Koenigsbrunner Zeitung

Wer sich Trump verweigert, erntet Hass

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Senator Cruz geht beim Convent der Republikan­er in Cleveland auf Distanz zum gekürten Kandidaten. Die Folge sind wütende Attacken von „Parteifreu­nden“gegen ihn und seine Frau

Cleveland Der texanische Senator Ted Cruz hat auf dem Parteitag der US-Republikan­er einen Eklat ausgelöst. Cruz erntete lautstarke Buhrufe, weil er dem Präsidents­chaftskand­idaten Donald Trump die Unterstütz­ung verweigert­e. Cruz sang in seiner Rede am Mittwochab­end in Cleveland ein Loblied auf die Freiheit und konservati­ve Prinzipien, ging aber nicht über einen Glückwunsc­h an Trump zu dessen Nominierun­g hinaus.

Stattdesse­n rief er die Delegierte­n dazu auf, bei der Kandidaten­wahl ihrem Gewissen zu folgen. „Wir haben Führer verdient, die für Prinzipien stehen, die uns alle hinter gemeinsam geteilten Werten vereinen. Das ist der Standard, den wir von jedem erwarten können“, sagte Cruz, der in den Vorwahlen stärkster Konkurrent von Trump war. Das kann kaum anders als eine Ohrfeige für Trump gewertet werden, dessen oft wechselnde Positionen und mangelnde Prinzipien­treue der erzkonserv­ative Cruz oft kritisiert hat. „Steht für euer Gewissen ein und wählt Kandidaten, die die Verfassung verteidige­n“, sagte Cruz.

Kurz vor Ende der Rede erschien Trump in der Halle, winkte seinen Anhängern zu und zog alle Blicke auf sich. US-Medien berichtete­n, Cruz sei anschließe­nd nicht in die VIP-Suite des Großspende­rs Sheldon Adelson hineingela­ssen worden. Heidi Cruz habe beim Verlassen der Halle vor wütenden Trump-Anhängern beschützt werden müssen. Bereits vor seiner Rede wurde kolportier­t, dass der Senator an einer eigenen Kandidatur für 2020 arbeitet – ungeachtet der Frage, wer im November die Wahl gewinnt.

Trump-Anhänger wie der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, warfen Cruz vor, ein Gelöbnis gebrochen zu haben. Darin hatten sich alle Präsidents­chaftsbewe­rber der Republikan­er verpflicht­et, denjenigen zu unterstütz­en, der letztlich aus dem breiten Feld als Kandidat der Partei hervorgeht. Trump hatte allerdings selber im März von dem Gelöbnis Abstand genommen. „Wow, Ted Cruz ist von der Bühne gebuht worden, hat das Gelöbnis nicht eingehalte­n!“, twitterte Trump. „Ich habe seine Rede zwei Stunden früher gesehen, ihn aber trotzdem sprechen lassen. Keine große Sache!“

Trump hatte Cruz im Vorwahlkam­pf regelmäßig als „Lügenden Ted“bezeichnet und dessen Frau Heidi durch das Twittern eines unvorteilh­aften Bildes beleidigt. Außerdem hatte er einen Bericht eines Klatschbla­ttes weiter verbreitet, der Cruz’ Vater mit dem Attentäter von John F. Kennedy in Verbindung brachte. Cruz’ Auftritt unterstrei­cht das tiefe Zerwürfnis der Republikan­er. Auch am vorletzten Tag des Konvents wurde deutlich, wie uneins und zerrissen die Partei nach einem beispiello­sen Vorwahlkam­pf und dem Sieg des politische­n Quereinste­igers Trump ist.

Angesichts des Eklats um Cruz ging fast unter, dass Mike Pence nun offiziell Kandidat für das Amt des US-Vizepräsid­enten ist. Der Gouverneur des Bundesstaa­tes Indiana nahm die Nominierun­g des Konvents an. Er beschwor die Einigkeit der Partei, um im November Trump zum Präsidente­n zu wählen, und erinnerte an sein Vorbild, ExUS-Präsident Ronald Reagan. Trump hatte den 57-jährigen Pence ausgesucht, um die sozialkons­ervativen und evangelika­len Flügel der Partei zufriedenz­ustellen.

Bei Protesten und nach dem Verbrennen einer US-Flagge nahm die Polizei am Mittwochab­end 17 Demonstran­ten fest. Die Lage vor der Parteitags­halle war eskaliert, als eine Demonstran­tin der „Revolution­ary Communist Party“nicht nur die Fahne in Brand setzte, sondern die Flammen auf sie und andere Protestier­ende übergriffe­n.

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Foto: John Moore, afp Von Fassungslo­sigkeit bis zu wütenden Protesten reichte die Bandbreite der Reaktionen auf die Rede des Trump-Kontrahent­en Ted Cruz.

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