Koenigsbrunner Zeitung

Lassen sich Einbrüche vorhersage­n?

- VON CHRISTINA HELLER

Die hessische Polizei stellt eine Software vor, die prognostiz­ieren soll, wo Diebesband­en demnächst zuschlagen. In Bayern gibt es das schon lange – aber nicht überall

Augsburg Zur Bekämpfung von Wohnungsei­nbrüchen setzt die Polizei immer häufiger sogenannte Prognose-Software ein. Gestern hat das Landeskrim­inalamt Hessen ein solches Programm vorgestell­t, das vorhersage­n soll, wann und wo Einbrüche passieren. Es wird zunächst in der Rhein-Main-Region ausgeteste­t, soll aber langfristi­g in ganz Hessen angewendet werden, sagte ein Sprecher des hessischen Innenminis­teriums. In Bayern gibt es ein solches Programm schon länger. Die Software heißt „Precobs“, kurz für Pre-Crime-Observatio­n-System, also ein System, das ein Verbrechen beobachtet, bevor es geschieht. Nur: Wie soll das möglich sein?

Günther Okon arbeitet beim Bayerische­n Landeskrim­inalamt (LKA). Er leitet dort unter anderem das Projekt „Precobs“. Seit etwa zwei Jahren testet die bayerische Polizei diese Software und war damit in Deutschlan­d Vorreiter, sagt er. Auch in Baden-Württember­g laufen Versuche mit der Software. Außerdem experiment­iere nach Okons Auskunft die Polizei in Nordrhein-Westfalen mit einem ähnlichen Programm. Nun haben die Kollegen in Hessen eine eigene Software vorgestell­t.

Auch dort erhofft sich das LKA, dass mit der neuen Technik die Zahl der Wohnungsei­nbrüche sinken werde. Wie viele Einbrüche durch das System in Bayern bisher verhindert wurden, lässt sich laut Okon schwer sagen. Denn auf die Ein- bruchsrate hätten zu viele Faktoren Einfluss. „Aber was wir sagen können, ist: In dem Gebiet in München, in dem wir Precobs getestet haben, ist die Zahl der Wohnungsei­nbrüche im Testzeitra­um um 38 Prozent gesunken – überall sonst um 14 Prozent. Und es scheint auch nicht so zu sein, dass die Einbrecher einfach in die Nachbarsch­aft sagt der Polizist.

Hinter der Software steckt Mathematik. Rückblicke­nd hat das Programm Einbrüche in München und in Nürnberg, Fürth und Erlangen ausgewerte­t und darin Muster erkannt. Diese Muster lassen sich in die Zukunft übertragen. Und sagen ausweichen“, mit einer ziemlich großen Genauigkei­t vorher, in welchem Gebiet demnächst verstärkt eingebroch­en wird. Das funktionie­rt über sogenannte „Trigger-Delikte“, wie Okon sie nennt. Sie sind Startpunkt­e einer ganzen Serie. Tritt ein solcher Einbruch auf – etwa ein Schmuckdie­bstahl in einem Einfamilie­nhaus – sind die Ermittler alarmiert und fahren dort etwa häufiger Streife. Denn aus Erfahrung wissen die Beamten, dass Diebesband­en häufig umherreise­n und mehrere Tage hintereina­nder in derselben Region zuschlagen. „Um herauszufi­nden, wie genau die Prognosen sind, haben wir auch in solchen Gebieten häufiger Menschen kontrollie­rt“, erzählt Okon. Und tatsächlic­h tauchten dabei einige bekannte Einbrecher auf.

Auch das hessische Programm berechnet die Einbruchsw­ahrscheinl­ichkeit in einer Region anhand von Daten. Allerdings hat sich das dortige LKA entschiede­n, ein eigenes Programm zu entwickeln. „Zum einen hatten wir die Leute, die das können. Zum anderen können wir so die Erfahrung unserer Polizeibea­mten mit einbringen“, sagt der Sprecher des Innenminis­teriums. Denn Precobs wurde vom Institut für musterbasi­erte Prognosete­chnik in Oberhausen entwickelt.

In Bayern wird es bisher auch weiterhin nur in München und im Großraum Nürnberg eingesetzt. Denn damit die Vorhersage­n auch zutreffen, müssen in dem Gebiet schon relativ viele Einbrüche passiert sein. Das ist laut Okon nur in diesen Ballungsrä­umen der Fall.

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Foto: Matthias Becker Aus der Erfahrung weiß die Polizei, dass Diebesband­en oft im Land herumreise­n und dann öfter in einer Region zuschlagen.

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