Wie selbstfahrende Autos die Stadt verändern
Für den Einsatz in den Zentren dauert es noch, bis die Technologie soweit ist. Doch es wird schon geforscht, auch in Augsburg. Für die Stadtplanung könnten sich neue Möglichkeiten ergeben, aber es gibt auch Risiken
Knapp 130000 Pkw sind in Augsburg zugelassen, 75 Prozent der Haushalte in Augsburg verfügen über mindestens ein Auto: Das Auto ist nach wie vor das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel in Augsburg, auch wenn die Bedeutung im Trend langsam abnimmt.
In den kommenden Jahren könnte sich aber eine Revolution anbahnen. Die Autohersteller arbeiten an selbstfahrenden Autos, die keinen Fahrer mehr brauchen, und sind dabei schon weiter, als man gemeinhin glaubt. Die Folgen für Mobilität, aber auch für Stadt- und Verkehrsplanung sind möglicherweise enorm. „Wir haben ein Auge auf die Entwicklungen, aber die Bandbreite an möglichen Szenarien ist zu groß, um jetzt schon Schlussfolgerungen für unsere Verkehrsplanung abzuleiten“, sagt Gunther Höhnberg, im Tiefbauamt Abteilungsleiter für die Verkehrsplanung. Die Zahl der Autos könnte abnehmen, weniger Parkplätze wären nötig. Doch auch das Gegenteil ist denkbar.
Die Idee hinter dem autonomen Fahren ist, dass Autos künftig keinen Fahrer mehr brauchen, um ans Ziel zu gelangen. Auf Autobahnen klappt es in Tests von Autoherstellern schon ganz gut, dass Autos mit Unterstützung von Kameras, Sensoren und einer elektronischen Karte vom Computer gesteuert werden.
Innenstädte mit ihren Radlern, Fußgängern und der allgemein höheren Verkehrsdichte sind ein schwierigeres Terrain. BMW hat seit diesem Jahr 40 teilautomatisierte Autos auf die Münchner Straßen geschickt, die dort selbstständig fahren, dabei aber von werkseigenen Fahrern überwacht werden, die im Notfall eingreifen können.
„In Zukunft wird es mehr nutzbare Zeit geben, wenn man etwa während der Autofahrt Dinge erledigen kann wie seine Mails zu lesen“, sagt Prof. Carsten Markgraf von der Fakultät für Elektrotechnik an der Hochschule Augsburg. Auch dort befasst man sich mit dem Thema. Markgraf rechnet mit weniger Unfällen. Autonom fahrende Autos könnten zudem städteplanerisch neue Möglichkeiten eröffnen. Die Kapazitäten von Staustrecken könnten sich erhöhen, wenn Autopulks ihre Geschwindigkeit automatisch so anpassen, dass keine Staus entstehen, so Markgraf. Bis es soweit sein wird, werden aber Jahre vergehen. Man rechne damit, 2020/21 den nächsten Automatisierungsgrad zu erreichen, der einen Fahrer nur noch in Ausnahmefällen nötig macht, sagt Maik Böres, Teamleiter „Future Mobility“bei BMW. Autonomes Fahren könne Nutzern die Zeit zurückgeben, die sie sonst im Stau stehen, weil sie in der Zwischenzeit andere Dinge erledigen könnten. In der Serienanwendung kann der aktuelle 7er-BMW immerhin schon selbst einparken, ohne dass ein Fahrer drinsitzt. Der CSUBundestagsabgeordnete Volker Ullrich (CSU) veranstaltete vor kurzem eine Diskussion zum Thema. „Vielleicht wird der Sprung zum autonomen Fahren ähnlich groß sein wie der von der Pferdekutsche zum Automobil.“
Verkehrsplaner Höhnberg sagt: „Auch auf Ebene des Städtetags wird das Thema momentan diskutiert. Es ist nicht ohne Risiken.“Denn dem Szenario, dass Staus durch autonomes Fahren vermieden werden, steht das Alternativszenario gegenüber, dass der Autoverkehr durch diese neue Technologie zunehmen wird – mit mehr Stau als zuvor. Auch lange Strecken zu pendeln, könnte durch die neue Technologie seinen Schrecken verlieren und so für mehr Verkehr sorgen.
Viel, vermutet Höhnberg, werde auch davon abhängen, welches Eigentumsmodell beim Auto der Standard wird. Noch sind privat genutzte Autos meist im Eigentum der Fahrer. Möglicherweise wird Carsharing häufiger. Momentan haben Automobilhersteller bei ihren sogenannten „Free-Floating“-Systemen in Großstädten die Autos ihrer Flotte ohne festen Stellplatz einfach am Straßenrand stehen, wo sie von den Nutzern via Smartphone gefunden werden. Sie stehen da, wo der Vornutzer sie abgestellt hat.
Als Weiterentwicklung mit autonom fahrenden Autos müssten Nutzer nicht mehr das nächste Auto suchen, sondern das selbstfahrende Auto käme auf Anforderung zum nächsten Nutzer. Die Folge: Weniger Parkplätze wären nötig, weil es weniger Autos gibt. Momentan stehen Autos den Großteil des Tages, statt zu fahren – künftig könnte sich das ins Gegenteil verkehren. Doch gleichzeitig nimmt möglicherweise der Verkehr zu, etwa wenn eine Familie ein autonom fahrendes Auto benutzt. „Überspitzt gesagt, fährt das Auto den Vater morgens in die Arbeit, kehrt dann nach Hause zurück, bringt die Kinder in die Schule, fährt wieder zurück und bringt die Mutter dann zum Einkaufen“, so Höhnberg.
Ohnehin stellen sich auch noch eine Reihe rechtlicher und ethischer Fragen. Inzwischen gibt es ein Gesetz zum automatisierten Fahren, das die Verantwortung beim Fahrer belässt. „Es wird sich aber irgendwann die Frage stellen, wer eigentlich der Fahrzeugführer ist und wer bei einem Unfall haftet: der Fahrzeughersteller, der Softwarezulieferer oder der Fahrer“, so Dr. Stefan Lorenzmeier von der Jura-Fakultät der Universität Augsburg. Im aktuellen Gesetz ist auch nicht genau geklärt, wie schnell ein Fahrer die Kontrolle über das Auto übernehmen muss, wenn er dazu aufgefordert wird.