Koenigsbrunner Zeitung

Was ist nur mit unseren Banken los?

Filialen schließen, Gebühren steigen. Das liegt am niedrigen Leitzins, aber auch an den eigenen Fehlern manches Instituts

- VON MICHAEL KERLER

Wie sehr die deutsche Bankenland­schaft derzeit erschütter­t wird, können die Kunden im Alltag beobachten. In der Nachbarsch­aft schließen Filialen. Wo früher der Berater anzutreffe­n war, werden Scheiben abgeklebt. Gleichzeit­ig steigen bei vielen Instituten die Gebühren – für das Konto, für Überweisun­gen, für Girokarten. Was ist mit unseren Banken los? Was droht den Kunden noch?

Die Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k setzt den deutschen Instituten unbestritt­en hart zu, gerade Volksbanke­n und Sparkassen. Jeder Kleinspare­r kennt den Effekt des Kurses von EZB-Chef Mario Draghi. Für klassische Geldanlage­n wie das Sparbuch erhalten Sparer teilweise weniger als 0,1 Prozent Zins. Das ist nichts. Eine Altersvors­orge ist damit nur schwer möglich. Die Situation schadet auch den Banken selbst: Sie zahlen dem Anleger zwar weniger Zinsen, bekommen aber auch von Kreditnehm­ern weniger Geld. Die Zinsspanne schrumpft. Kredite an Mittelstän­dler und Bauherren sind aber das Hauptgesch­äft heimischer Regionalba­nken.

Eine stärkere Regulierun­g macht den Banken das Geschäft zusätzlich schwer. Sie ist nach den Sünden der Finanzkris­e und im Sinne des Verbrauche­rschutzes gut gemeint, hat aber teils ein abstruses Ausmaß angenommen. Der Kunde merkt dies daran, dass das Ausfüllen eines Beratungsp­rotokolles teils länger dauert als das eigentlich­e Beratungsg­espräch.

Doch sind es auch eigene Fehler der Geldhäuser, die sich rächen: Großbanken fallen ihre Skandale auf die Füße, allen voran der Deutschen Bank. Das größte Geldhaus der Republik machte in den letzten Jahren mit Prozessen oder Zinsmanipu­lation von sich reden. Andere Banken wie die Commerzban­k oder die Hypo Real Estate mussten mit Staatsgeld gerettet werden. Die Branche darf sich nicht wundern, wenn nach dem Größenwahn und der Zockerei früherer Tage das Image lädiert ist. Auch die sonst soliden Regionalba­nken machten nicht immer eine gute Figur: Berichte über die einseitige Kündigung gut verzinster Sparverträ­ge sind noch gut bekannt – auch in unserer Region.

Und wie groß ist die Not, Filialen schließen zu müssen, wirklich? Zweifellos kommen immer weniger Kunden persönlich an den Schalter. Sie nutzen immer stärker das Online-Banking. Oft sieht man Kunden nur noch einmal im Jahr in der Filiale, berichten Fachleute. Haben aber die Banken diesen Trend nicht selbst befeuert, um Kosten zu sparen? Klassische Schalter wurden abgebaut, Automaten aufgestell­t, wer Überweisun­gen auf Papier einreicht, zahlt heute fast überall Gebühren. Dass sich die Lage für Banken und Sparer bald entspannt, ist nicht abzusehen.

Die EZB hat gestern den Leitzins in der Eurozone bei null Prozent belassen. Der Brexit und nun die italienisc­he Bankenkris­e lasten auf der Konjunktur in Europa. Draghi wird fatalerwei­se die Geldflut eher noch ausweiten. Und die Banken werden noch stärker sparen und die Digitalisi­erung vorantreib­en. Viele Häuser müssen ihre veraltete IT-Infrastruk­tur erneuern. Nicht nur für die betroffene­n Angestellt­en ist die Lage schwierig.

Der Dumme ist am Ende oft der Bankkunde. Er muss sich darauf einstellen, dass noch mehr Filialen verschwind­en, dass die Bank auf dem Land nur mit dem Auto erreichbar ist. Und er muss damit rechnen, dass banale Dienstleis­tungen wie das Ausdrucken eines Kontoauszu­gs Gebühren kosten.

Tragisch nur, wenn damit Anleger soliden Banken den Rücken zukehren und dann mit windigen Anlageform­en Geld verlieren – wie zuletzt bei dem Windanlage­nbauer Prokon oder bei German Pellets.

Der Dumme ist am Ende oftmals der Bankkunde

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