Ein Pferd macht Furore
Kunstmarkt Im 250. Sterbejahr von J. E. Ridinger ist ein Abdruck mit Druckplatte zu bestaunen
Ein solches Pferd konnte die letzte in Augsburg gezeigte Ridinger-Ausstellung (2012 im Grafischen Kabinett) nicht aufbieten, wohl auch nicht die vorletzte (1967 zur Wiedereröffnung des kriegszerstörten Holbein-Hauses) und nicht einmal die Zentralschauen zum 300. Ridinger-Geburtstag im früheren Schlesien und in Darmstadt. Der 1698 in Ulm als Sohn eines Schreibers geborene, 1713/14 nach Augsburg gezogene und hier vor bald 250 Jahren am 10. April 1767 gestorbene Johann Elias Ridinger war in seinen Tierdarstellungen eine einzigartige Erscheinung unter den Künstlern und Kunstverlegern seiner Zeit. An grafischen Blättern sind etwa 1600 von bzw. nach ihm bekannt; seine Söhne Martin Elias und Johann Jakob führten sein Schaffen fort.
Das Pferd, um das es hier geht, wurde nahe Delft gezogen und 1743 von der schlesischen ReichsgrafenHerrschaft von Promnitz „sehr Theuer erkaufft“. So heißt es in der Bildlegende des bereits 1745 gefertigten Ridinger-Kupferstichs. Der junge, langschweifige Hengst besaß sein Renommee, weil sein schwarzweiß geflecktes Fell seitlich das Bild eines Ährenstraußes aufwies. „Tyger-Pferd“wurde er genannt, obwohl seine Musterung eher der eines Leoparden glich; aber die zoologischen Kenntnisse waren damals offenbar nicht ausreichend. Christian Ludwig von Löwenstern (1701– 1754) hat das Promnitz’sche Tigerpferd „nach dem Leben“gemalt und damit J. E. Ridinger die Vorlage für seine Radierung mit Kupferstich geliefert. Die Kupferdruckplatte ist als „weltweit unikates Sammlungsstück par excellence“wieder aufgetaucht, was bei der Seltenheit originaler Druckplatten aus dem 18. Jahrhundert einer kleinen Sensation gleichkommt. Weniger verwunderlich, dass mit ihr das seit 1959 bestehende und auf Ridinger spezialisierte Kunstantiquariat Lüder H. Niemeyer aufwarten kann – im fernen postalischen Standort 27639 Wurster Nordseeküste. Und zwar offeriert Niemeyer beides: einen vorzüglichen Abdruck dieses „hippologischen Wunders“zum Preis von 2300 Euro und die originale Druckplatte, für die allerdings 53 000 Euro aufzubringen sind.
Das wunderliche „Tyger-Pferd“mit (laut Ridinger) „Aehren Poquet von farbe Schwartz gleich den anderen Flecken“war längst dahin, desgleichen die Promnitz’sche Herrschaft, als das „Guts- und Jagdhaus Promnitz“weltbewegende Geschichte schrieb – als zeitweiliges kaiserliches Hauptquartier im Ersten Weltkrieg.