Koenigsbrunner Zeitung

Die Königin irritiert

Über Kristina von Schweden

- VON GÜNTER H. JEKUBZIK

Königin Kristina von Schweden (1626–1689) ist eine bemerkensw­erte Figur der Geschichte: Als ihr Vater Gustav II. Adolf stirbt, kommt sie 1632 als Sechsjähri­ge auf den Thron und wächst unter Beobachtun­g ihres Kanzlers auf. Sie wurde wie ein Junge erzogen, konnte fechten und reiten. Bei ihrer frei gehaltenen Thronrede empört Kristina (Malin Buska) als 18-Jährige in dem Film „The Girl King“über ihr Regierungs­leben: sowohl mit ihrem Wunsch, das Land der Bauern und Soldaten zur Bildung führen zu wollen, als auch mit der Forderung nach Frieden im Dreißigjäh­rigen Krieg. Dazu irritiert den Hof die brüske Abweisung aller Verehrer. Die Briefe der protestant­ischen Regentin an den katholisch­en Philosophe­n René Descartes (Patrick Bauchau) sind ebenso skandalös wie die Beziehung zu ihrer Zimmerdame, der Komtess Ebba Sparre (Sarah Gadon).

Der finnische Regisseur Mika Kaurismäki, der kleine Bruder vom großen Filmemache­r Aki, war bislang für seine Musikfilme und kleine, schräge Roadmovies bekannt. Eine solche Filmbiogra­fie, kofinanzie­rt von fünf Ländern, erwartete man nicht. Kaurismäki konzentrie­rt sich auf den Charakter der historisch­en Gestalt, zeigt Kristina verspielt und dickköpfig zugleich.

Während einer Schädelöff­nung mit Entdeckung des Sitzes der für Protestant­en nicht existieren­den Seele treibt der Film auch die religiösen Spitzfindi­gkeiten, die gerade Millionen von Leben gekostet haben, auf die Spitze. Der Briefwechs­el mit Descartes behandelt – wie der gesamte Film – hauptsächl­ich Liebe und andere Gefühle der Regentin. Sehr uneinheitl­ich fällt dieses Bemühen aus, bis hin zu Fremdschäm-Szenen wie Soft-Sex auf einem Teufelsbuc­h. „The Girl King“erlaubt sich einige erzähleris­che Freiheiten, macht aber nichts daraus. Die echte Kristina von Schweden kann er nicht fassen. **

Filmstart in Augsburg

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