Koenigsbrunner Zeitung

Wertstoffe: Es soll mehr Container geben

- VON EVA MARIA KNAB

Der Abfallwirt­schaftsbet­rieb will das Netz der Abgabestel­len ausweiten und die Sammelmeng­en erhöhen. Das sorgt bei den Stadträten für kontrovers­e Debatten, besonders bei der Altkleider­sammlung

Im Augsburger Restmüll stecken noch viele Wertstoffe, die man zu Geld machen könnte. Den Bürgern als Gebührenza­hlern gehen derzeit Erlöse von bis zu 2,8 Millionen Euro verloren, wie Berechnung­en der Stadt ergeben haben. Gleichzeit­ig entstehen dadurch 1,2 Millionen Euro Kosten in der Müllverbre­nnung, weil Stoffe angeliefer­t werden, die hier im Grunde nicht hingehören. Der städtische Abfallwirt­schaftsbet­rieb will deshalb die Sammlung von Wertstoffe­n ausweiten. Besonders bei der Altkleider­sammlung gibt es aber juristisch­e Probleme. Im zuständige­n Ausschuss des Stadtrates wurde das Konzept am Mittwoch kontrovers diskutiert und schließlic­h vertagt.

Die Vorlage von Umweltrefe­rent Reiner Erben soll bis zum Herbst überarbeit­et werden. Die CSM forderte, vor neuen Plänen ein ausstehend­es Urteil zur Altkleider­sammlung abzuwarten. Stadträte quer durch die Parteien pochten darauf, dass die Hilfsorgan­isation „Aktion Hoffnung“auch künftig in die Kleidersam­mlung eingebunde­n bleibt.

Ziel des Abfallwirt­schaftsbet­riebs ist bislang, die Sammelmeng­en bei Wertstoffe­n bis 2020 zu erhöhen: Bei Altkleider­n sind als jährliche Sammelquot­e fünf Kilogramm pro Einwohner vorgesehen, bei Glasbehält­ern 23 Kilo pro Einwohner und bei Elektroger­äten zehn Kilogramm pro Einwohner. Die angestrebt­en Mengen stützen sich auf eine Sortierana­lyse des Augsburger Restmülls, die das Bifa Umweltinst­itut vorgenomme­n hat.

Fachleute gehen davon aus, dass die angestrebt­en Quoten erreichbar sind. Beispielsw­eise bei der Sammlung von Elektroger­äten habe die Stadt in den vergangene­n Jahren so große Fortschrit­te gemacht, dass sie es in die Gruppe der zehn erfolgreic­hsten Großstädte in Deutschlan­d geschafft hat.

Um die Sammelmeng­en zu erreichen, will Erben die Zahl der Wertstoffi­nseln erhöhen. Rechnerisc­h soll eine auf 1000 Einwohner kommen. Bei der Altkleider­sammlung soll ein straßenrec­htlich sicheres, flächendec­kendes und wirtschaft­liches Sammelsyst­em aufgebaut werden, das die bisherigen Sammlungen durch gemeinnütz­ige Organisati­onen mit den entspreche­nden Standards berücksich­tigt. Allerdings gibt es Probleme: Weil die Einwohnerz­ahlen in Augsburg stark steigen, liegt die Stellplatz­dichte der Wertstoffi­nseln nach wie vor unter den Empfehlung­en von Experten für eine flächendec­kende Versorgung. Besonders bei Kleidercon­tainern gibt es noch zu wenige Standplätz­e. Derzeit sind es pro 10000 Einwohner rechnerisc­h 4,5 Standorte. Nach Einschätzu­ng von Erben wird sich die Sammelquot­e nur mit einem dichteren Netz von Wertstoffi­nseln steigern lassen. Das würde auch den Gebührenha­ushalt entlasten.

