Der Chef einer „wunderschönen Schule“geht
Grundschule West Raimund Berchtold verabschiedet sich nach 24 Jahren an „seiner“Schule in den Ruhestand
Königsbrunn Zum Abschied haben die Kicker der vierten Klasse Raimund Berchtold noch ein besonderes Geschenk gemacht: Sie gewannen die Endrunde des LandkreisFußballturniers der Grundschulen. Ihr Trainer – und Schulleiter – will die Freude darüber nicht verbergen. „7:0 Tore in der Schlussrunde“, lässt er wissen. Auch er war als Kind und Jugendlicher ein leidenschaftlicher Fußballer, spielte sogar in der Bezirksliga, spielte Eishockey und kraulte durch Schwimmbecken.
„Bewegung ist ganz wichtig“, betont Berchtold mit Blick auf seine Schüler. Deshalb war es für ihn auch wichtig, dass an der Grundschule West jedes Jahr wieder die AG Sport zustande kam, in der sich Schüler nachmittags freiwillig trafen, um Fußball oder Badminton zu spielen oder auch mal ins Schwimmbad zu gehen. Die Grundschule West bot dazu sehr gute Rahmenbedingungen: eine Doppelturnhalle und ein großes Freigelände. Jetzt heißt es für Berchtold, nicht nur seine Sportsachen einzupacken. Ende des Schuljahres geht der 65-Jährige in den Ruhestand.
Vor dem Studium kamen Banklehre und Bayernkolleg
Fast ein Vierteljahrhundert gehörten die Grundschule KönigsbrunnWest und Raimund Berchtold zusammen. Als Berchtold die Leitung der Schule im Juni 1992, ein Jahr nach ihrer Gründung, übernahm, lag ein bewegter Werdegang hinter ihm. Nach der mittleren Reife hatte er eine Banklehre absolviert und dann auf dem Bayernkolleg in Wolfratshausen das Abitur nachgeholt.
In den ersten Berufsjahren lernte er mehrere Grund- und Hauptschulen im Kreis kennen, wechselte dann erst mal für fünf Jahre ans Kultusministerium. Als 1992 der Wechsel zurück in den Schuldienst anstand, wollte er unbedingt im Landkreis arbeiten – da bot sich nur die neue Grundschule im Königsbrunner Westen an.
Berchtold kam in eine aufstrebende Stadt, der ihre Schulen wichtig waren – und nicht nur deshalb, weil der damalige Bürgermeister Adam Metzner früher selbst Schulleiter war. „Die Stadt Königsbrunn hat immer sehr viel für ihre Schulen ge- tan“, stellt Berchtold fest. Als Beleg fallen ihm nicht nur die in den vergangenen zehn Jahren aufwendig neu gestalteten Schulhöfe ein – das Atrium an der West-Schule kostete rund 200000 Euro – sondern auch die Vorreiterrolle bei der Jugendsozialarbeit an Schulen.
Im „Königsbrunner Projekt“, einer Kooperation der Schulleiter von Grund-, Haupt- und einigen Förderschulen, hat auch Berchtold dies gefordert. Das Ziel waren bessere Rahmenbedingungen bei der Betreuung von schwierigen Kindern, auch um „das Recht der Schüler auf störungsfreien Unterricht“zu sichern, wie Berchtold erläutert.
Schwierige Kinder, manchmal auch schwierige Eltern – im Rückblick spricht Berchtold dennoch von einer „wunderschönen Zeit“an der Grundschule West. Sie sei „eine kindgerechte Schule“, findet er, optisch lasse das „wunderschöne Gebäude“nichts zu wünschen übrig“. Dass ihre verschachtelte Bauweise und mangelnde Dämmung eine aufwendige Sanierung nötig mache, stehe auf einem anderen Blatt.
In den 24 Jahren hat Berchtold manche Veränderungen im Schulbetrieb erlebt und gestaltet: Mittagsbetreuung, Hort – zuletzt die Partnerschaft mit der Fritz-Felsenstein-Schule, für die aufwendige Umbauten nötig waren. Dass Berchtold zwar seit vielen Jahren in Neusäß-Steppach wohnt, aber oft für Sport und Kultur in Königsbrunn präsent ist, erleichterte es, die Kommunalpolitik von so aufwendigen Projekten zu überzeugen.
Was bleibt ihm aus seiner Zeit an der West-Schule besonders in Erinnerung? „Wenn nacheinander mehrere Kinder einer Familie bei uns waren“, sagt er, „einmal waren es sogar sieben.“Es freue ihn auch, wenn ehemalige Schüler beim Schulfest vorbeischauen und ihn fragen: „Hallo, Herr Berchtold, kennst du mich noch?“
Eine ganze Reihe seiner Schüler, so erzählt er, haben später den Lehrerberuf gewählt und an ihrer alten Grundschule hospitiert. Das zeigt wohl, dass „Herr Berchtold“einiges richtig gemacht hat.
Was steht ab Juli an? „Erst mal die Freiheit genießen“, sagt er mit einem Lächeln, und möglichst keine festen Verpflichtungen eingehen. Haus und Garten werden ihn ohnehin weiter fordern. Dass er jetzt außerhalb der Ferien Urlaub machen
kann, findet er toll. Im Sport wird er nochmals Neuland betreten – das Sprachbild passt hier allerdings nicht. Mit seiner Frau wird er den Gutschein für einen Segelkurs auf dem Chiemsee einlösen.