„Endlich legal in Deutschland“
Ahmad Shakib Pouya hat 55 angsteinflößende Tage in Afghanistan hinter sich. Nun kann er sich erst einmal aufs Theaterspielen konzentrieren. Wie er sein neues Leben plant und welche Rolle Augsburg dabei spielt
Pressekonferenz, Interviews mit Zeitungen und Radiostationen, am Abend die ersten Theaterproben für die Schauburg – Ahmad Shakib Pouyas Tag war am Donnerstag ziemlich ausgefüllt. Doch der 33-Jährige wurde nicht müde, über seine Rückkehr und sein neues Leben in Deutschland zu sprechen. „Endlich bin ich legal in Deutschland. Ich habe ein Arbeitsverhältnis, ich bekomme Gehalt und zahle Steuern“, zählt er auf und ist kaum zu bremsen. Als Flüchtling sei er am 20. Januar nach Afghanistan zurückgekehrt. 55 Tage später konnte er wieder in Deutschland einreisen – diesmal offiziell mit einem Visum.
„Es gibt 1000 Unterschiede, ob man hier als Flüchtling oder als Künstler lebt“, sagt er. Während seine Gedanken noch vor wenigen Wochen und Monaten ausschließlich um die drohende Abschiebung kreisten, fühle er sich heute das erste Mal seit Langem frei. „Frei“, wiederholt Pouya mehrmals und betont, welch großer Stein ihm vom Herzen gefallen sei, als er das Visum für Deutschland ausgestellt bekam.
Es gilt bis zum 2. August 2017. Sein Arbeitsvertrag mit der Schauburg geht bis Ende Juli. Das mit den Münchner Kammerspielen und der Otto-Falckenberg-Schule assoziierte Kinder- und Jugendtheater der Stadt München hatte Pouya die Hauptrolle des Ali in einer Neuproduktion von Rainer Werner Fassbinders „Angst essen Seele auf“angeboten. In den kommenden vier Wochen wird geprobt – Premiere ist am 22. April.
„Wir sind spät dran, weil sich meine Ausreise verzögert hatte. Bis auf die Sonntage werden wir in den kommenden Wochen jeden Tag proben. Ich habe am meisten Text“, sagt Pouya. Doch das bereite ihm jetzt kein Kopfzerbrechen mehr. Er habe nun den Kopf frei, um seine Texte zu lernen und Gefühl in sein Schauspiel zu stecken. Er sprüht auch schon vor weiterer Ideen: Pouya will ein neues Album aufnehmen, nach seinem Engagement mit der Schauburg will er mit dem Gärtnerplatztheater in München zusammenarbeiten und für das Jahr 2018 liegen ihm schon zwei Angebote von anderen Theatern in Deutschland vor.
Und er will, so bald es geht, nach Augsburg kommen, in seine „zweite Heimat“, wie er sagt. Hier will er seine Freunde besuchen, denen er viel zu verdanken habe. Und er will auch wieder Theater spielen. Am 8. Mai wird er beispielsweise mit dem Jungen Theater Augsburg das mobile Stück „Rotkäppchen auf der Flucht“bei den Bayerischen Theatertagen in Hof präsentieren.
Pouya will auch seine Freunde unterstützen, die sich beim Augsburger Flüchtlingsrat engagieren und gegen die Abschiebungen nach Afghanistan auf die Straßen gehen. „Ich werde jetzt bestimmt auch einmal am Samstag bei einer Demo dabei sein. Denn ich weiß, wie schrecklich und unsicher es in Afghanistan ist.“In den 55 Tagen dort habe er in Angst gelebt, er habe regelmäßig seine Unterkunft wechseln müssen und konnte nicht auf die Straße gehen. „Der einzige schöne Moment war, dass ich nach acht Jahren meine Mutter wiedersehen konnte.“
Jetzt, da er legal in Deutschland ist, geht ihm vieles durch den Kopf. Mit seiner Frau, die in Frankfurt lebt, mit der er nach deutschem Recht allerdings nicht verheiratet ist, will er eine Familie gründen. Er will an seiner Karriere als Künstler weiter arbeiten, seinem Traumjob. Und er will seine Freundschaften pflegen. „Endlich kann ich mich wie ein normaler Mensch mit anderen unterhalten. Es geht darum, wie es am Theater läuft und wie es mir geht, und nicht, wann ich abgeschoben werde.“Er müsse sich nun nicht mehr wie ein Spielzeug fühlen, das hin und her geschoben werde. Er sei einfach glücklich und dankbar, dass sich alles so gefügt habe. „Ab jetzt denke ich nicht mehr an die Vergangenheit, sondern nur noch an die Zukunft.“Zunächst dauert sie bis 2. August.