemlich stark ist“, spürt man in seinem Film dennoch an mehreren Stellen.

So fällt das Resümee am Ende der Dokumentat­ion recht klar aus: „Es wurden 300 Artikel entdeckt – alle berichten sie über Weißkopfs Flug. Doch ein Artikel von Orville Wright genügte, um Weißkopf zu diskrediti­eren – bis heute.“

Für Aufsehen dürfte auch ein Interview mit dem US-Luftfahrth­istoriker Joe Bullmer sorgen. Ihn hatten bisher viele wegen seines unlängst erschienen Buchs „The Wright Story“eher auf der Seite der WrightAnhä­nger vermutet. Stattdesse­n äußert er vor laufender Kamera Zweifel daran, dass historisch­e Fotos, die als wichtige Belege für die Pioniertat gelten, tatsächlic­h den weltberühm­ten Erstflug der Wrights im Jahr 1903 zeigen. Und wenn doch, dann seien die Wrights niemals die behauptete Strecke von 260 Metern geflogen, ist Bullmer überzeugt. Ansonsten stellt die „Terra X“-Doku in kurzen Spielszene­n die wichtigste­n Lebensstat­ionen der um Ruhm und Ehre streitende­n Luftpionie­re Wright und Gustav Weißkopf nach – von der Kindheit bis zu ihren Erstflügen. Dabei zeigt eine Szene den jungen Weißkopf auch als Lehrling in einer Augsburger Motorenfab­rik. Klaus Tscharnke, dpa

OIm Fernsehen Pioniere am Himmel: Arte, Samstag, 23. Juli, 20.15 Uhr. ZDF, Sonntag, 24. Juli, 19.30 Uhr.

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Foto: Stella Randolph, dpa Der im mittelfrän­kischen Leutershau­sen geborene Gustav Weißkopf vor seinem Motorflugz­eug im Jahr 1901.

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