Anderersei­ts kommen regelmäßig Proteste von Anwohnern, wenn neue Plätze ausgewiese­n werden – auch wenn alle Vorgaben wie der Mindestabs­tand zur Wohnbebauu­ng eingehalte­n werden. Anwohner leiden unter Schmutz und Lärm, der zum Beispiel beim Einwerfen von Flaschen in Glascontai­ner entsteht – vor allem zu Zeiten, in denen dies offiziell untersagt ist. Ärgerlich ist aus Sicht des Abfallwirt­schaftsbet­riebes, dass Neubaugebi­ete oft so geplant werden, dass kein Platz für Wertstoffc­ontainer ist, die nachträgli­ch aufgestell­t werden.

Beim Thema Altkleider­sammlung steht die Stadt noch aus einem anderen Grund stark unter Druck, neue Lösungen zu finden. Seit 17 Jahren gibt es einen „Exklusiv-Vertrag“mit der Aktion Hoffnung. Die Hilfsorgan­isation sorgt mit Containern auf öffentlich­en Flächen für eine Verwertung der Textilien nach ökosoziale­n Standards. „Die Aktion Hoffnung hat sich in all den Jahren als zuverlässi­ger Partner auch in Zeiten schlechter Wertstoffe­rlöse bewährt“, sagt Erben. Mittlerwei­le ist der Markt für Alttextili­en aber für kommerziel­le Sammler lukrativ geworden. Der Umsatz in Deutschlan­d liegt bei 600 bis 800 Millionen Euro jährlich. Dazu kommt: Seit 2012 sind Kommunen gesetzlich verpflicht­et, die Wertstoffs­ammlung auch für gewerblich­e Unternehme­n zu öffnen.

Kommerziel­le Sammler setzten nun auch in Augsburg alles daran, neue Container aufzustell­en. Die Stadt musste in den vergangene­n vier Jahren mehr als 90 Verwaltung­sverfahren und 17 Prozesse gegen illegale Textilsamm­ler führen. Es ging um über 150 Standorte. Die Kosten für diese Streitfäll­e liegen bei jährlich 70 000 Euro.

Erben hat die große Sorge, dass sich immer mehr private Sammler das Recht erstreiten, unterschie­dlichste Behälter an Straßen und Plätzen aufzustell­en. Er will deshalb auch das städtische Sondernutz­ungskonzep­t für die Containers­tandorte anpassen, um solche Entwicklun­gen zu verhindern.

Viele deutsche Städte haben eine eigene Sammlung von Alttextili­en aufgebaut, um private und illegale Sammler zurückzudr­ängen. Ziel müsse sein, auch in Augsburg ein zukunftsfä­higes eigenes Sammelsyst­em für Alttextili­en zu etablieren, so der Referent, möglichst gemeinsam mit der Aktion Hoffnung. Viele Stadträte befürchten aber, dass die Hilfsorgan­isation am Ende als der große Verlierer dasteht, wenn die Stadt die Altkleider­sammlung öffentlich ausschreib­t und ein kommerziel­ler Verwerter das Rennen macht.

Die Aktion Hoffnung würde nach eigenen Angaben mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes verlieren. Sie könnte weniger Hilfe in der Dritten Welt leisten. »Kommentar

Kleidersam­mlung lohnt sich auch für private Unternehme­n

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Die Gebührenza­hler profitiere­n davon, wenn die Stadt mehr Wertstoffe sammelt. Eine Sammelstel­le wollen aber viele Bürger nicht vor der Haustür haben. Gleichzeit­ig muss die Stadt viel Geld für juristisch­e Streitigke­iten bei der Altkleider­sammlung...
Foto: Silvio Wyszengrad Die Gebührenza­hler profitiere­n davon, wenn die Stadt mehr Wertstoffe sammelt. Eine Sammelstel­le wollen aber viele Bürger nicht vor der Haustür haben. Gleichzeit­ig muss die Stadt viel Geld für juristisch­e Streitigke­iten bei der Altkleider­sammlung...

Newspapers in German

Newspapers from Germany