Landwirte wehren sich gegen Lidl
Milchviehhalter kritisieren Anforderungskatalog. Der Bauernverband kontert bayernweit
Landsberg Natürlich hadert Leonhard Welzmiller mit dem niedrigen Milchpreis. Sein Besuch gestern in der Lidl-Filiale am Penzinger Feld in Landsberg hatte aber einen anderen Grund. Dem Obmann des Bayerischen Bauernverbandes im Landkreis Landsberg stößt es sauer auf, dass der Discounter mit der Umstellung seiner Eigenmarke Milbona auf gentechnikfreie Frischmilch einen Anforderungskatalog an die Molkereien verschickt hat, der die Bauern in ihrer Berufsehre verletze und ihnen zusätzliche Kosten verursache.
Anfang des Jahres übermittelte Lidl seine Grundanforderungen an Milchbauern, Lieferanten und Molkereien. Darin enthalten sind Vorgaben, die den Landwirten nach Meinung des Bauernverbandes neue finanzielle Anstrengungen abverlangen – etwa das Einstreuen von Stroh in den Ställen. Zwar teilte das Unternehmen Anfang Juli mit, für den Mehraufwand durch den Einsatz gentechnikfreier und bevorzugt heimischer Futtermittel einen gemeinsam vereinbarten Zuschlag zu bezahlen, doch davon komme bei den Landwirten nichts an, kritisiert Welzmiller.
Im Landkreis Landsberg sind rund 90 Prozent der Milchbauern betroffen. Sie verkaufen ihre Milch unter anderem an die Molkereien Karwendel in Buchloe sowie Hochland in Schongau und fühlen sich in ihrer Betriebsehre verletzt. Forderungen, dass sie ihren Tieren kein verschimmeltes Fressen vorsetzen sollten, den Stall nicht überbelegen dürften und sie sich generell mit der Fütterung auskennen sollten, erach- ten sie als selbstverständlich. Mit einem Fragebogen will der Bayerische Bauernverband den Discounter nun mit seinen eigenen Waffen schlagen.
Verbandspräsident Walter Heidl hat die zusätzlichen Anforderungen, Dokumentationen und Kontrollen bereits im Frühjahr kritisiert und Lidl zu Gesprächen aufgefordert. Ein Termin ist noch nicht vereinbart, sagt Pressesprecher Markus Peters vom Bauernverband, der jetzt in die Offensive geht. Um dem Discounter vor Augen zu führen, wie „irrwitzig“die Anforderungen seien, werden wie gestern in Landsberg an die Lidl-Filialen in ganz Bayern Fragebögen verteilt. Die Fragen seien bewusst überspitzt formuliert, sagt Pressesprecher Peters. Eine lautet: „Existiert in Ihrer Verkaufsstelle eine Quengelzone, also ein Süßigkeitenregal an der Kasse, das das Kaufverhalten von Kindern manipuliert?“Eine andere: „Haben Ihre Mitarbeiter während der Arbeitszeit freien Zugang zu Tageslicht?“Es werden aber auch Fragen zum Thema Ökologie gestellt, zum Beispiel: „Wird das Gebäude durch Wärme aus erneuerbaren Energien beheizt?“Der Bauernverband behält sich vor, die Ergebnisse der Befragung öffentlich zu machen.
Lidl gibt als langfristiges Ziel die komplette Umstellung der Molkereiprodukte auf „Ohne Gentechnik“an. Dabei setze man auf Freiwilligkeit und partnerschaftliche Zusammenarbeit, teilt Mario Köhler von der Pressestelle Lidl Deutschland mit. In Kombination mit der Einkaufspolitik sowie dem Anforderungskatalog setze das Unternehmen höhere Standards, als sie generell branchenüblich seien.