Ausschluss oder Mini-Team?
Vor vier Jahren war Russland die Nummer vier in der olympischen Rangliste. 82 Medaillen gewann die Mannschaft aus Moskau – nur die USA, China und Gastgeber Großbritannien waren in London erfolgreicher. Als Winter-Gastgeber 2014 in Sotschi dominierten Putins Power-Athleten sogar die Nationenwertung. Die Brust war breit – nicht nur aus Stolz, wie wir inzwischen wissen.
Es wurde kräftig mit unlauteren Mitteln nachgeholfen. In ihren Hinterzimmer-Scharaden gegen wirksame Dopingkontrollen waren die Russen unter staatlicher Anleitung meisterhaft, bis Eingeweihte plauderten. Die Beweise sind derart erdrückend, dass die klagenden Leichtathleten auch nach den Verfahren in zwei Instanzen (Weltverband und CAS) im Abseits stehen.
Wer sich noch dazugesellen muss, darüber entscheidet das Internationale Olympische Komitee (IOC) in den nächsten Tagen. Es gibt genügend Auswahl an Sportarten, in denen sich russische Athleten von jeglicher Form von Fair Play verabschiedet haben.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint nur noch eine Frage offen: Entschließt sich das IOC angesichts des systematischen Betrugs zu einem Komplettausschluss Russlands für die Spiele in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) oder lässt es ein dezimiertes Team mit Athleten aus einigen wenigen Disziplinen zu. So oder so, es muss ein starkes Signal sein.
Nur wenn die Schockwirkung groß genug ist, lassen sich Fortschritte im Anti-Doping-Kampf erzielen. Bislang ist das in einigen Ländern ein überwiegend trauriges Schauspiel aus gebremsten Kontrolleuren, gezieltem Verschleiern bis hin zum politisch verordneten Betrug. Hauptsache, der Medaillenspiegel weist am Ende die richtigen Zahlen aus. In Russland wird die Liste diesmal kein Interesse finden.