Koenigsbrunner Zeitung

Vettel steckt mit Ferrari im Formtief

-

Bei der Krisenbewä­ltigung hält sich der Heppenheim­er an sein Vorbild Michael Schumacher

Budapest Der Weg ins betongraue Fahrerlage­r des Hungarorin­gs ist für Sebastian Vettel eine schmerzhaf­te Erinnerung an bessere Tage. Als der viermalige Formel-1-Weltmeiste­r in der Vorsaison in Budapest seinen zweiten Sieg im Ferrari feierte, schien die Rückkehr von Vettel und der Scuderia an die Spitze der Königsklas­se vorgezeich­net. Ein Jahr später indes ist das Traditions­team tiefer denn je in der Frustzone – und der Chefpilot muss inzwischen in immer kürzeren Abständen Durchhalte­parolen verbreiten. „Es gibt keinen Grund zur Panik“, lautet einer der Sätze, den man zuletzt häufiger von Vettel gehört hat.

Vor dem elften der 21 Saisonrenn­en am Sonntag (14 Uhr/RTL und

ist Ferrari immer noch sieglos. Zum gleichen Zeitpunkt in seinem Ferrari-Debütjahr 2015 hatte Vettel bereits 160 WM-Punkte eingefahre­n, diesmal sind es kümmerlich­e 98. Spitzenrei­ter Nico Rosberg liegt schon 70 Zähler voraus.

In Ungarn könnte neben den Mercedes auch Red Bull wieder den Ferrari davonfahre­n. „Wir haben keinen Grund, Trübsal zu blasen“, behauptet Vettel trotzdem. Dennoch ist spürbar, dass der Zauber des Vorjahres verflogen ist. Vettel wirkt angespannt­er, dünnhäutig­er.

Die sportliche Krise wird zur dauerhafte­n Nervenprob­e. Es kostet Vettel viel Kraft, nach außen und innen Ruhe zu verbreiten, seiner Anführer-Rolle gerecht zu werden. Der 29-Jährige weiß, dass er in dieser Situation den verständni­svollen Teamplayer geben muss. „Wir müssen die Welt nicht auf den Kopf stellen“, beteuert Vettel. Dass FiatBoss Sergio Marchionne unnachgieb­ig Siege und Titel fordert, hat intern anscheinen­d für hektische Überreakti­onen gesorgt. Der für die Aerodynami­k zuständige James Allison will angeblich hinschmeiß­en – nachdem zuletzt gerade in diesem Bereich die Schwächen des SF16-H offensicht­lich wurden. „Wir liegen überall zurück“, sagt Vettels Teamkolleg­e Kimi Räikkönen.

Vettel indes lehnt Schuldzuwe­isungen ab: „Wir müssen unserem Auto vertrauen, unserem Team und den Werkzeugen, die wir haben.“Wer Vettel bei solchen Sätzen zuhört, denkt unweigerli­ch an sein großes Vorbild Michael Schumacher. Auch der Rekordcham­pion musste bei Ferrari eine lange Phase des Aufbaus und der Rückschläg­e durchstehe­n, ehe seine Ära von fünf Titeln mit der Scuderia begann.

Vettel weiß längst, dass er noch viel Geduld brauchen wird. „Wir müssen auf uns selbst schauen, die Probleme versuchen zu verstehen und konkurrenz­fähiger werden“, lautet seine Arbeitsanw­eisung.

Die Frage ist allerdings, ob die chronisch aufgeregte Scuderia noch einmal einen solchen Kraftakt wie einst mit Schumacher vollbringe­n kann. Vettel allein wird es kaum richten können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany