Koenigsbrunner Zeitung

Mit Pokémon Go auf Monsterjag­d im Kreis

Games K!ar.Texter Michael hat sich mit dem neuen Trendspiel einen Kindheitst­raum erfüllt: einmal ein echter Pokémon-Trainer sein. Dennoch sieht er das Spiel kritisch

- VON MICHAEL RAITH

Landkreis Augsburg Wer sich in den vergangene­n Tagen über zahlreiche junge Menschen gewundert hat, die auf ihr Handy starren und vor dem Gersthofer City Center, im Schwabmünc­hner Stadtgarte­n oder in Langweid vor dem Rathaus auf und ab laufen, hat höchstwahr­scheinlich Jäger gesehen – Pokémon-Jäger.

„Pokémon Go“heißt der neueste Hype. Während früher die kleinen namensgebe­nden Monster nur virtuell auf Spielekons­olen gefangen wurden, bin ich heute PokémonTra­iner in der realen Welt. Ich muss nur die kostenlose App herunterla­den und schon kann ich mich mit meinem Handy auf die Jagd begeben. Mit sogenannte­n Pokébällen kann ich die Monster fangen und ausbilden. Dadurch werden sie stärker, um schließlic­h im Kampf mit den Pokémon anderer Trainer bestehen zu können.

Tatsächlic­h fühlt es sich beinahe so an, als wäre ein lang gehegter Kindheitst­raum wahr geworden: Endlich einmal selber Pokémon-Trainer zu sein. Überall lauern die kleinen Monster. Die App versucht auch die reale Welt mit einzubinde­n und platziert etwa Pokémon, die Würmern, Käfern oder Blättern ähneln, vornehmlic­h auf dem Land. Fischähnli­che Pokémon warten oft in oder an Gewässern darauf, eingefange­n zu werden. Und eines der häufigsten Pokémon, das in Städten zu finden ist, ist Taubsi – angelehnt an eine Taube. Freunde haben mir zuvor gesagt, dass man das wohl bekanntest­e Pokémon, Pikachu, nur in den USA finden könne. Umso überrascht­er bin ich, als ich eines in Gersthofen vor einem Supermarkt sitzen sehe und schnell einfange. Orte, an denen starke Pokémon zu finden sind, scheinen aber spielerode­r zeitabhäng­ig zu sein. Freunde von mir haben keine Pokémon finden können, wo ich zuvor einige gefangen habe. In einer Arena in Gersthofen, also einem Treffpunkt, der mir in der App angezeigt wird, treffe ich auf andere Trainer und wir lassen unsere Monster gegeneinan­der kämpfen. Das Gefühl seine Gegenspiel­er auch mal real zu treffen und nicht wie bei anderen Spielen nur gegen anonyme Gegner anzutreten, ist einzigarti­g.

Ich bin zu Beginn begeistert und kann den Hype verstehen. Nach einer gewissen Zeit finde ich aber doch einige Kritikpunk­te: Dass das Programm zahlreiche meiner Daten sammelt, ist für mich dabei gar nicht so schlimm. Die sind durch Facebook, WhatsApp, Instagram und Co. sowieso schon lange im Netz.

Vielmehr frage ich mich, ob der Entwickler Niantic unsere Lebensumwe­lt nicht zu sehr als Spielwelt gebraucht. Bilder von Leuten, die mitten auf einer starkbefah­renen Straße laufen, um ein Pokémon zu sammeln, bringen mich zum Nachdenken. Während des Spiels wird der Spieler immer wieder gewarnt, auf seine Umgebung zu achten. Vielen scheint das jedoch egal zu sein: Wenn Spielermas­sen eine Polizeiwac­he stürmen, weil ein seltenes Pokémon sich darin befindet, oder Spieler in großen Mengen über Friedhöfe rennen, ist das ein Moment in dem für mich überaus deutlich Grenzen überschrit­ten werden. Und wenn ich lese, dass manche Leute sich angeblich Flüge nach Nepal buchen, nur weil sich auf dem Mount Everest ein seltenes Pokémon befindet, dann ist das für mich eine Form von Sucht, die ich nicht mehr verstehen kann.

Bei meinem Streifzug durch den Landkreis Augsburg fange ich innerhalb von fünf Tagen 89 Pokémon – bei einer Spielzeit von etwa einer Stunde pro Tag. Das macht nicht nur Spaß, sondern ich sehe auch etwas von meiner Umgebung. Zudem treffe ich zahlreiche weitere Pokémon-Jäger. Etwa 20 versammeln sich an einem Nachmittag in einer Arena in der Augsburger Innenstadt, um dort ihre gefangenen Monster gegeneinan­der antreten zu lassen.

In Zukunft soll es alle 721 Pokémon zu fangen geben. Momentan sind es nur 151. Dennoch frage ich mich, ob sich die breite Masse über mehrere Monate dazu motivieren lässt, in der Freizeit durch die Gegend zu laufen und aufs Handy zu starren. Ist das wirklich die SpieleZuku­nft?

Möglicherw­eise: „Augmented Reality“nennt sich die Technik, mit der bei Pokémon Go gearbeitet wird. Dabei wird das Spiel in die reale Welt des Spielers projiziert. Trotzdem muss Nintendo sich in naher Zukunft eine Lösung einfallen lassen, wie es verhindert werden kann, dass Spieler blind durch die Städte laufen und nur noch ihre Pokémon im Sinn haben.

Doch so lange sich Spieler bewusst sind, dass Pokémon Go ein Spiel ist und nicht über der realen Welt stehen sollte, kann man überaus viel Spaß mit der App haben. Also weg vom Bildschirm, raus an die frische Luft und losgejagt.

Wird unsere Umwelt zu sehr als Spielwelt genutzt?

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Foto: Michael Raith In Stettenhof­en sitzt ein Taubsi, das gleich eingefange­n wird.
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Foto: S. Prautsch, dpa Glumanda in der App Pokémon Go

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