4000 Jahre alte Schätze neu vorgestellt
Archäologen erklären bei einem Vortrag ihre Funde im Königsbrunner Baugebiet am evangelischen Friedhof
Königsbrunn „Was Grabräuber in der Bronzezeit übrig ließen“– in einem Vortrag mit vielen Bildern zeigten Rainer Linke und Siglinde Matysik ihre archäologische Arbeit im Baugebiet 110, nahe dem evangelischen Friedhof in Königsbrunn. Linke ist der Grabungsleiter des Arbeitskreises für Vor- und Frühgeschichte Süd, Matysik seine Stellvertreterin.
„Heuer feiert Königsbrunn sein 50-jähriges Stadtjubiläum, das ist immerhin ein halbes Jahrhundert. Wenn man bedenkt, dass bereits vor über 4000 Jahren Menschen auf dem Lechfeld siedelten und dort auch ihre Verstorbenen bestatteten, ist diese Zahl vergleichsweise niedrig“, sagte Kulturbüroleiterin Ursula Off-Melcher. Rund 60 Zuhörer kamen zum Vortragsabend in den Infopavillon 955.
Die beiden engagierten HobbyArchäologen führten in 33 Jahren 55 Grabungen auf 18,4 Quadratkilometern allein in Königsbrunn durch. An diesem Abend entführten sie die Gäste viertausend Jahre zurück in die Vergangenheit. „Im Januar 2007 entdeckte Rainer Linke beim Spaziergang auf der ausgeschobenen Trasse im neu ausgewiesenen Baugebiet, Verfärbungen und Knochen, die auf Gräber hindeuteten“, erzählte Matysik, während Linke die passenden Bilder zeigte. Bereits Ende Januar wurde mit der Rettungsgrabung begonnen.
Mit einem immensen Arbeitseinsatz waren an 62 Tagen bei teilweise eisigen Temperaturen bis zu 22 Mitarbeiter des Arbeitskreises ehrenamtlich im Einsatz, um die neu gefundene Nekropole auszugraben.
Doch der Aufwand lohnte sich. 43 Körpergräber aus der frühen Bronzezeit (2100 bis 1800 vor Christi) wurden freigelegt, dazu Pfostenlöcher und 60 leere Gruben.
„Schon damals glaubte man an ein Weiterleben nach dem Tod und stattete deshalb die Toten mit vielen Beigaben aus, was natürlich Begehrlichkeiten bei Grabräubern weckte“, sagte Matysik. „Daher wurden viele Gräber bereits zur damaligen Zeit geplündert, was man an der gestörten Lage der Skelett-Knochen unschwer erkennen kann“.
Glücklicherweise blieben trotz der Grabräuber einige der zahlreichen Bronzegegenstände erhalten. Dadurch weiß man heute, dass die Menschen begütert waren.
Es wird angenommen, dass in den Lechauen Viehwirtschaft betrieben wurde und die Menschen mit Fleisch oder Tieren getauscht haben.
Bei den Frauengräbern, hier waren oft auch die verstorbenen Kinder mit bestattet, entdeckte man im Oberkörperbereich Knochenringe. Junge Mädchen bekamen Knochennadeln beigelegt, jugendlichen Frauen einen Bronze-Pfriem. Der war zum Vorstechen von Leder oder zum Tätowieren geeignet. „Wertvolle Dolche in Männergräbern sind vergleichsweise selten zu finden“, bedauerte Matysik. Dafür wurde einmal sogar ein Rind mitbestattet.
Die Skelette wurden im Rahmen einer Doktorarbeit an der Anthropologischen Staatssammlung in München untersucht. „Dadurch wissen wir, dass es schon vor 4000 Jahren Zahnschäden, Mangelernährung und Darmparasiten gab“. Besondere Hochachtung vor dieser Arbeit zeigt auch die Stadt und verlieh an den Arbeitskreis bereits den Kulturpreis für das Jahr 2009, sowie die Bürgermedaille an Siglinde Matysik und Rainer Linke im Jahr 2015.
Nach dem Vortrag überreichte Bürgermeister Franz Feigl zwei Königsbrunner Schirme und für Hansi Metzner, Gattin des verstorbenen Altbürgermeisters und großen Förderers des Arbeitskreises, gab es zum Dank noch einen großen Blumenstrauß.